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Grenzen – ein Thema, das in den letzten Jahren sehr stark ins öffentliche Bewusstsein gesickert ist. Was ist eine Grenze und welche verschiedenen Grenzmodelle gibt es überhaupt? Diese Fragen habe ich mir meistens eher nur beiläufig mal gestellt, wenn ich im Radio zum Beispiel mal wieder, was vom Schengen-Raum gehört habe und eigentlich keine konkrete Vorstellung davon hatte, was dieser genau ist. Daher war mein Interesse für dieses Buch auch gleich geweckt.

In meiner Rezension „Atlas der Unordnung“ von Delphine Papin und Bruno Tertrais nehme ich euch mit in die Welt der Geopolitik und deren vielfältigen Grenzen.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von wbg Theiss erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Atlas der Unordnung von Delphine Papin und Bruno Tertrais
© Einbandgestaltung: Jens Vogelsang, Aachen

Infos zum Buch
erschienen bei wbg Theiss
Veröffentlicht 2. April 2022
Originaltitel L’Atlas des Frontières
Übersetzt von wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt)
ca. 176 Seiten
erhältlich als Gebundenes Buch
 

Klappentext

Grenzen im Mittelpunkt der Geopolitik

Grenzen sind wieder in aller Munde. Eurokrise, Terrorismus, Migration und Flüchtlingsströme, Grenzkonflikte mit Russland, Nahostkriege, Spannungen in Asien und Pandemien: Grenzen füllen die Schlagzeilen wie kaum je zuvor.

Doch was sind Grenzen? Wie sind sie beschaffen und welchen Zwecken dienen sie? In diesem Bildband demonstrieren Delphine Papin und Bruno Tertrais die Macht der Grenzen in ungewöhnlichen Karten.

    ■ Natürlich oder künstlich? Staatsgrenzen, Seegrenzen und Grenzwälle
    ■ Abschottung gegen Migration: von Trumps Mauer bis zur Außengrenze des Schengen-Raums
    ■ Kampf um die Weltordnung: Kriege und Grenzkonflikte
    ■ Grenzverlauf im Wandel der Zeit: historische und heutige Landesgrenzen
    ■ alle 195 Länder der Erde in einer unterhaltsamen und klugen grafischen Darstellung

Überraschende und kuriose Karten der Welt

Grenzen sind so abstrakt wie allgegenwärtig, surreal und ganz konkret: Während der selbsternannte Anführer des Kalifats al-Baghdadi die ‚kolonialen‘ Grenzen im Nahen Osten mit dem Bulldozer einreißen lassen wollte, plante Donald Trump die längste Grenzmauer der Neuzeit zwischen Mexiko und den USA. Und wo genau im Rhein verläuft die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland? Welche Bauwerke teilen das israelische Jerusalem vom palästinensischen Ostjerusalem?

Der »Atlas der Unordnung« gibt in über 60 Karten, Schaubildern und Info-Grafiken eine Einordnung, wie wir unsere Welt sortiert und unaufgeräumt gelassen haben, und überrascht auf jeder Seite. Kartografie einmal ganz anders – und aktueller denn je!

© Klappentext: wbg Theiss

Ob bewusst oder unbewusst, täglich begegnen uns Grenzen. Sie stehen seit vielen Jahren wieder vermehrt im Fokus der Geopolitik. Wir lesen und hören ständig von ihnen. Seien es Migrations- und Flüchtlingsströme, Nahostkriege, Pandemien oder Eurokrise, ständig füllen Grenzen die Schlagzeilen. Gerade durch den aktuellen Krieg war mein Wunsch relativ groß dieses Thema besser zu verstehen. Daher war ich ganz begeistert, dass „Atlas der Unordnung“ nun auch auf Deutsch erhältlich ist, während die französische Originalausgabe schon 2016 erschien und 2021 überarbeitet wurde.

„Atlas der Unordnung“ ist optisch schon ein tolles Buch. Das gebundene Werk ist hochwertig verarbeitet, ebenso die vielen Karten, die unterstützt durch Schaubilder und Info-Grafiken einen tieferen Blick in ein sehr vielschichtiges Thema gewähren. Das Cover mag ich sehr, denn es vermittelt dem Betrachtenden gleich zu Beginn einen kurzen Eindruck, wie skurril Grenzen sein können und wie komplex vor allen Dingen.

In das Sachbuch bin ich sehr leicht eingestiegen und fand gleich auf der ersten Seite sehr erschreckend, wie gut Lord Curzon of Kedestons Einschätzung zu Grenzen und deren Notwendigkeit schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren. Sie sind so präzise formuliert, dass sie noch immer aktuell sind. Auch die nachfolgende Zitatensammlung verschiedenster Personen des öffentlichen Lebens, hauptsächlich Politikern, zum Thema Grenzen lässt bei manchem tiefblicken.
Die Einleitung sorgte ebenfalls dafür, dass ich problemlos in den „Atlas der Unordnung“ hineinkam, denn zuerst wurde erklärt, was eine Grenze überhaupt ist und welche Gegebenheiten dazu führt, dass sie entstehen kann. Sehr gut fand ich zudem, dass sofort Begriffe wie Annexion und Expansion erklärt wurden, was im Zusammenhang mit Grenzen extrem wichtig zu wissen ist.
Ziemlich erschrocken hatte mich auch, dass nur rund 50 Staatsgrenzen durch friedliche Abspaltung entstanden. Die restlichen Grenzen wurden kriegerisch erwirkt.

Das Hauptthema von „Atlas der Unordnung“ sind geografische Land- und Seegrenzen zwischen den jeweiligen Staaten. Wie es sich für einen Atlas gehört werden hier selbstverständlich alle Regionen der Welt abgedeckt. Auch die Unterteilung des Buches in fünf Kernthemen war übersichtlich und gelungen.
In jedem Abschnitt gibt es erst mal einen einleitenden Sachtext zum jeweiligen Kernthema, anschließend folgt das Anschauungsmaterial in Form von Land- und / oder Meereskarten sowie Infografiken. Durch die Fallbeispiele wird verständlich visualisiert, worum es im Detail geht.
Außerdem wurden mir die verschiedensten Grenztypen erklärt und grafisch verständlich aufbereitet, so wie deren Vor- und Nachteile aufgeführt. So gab es schlüssige Erklärungen weshalb auch natürliche Grenzen (u. a. Flüsse, Meere, Berge, Wüste) ebenfalls Konfliktbeladen sind und bei näherer Betrachtung gar nicht so natürlich sind. Immerhin werden Grenzen ausschließlich von Menschen definiert.

„Atlas der Unordnung“ bietet wirklich ein breites Spektrum an Wissen und ich kam bei vielem kaum aus dem Staunen heraus. So war die Erkenntnis für mich sehr faszinierend, dass Grenzen, wie wir sie heute definieren, sich erst ab dem 17. Jahrhundert herausbildeten. Davor waren Grenzen oftmals keine konkreten Linien. Oder das Frankreichs Grenzen noch immer in Bewegung sind. So wächst Frankreichs Meereshoheitsgebiet noch immer beständig.

Sehr spannend war für mich ebenfalls das Thema Mauern und Migration. Welche Gründe gab es damals Mauern, Zäune, etc. zu errichten und welchem Zweck dienen sie heute. Ebenso wird auf das Thema Migration aus mehreren Gesichtspunkten eingegangen, was ich sehr interessant und informativ empfand.
Faszinierend war für mich auch die Datumsgrenze. Schon skurril, dass wir auf unserem Planeten mal einen ganzen Tag zurück oder vorweg leben können, je nachdem auf welchem Flecken wir uns befinden.
Besonders aufmerksam gelesen habe ich das letzte Kapitel – umstrittene Grenzen. Sie brachten mir nicht nur das aktuelle Zeitgeschehen und den Kampf um Staatenerweiterung näher, sondern auch, warum auch die Konflikte in und um Jerusalem so stark schwelen.

„Atlas der Unordnung“ ist sehr nützlich für das Verständnis der Geopolitik und präsentiert sich mit seinen vielen Karten und Infografiken für eine breite Leserschaft. Mit seinem Inhalt, der auf dem neuesten Stand ist, finden hier Jung und Alt alle möglichen Antworten auf interessante Fragen.

Atlas der Unordnung von Delphine Papin und Bruno Tertrais
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein Atlas der besonderen Art. Hier wird anhand von mehr als 60 Karten und Infografiken dem Lesenden die Komplexität von Grenzen im geopolitischen Kontext leicht verständlich erklärt.

Lesen:

Wer das aktuelle Zeitgeschehen und das Gezerre um Gebiete und die Verschiebungen von Grenzen besser verstehen möchte, findet hier ein sehr nützliches und anschauliches Nachschlagewerk.

Weglegen:

Ich finde es an der Stelle schwierig das Weglegen des Buches zu empfehlen. Selbst wenn euch das Thema gar nicht interessiert, dieses Buch weckt mit Sicherheit eure Neugierde und ihr werdet total erstaunt darüber sein, wie unglaublich Grenzen sein können – positiv wie negativ.

Mal ehrlich:

Täglich werden wir in den Nachrichten mit dem geopolitischen Thema Grenzen konfrontiert. Sei es der aktuelle Russland-Ukraine-Krieg, Konflikte im Nahen Osten, der Brexit oder gar die Grenzschließungen während der Covid-19-Pandemie. Dann geistern Begriffe wie Annexion oder Expansionen durch die Beiträge. Ich verstehe dann meistens nur die Hälfte von dem, was dort erzählt wird.
Erst beim Lesen dieses ungewöhnlichen und sehr anschaulich gestalteten „Atlas der Unordnung“ habe ich tatsächlich Zusammenhänge begriffen und erstaunt festgestellt, wie umfangreich das Thema ist.

Der Atlas ist übersichtlich gestaltet. In fünf Kernthemen untergliedert gehen die Autoren auf verschiedenste Grenzmodelle, anhand von Fallbeispielen mit reichlichem Schaumaterial unterfüttert, verständlich ein. Dabei beginnen sie mit den historischen Gründen für Grenzen und arbeiten sich bis in die Gegenwart vor. Dabei ist der Blick auf die ganze Welt gerichtet und ermöglichte es mir eine Übersicht über die verschiedensten Grenzarten. Von politisch bis kulturell, sichtbar bis unsichtbar. Unglaublich, auf welche Ideen der Mensch schon kam, um Grenzen zu ziehen. Manche dieser Grenzen muten schon sehr eigenwillig an. Neben sozialen und moralischen, religiösen und politischen, Luft-, Meeres- und sonstigen Grenzen war für mich auch das Thema Mauern und Migration hoch spannend.

Ich könnte noch so viel über den „Atlas der Unordnung“ erzählen, aber dieses Buch muss jeder selbst für sich erleben. Die Sorge vor überladenen und unverständlichen Sachtexten kann ich euch nehmen. Das Buch ist super für Erdkunde-Loser wie mich aufbereitet und sorgt mit den ganzen Infografiken für sofortiges Begreifen. Allerdings sind die Themenfelder so komplex, dass ich mir viel Zeit für das Buch genommen habe, denn dieses wahre Füllhorn an Informationen konnte ich nicht in einem Rutsch aufnehmen. Aber gerade das macht dieses Buch zu einem wundervollen Nachschlagewerk.

Fazit:

„Atlas der Unordnung“ ist ein besonderes Buch, welches mithilfe von Detailkarten anschaulich alle Regionen der Welt abdeckt und alle Grenzfragen behandelt, die es gibt.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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