Bislang habe ich von Elias Haller nur „Tod und kein Erbarmen“ gelesen, welches der siebte Band um den Kriminalhauptkommissar Erik Donner ist. Mir ist besonders der ausgeklügelte Thriller in Erinnerung geblieben, weshalb mich der Start in eine neue Thriller-Trilogie-Serie sofort neugierig gemacht hat.

In meiner Rezension „Rotkäppchen lügt“ von Elias Haller beschreibe ich, ob es wirklich einen Bezug zum bekannten Märchen gab und ob ich die Serie weiterverfolgen werde.


 

Rotkäppchen lügt von Elias Haller
© Umschlaggestaltung: Liron Gilenberg

Infos zum Buch
erschienen bei Edition M
Veröffentlicht 10. Oktober 2023
ca. 396 Seiten
Band 1 der Grimm-Trilogie
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Alle Märchen enden gut … Mit dieser Lüge beginnt die neue schockierende Thriller-Trilogie von Bestsellerautor Elias Haller

Heimtückisch, brutal und todbringend: Nora Rothmann scheint das Böse geweckt zu haben. Zuständig für Korruptionsfälle in den eigenen Reihen, ist die Sonderermittlerin beim LKA Berlin seit jeher so verhasst wie unbestechlich. Als sich ihre Nachforschungen gegen den pensionierten LKA-Präsidenten richten, löst dies eine nie da gewesene Gewaltspirale aus. Wie ein blutdürstiger Wolf zieht ein Killer durch die Hauptstadt. Er fügt seinen Opfern größtmögliche Schmerzen zu. Dabei inszeniert er seine eigene abartige Märchenversion von Rotkäppchen. Denn Rotkäppchen hat gelogen …

© Klappentext:

Das in rotgehaltene Cover mit dem zähnefletschenden Wolf darauf harmoniert zum Titel und ist auf jeden Fall ein Blickfang. Auch der Inhalt ist auf das Cover abgestimmt. Rotkäppchen und der böse Wolf spielen eine zentrale Rolle in diesem Thriller.
Der Einstieg in „Rotkäppchen lügt“ ist herausfordernd. Es passiert wahnsinnig viel gleichzeitig, wodurch jede Menge Charaktere vorgestellt werden. Diese richtig zu zuordnen ist nicht ganz einfach. Ein Personenregister zu Beginn als grobe Orientierung hätte ich hilfreich gefunden. Dafür herrscht von Anfang an eine lauernde Spannung, was die Neugierde entfacht.

Der Schreibstil ist flüssig lesbar, mitunter derb in der Wortwahl, was jedoch gut zu den einzelnen Charakteren passt. Gleichzeitig schafft es Elias Haller durch seine detaillierten Beschreibungen in einigen Szenen äußerst brutale Bilder im Kopf zu erzeugen.
Der Bezug zu Rotkäppchen und sein Verhängnis mit dem Wolf wird effektvoll aufgebaut. Lange ist das Ziel, auf das es hinausläuft und welche die ganzen Komponenten zu einem stimmigen Gesamtbild zusammensetzen, nicht klar. Es lädt zum Spekulieren und Mitraten ein.

Durch die Vielzahl an Charakteren fällt es mir schwer, eine engere Bindung zu ihnen aufzubauen. Zum einen liegt es daran, dass einige eher flüchtig eine Rolle spielen, andere wiederum keine Sympathieträger sind. Gerade die Ermittler mag ich fast gar nicht.
Hauptfigur Nora Rothmann ist Sonderermittlerin beim LKA Berlin und scheint den Menschen, die in Kontakt zu ihr stehen, den Tod zu bringen. Ihre Art ist gewöhnungsbedürftig. Für mich ist sie eher eine Antiheldin. Dennoch kann ich mich für sie erwärmen, denn ihr Prinzipientreue ist schon bewundernswert. Sie ist auch sehr resolut in ihren Entscheidungen und bleibt sich damit stets selber treu, egal wie schlimm die Umstände aktuell sind. Das ringt mir Anerkennung ab. Noras mangelnde Empathiefähigkeit lässt sie kalt wirken, wodurch sie immer eine Spur zu unfreundlich ist.
„Rotkäppchen lügt“ zeichnet sich durch viele kleine Showdowns und überraschende Wendungen aus. Manche Szenen sind sehr brutal und der Stoff, aus denen Albträume gemacht sind. Dabei hält sich der personale Erzähler nicht mit besonders vielen auserzählten Detailgenauigkeiten auf, sondern er spielt extrem mit der Fantasie seiner Leser. Das potenziert das Grauen. An dieser Stelle sei auch eine Warnung ausgesprochen: In „Rotkäppchen lügt“ kommen Kinder zu schaden und das muss der Lesende definitiv aushalten können.

Das Handlungsgerüst ist wahnsinnig vielschichtig aufgebaut. Es gibt sehr viele Handlungsstränge, was etliche Fragen aufwirft. Auch die Zusammenhänge erschließen sich mir nicht, sodass ich auf das Finale gespannt bin. Das kommt erst ziemlich spät und ernüchtert mich. Plötzlich kristallisiert sich ein Täter heraus, der nicht wirklich erklärt wird. Seine Motivation hinter der unglaublich hohen Brutalität beim Morden und der daraus resultierenden Gefühllosigkeit wird nicht ausreichend schlüssig dargestellt. Für mich passen die losen Fäden einfach nicht zusammen, sie werden auch nicht sauber auserzählt. Möglicherweise passiert das in den nächsten zwei Bänden. Doch dafür ist der Inhalt viel zu umfassend, damit ich mir das alles bis zur letzten Veröffentlichung auch merken könnte.
Auch das Verhalten mancher Charaktere erscheint mir nicht logisch, sodass auch hier Fragezeichen stehen bleiben

Rotkäppchen lügt von Elias Haller
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein wahrer Fundus an Grausamkeiten gegenüber den Opfern und eine wilde Jagd nach dem ominösen Wolf. Komplexe Handlungsstrukturen sorgen für Spannung, aber auch für ein Überangebot an Informationen.

Lesen:

Wenn ihr blutrünstige und brutale Thriller mögt, dann empfehle ich euch zu warten, bis alle Bände der Grimm-Trilogie veröffentlicht sind. In diesem Band gibt es viele Handlungsfäden, die leider kaum aufgelöst werden.

Weglegen:

Hier kommen Kinder zu schaden und es fließt reichlich Blut. Wenn ihr das nicht lesen mögt, empfiehlt sich der Griff zu einem anderen Buch.

Mal ehrlich:

Märchen liebte ich schon als Kind. Und die ursprünglichen Märchen sind voller Brutalität und Gewalt. „Rotkäppchen lügt“ steht dem in nichts nach. Auch hier wird fleißig gemetzelt, was das Zeug hält. Die Szenenbilder sind grauenvoll und da braucht es schon einen starken Magen. Mittendrin eine Antagonistin, die versucht, hinter das Geheimnis des Mörders zu kommen. Ebenso wie die Mordermittler des LKA im Dezernat 11. Richtig sympathisch ist mir niemand.
Die Charakter- und Informationsflut ist enorm, hier den Überblick zu behalten ist nicht einfach. Ich komme überhaupt nicht an den Punkt, an dem ich das Gefühl hätte, auch nur irgendwas richtig schlussfolgern zu können. Die Wendungen sind überraschend und werfen noch mehr Fragen auf. Alles wirkt überdosiert und mir fehlt Struktur. Manche Handlungsweisen einzelner Charaktere finde ich nicht schlüssig. Auch die endgültige Verknüpfung zum Märchen, außer das es extrem brutal ist, erschließt sich mir nicht recht. Daran ändert auch das Ende nichts. Für mich wird da ein Mörder präsentiert, dessen Motiv so kaltblütig und brutal zu morden, sich mir einfach nicht offenbaren möchte. Wahnsinnig viele Antworten erhalte ich keine.
Womöglich klärt sich einiges noch in den kommenden zwei Bänden auf, doch ob ich mir das bis dahin alles merken kann, ist ungewiss.

Fazit:

„Rotkäppchen lügt“ ist ein Thriller, der ein sehr hohes Maß an Brutalität und Kaltherzigkeit hat. Die Story ist wahnsinnig komplex, wird aber leider auf den Fall bezogen nicht schlüssig aufgelöst. Für mich bleiben viele Fragen offen und es bleib zu hoffen, dass die weiteren zwei Bände Antworten liefern.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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