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Wenn ich Bangkok höre, dann dudelt automatisch in meinem Kopf das Lied „One Night in Bangkok“ von Murray Head. Das war aber gar nicht der Grund, weshalb ich zu diesem Buch griff. Viel mehr lockte mich der Klappentext und die Aussage, dass diese Geschichte auf wahren Tatsachen beruht.

In meiner Rezension „Geständnis eines Hochbegabten“ von Thomas Einsingbach werde ich darauf eingehen, wie gut meiner Meinung nach Wahrheit und Fiktion miteinander verschmolzen sind.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar vom Mitteldeutschen Verlag erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Geständnis eines Hochbegabten von Thomas Einsingbach
© Umschlaggestaltung: Tithi Luadthong / Na_Studio

Infos zum Buch
erschienen bei Mitteldeutscher Verlag
Veröffentlicht 28. Februar 2022
ca. 332 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
 

Klappentext

Ein spannendes Verwirrspiel um Lüge und Wahrheit – Inspiriert von einem echten Kriminalfall! // Oktober 2001. Im thailändischen Küstenstädtchen Hua Hin wird ein prominentes Politikerehepaar ermordet. Schnell fällt der Verdacht auf Suzan, die Tochter der Opfer, und ihren Freund, den deutschen Diplomatensohn Sven Luring. Der Achtzehnjährige gesteht das Verbrechen, widerruft sein Geständnis bei Prozessbeginn und wird dennoch zum Tod verurteilt. Dann bietet er dem Journalisten Max Weiden die Rechte an seinen Tagebüchern an. Weidens Recherchen verstärken seine Zweifel an Lurings Schuld. Dabei verliert er die professionelle Distanz und fällt im Geflecht der Intrigen, mörderischen Obsessionen und enttäuschten Hoffnungen ins Nichts – Lurings Schicksal im Todestrakt des berüchtigten »Bangkok Hilton« scheint besiegelt … In seinem neuen Roman entführt der Autor der LaRouche-Asian-Crime-Romane in die Zeit, als Thailand sich zu einem der beliebtesten Urlaubsziele entwickelt, die Regierung den Drogen den Krieg erklärt, Todesurteile am Fließband verhängt werden und schließlich das Militär die Macht an sich reißt.

© Klappentext: Mitteldeutscher Verlag

Bei der Entscheidung, „Geständnis eines Hochbegabten“ lesen zu wollen, war für mich der Klappentext am reizvollsten und das Wissen, dass sich der Autor beim Schreiben des Buches von einem echten Fall hat inspirieren lassen. Das Cover hingegen gefällt mir nur bedingt, denn die Anordnung des Titels ist schon extrem gewöhnungsbedürftig. Dabei finde ich die farbliche Komposition durchaus gelungen. Besonders neugierig hat mich die rote Schrift auf der Rückseite des Buches gemacht, was da wohl geschrieben steht?

Der Prolog sorgte sofort für einen packenden Einstieg. Ich begleitete einen Gefangenen zu seiner Hinrichtung und diese Szene führte mir eindrucksvoll den thailändischen Vollzug der Todesstrafe vor Augen. „Death by Gunfire“ gibt es mittlerweile nicht mehr, aber zudem Zeitpunkt, wo die Handlungen spielen, war dies die Art, wie die Todesstrafe vollstreckt wurde. Mir blieb die Luft weg, ich spürte Mitleid mit dem Mann, aber auch dessen Verzweiflung und Angst.
Mit diesem Gefühl und dem Entsetzen startete ich in den ersten Abschnitt. „Geständnis eines Hochbegabten“ wurde insgesamt in vier Teile unterteilt, wobei nur der Prolog und Teil 1 den Charakter eines True Crime Berichtes hatten. Das erzeugte wahnsinnig viel Spannung und ich erfuhr Details über die Ereignisse, die zur Entdeckung des grausig ermordeten Politikerehepaares und den dazugehörigen Ermittlungen führten.

Die verblieben drei Teile wurden in der Ich-Form geschrieben, sodass ich stets den freiberuflichen Journalisten Max Weiden begleitete. Der Fokus lag einzig auf dem sehr komplexen und ziemlich undurchsichtigen Fall. Das Geschehen zog sich über mehrere Jahre, sodass die Unterteilung in vier Abschnitte sehr nützlich gewesen ist.
Mir gefiel dabei sehr die recht klare Abgrenzung vom Prozessgeschehen, vom inneren Konflikt des erzählenden Protagonisten Max Weiden zwischen dem eigenen Anspruch nach professioneller Distanz und dem Wunsch dem Landsmann näherzukommen, ihm vielleicht aus seiner Ausweglosenlage helfen zu können.

Thomas Einsingbach gelingt es eindrucksvoll, lebendige Schauplätze mit handelnden Figuren so zu erschaffen, dass alles unglaublich realistisch wirkt und dadurch sehr bewegend wird. Die Details rund um das thailändische Rechtssystem, politischen Rankespielchen und Strukturen der dortigen Drogenmafia, über Verteilebenen und Bezeichnungen wurden verständlich aufbereitet und so in den Kontext eingebettet, dass ich sie nachvollziehen konnte.
Einzig im zweiten Teil, als ich Max als Prozessbeobachter begleitete, entstanden hier und da ein paar kleine Längen. Die jedoch sofort ab dem Moment passé waren, als Max zwar allmählich der Beziehungsaufbau zum Verurteilen Sven Luring gelingt, er aber noch mit einer intensiveren Recherche haderte.
Besonders intensiv wurde es, wenn ich die Tagebucheinträge von Sven Luring las. Sie wurden im Buch mit einem anderen Schriftbild verdeutlicht, sodass nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch ein plausibler Bruch entstand und ich dem Geschehen insgesamt flüssig folgen konnte. Die Haftbedingungen im thailändischen Gefängnis sind wirklich unfassbar schlecht und die Schilderungen davon gingen mir unter die Haut.

Die Geschichte vom „Geständnis eines Hochbegabten“ wird über mehrere Monate, gar Jahre erzählt, doch dank Datumsangaben und flüchtigen Hinweisen, was zwischenzeitlich geschah, fiel es mir nie schwer den Überblick zu behalten. Was mich besonders beeindruckt hatte, war, dass auch die Familie des mutmaßlichen Mörders nicht vergessen wurde. Ihr Schicksal hat mich sehr ge- und berührt und zeigte erschreckend neutral, welche Tragödien sich nach solch einer Hiobsbotschaft abspielen können.

„Geständnis eines Hochbegabten“ ließ sich ungemein flüssig lesen, was auch daran lag, dass es dem Autor glänzend gelang dem thailändischen Lokalkolorit mit reichlich zeitgeschichtlichen Ereignissen und real existierend Figuren zu verknüpfen und sie gekonnt mit unserer europäischen Lebensart- und Einstellung gegenüberzustellen. Gewürzt mit reichlichen und äußerst verschiedensten Emotionen entstand eine sehr bewegende Leseatmosphäre.

Bis zum Schluss hoffte und bangte ich mit, würde es gelingen, den zum Tod Verurteilen zu retten? Aber auch die wahren Hintergründe blieben bis zur Auflösung im Dunkeln. Es gab keine vollständige Erklärung über die Ereignisse, aber genug Indizien, um sich selber ein akzeptables Ende zu stricken.
Gerade dies gefiel mir ungemein gut, da das Buch „Geständnis eines Hochbegabten“ den Charakter eines originalen True Crime Geschehnisses beibehielt.

Geständnis eines Hochbegabten von Thomas Einsingbach
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine Geschichte, der ein Kern aus wahren Fakten zugrunde gelegt wurde, dessen Schauplatz aber ins ferne Thailand verlegt wurde, um einen intensiveren Kontrast zur europäischen Kultur zu fördern und mehr Spannung in die prekäre Lage zu bringen.

Lesen:

Für Fans von True Crime Büchern und Politthrillern sehr zu empfehlen.

Weglegen:

Wenn ihr keine Bücher mit einem wahren Kern lesen möchtet.

Mal ehrlich:

„Geständnis eines Hochbegabten“ ist ein spannender Justiz-Thriller, dessen Schauplatz Thailand Anfang der 2000er-Jahre ist. Ein junger Mann gesteht den brutalen Mord an einem Politikerehepaares mit erschütterndem Täterwissen. Doch mitten im medienträchtigen Prozess widerruft Sven Luring sein Geständnis, denn der Staatsanwalt fordert die Todesstrafe.
Was wie nach einem interessant ausgedachten Plot klingt, ist es nur teilweise. Denn tatsächlich verknüpft der Autor Details eines echten und noch immer ungeklärten Verbrechens mit Fiktion. Das gelingt ihm hervorragend und auch der Spagat zwischen thailändischen Lokalkolorit, dessen Mentalität und Justizsystem im Vergleich zu unseren westlichen Verhältnissen völlig anders ist. Die exotische Atmosphäre ist spürbar und zieht mich in einen Strudel aus Ereignissen, die mit realen Hintergründen und erdachten Elementen so gekonnt verwoben wird, dass alles authentisch und lebendig wirkte.
Zu Beginn schürt der Schreibstil nach Art von True Crime Berichten die Spannung, später übernimmt das der Protagonist Max Weiden, ein Journalist, der das Schicksal des Verurteilten Sven Luring im Verlauf mehrere Jahre begleitet und beobachtet. Durch die Ich-Perspektive rutsche ich dichter an die Ereignisse heran. Erlebe, wie sich Max in einem gar undurchsichtigen Geflecht aus Lügen, komplizierten Indizien und jeder Menge fadenscheiniger Wahrheiten sich hin durchzuschlängeln versucht. Dabei droht er seine ihm so wichtige Distanz zu verlieren und wird zu einem Spielball von Menschen, die unterschiedliche Interessen verfolgen.
Ich selbst war völlig in den Bann dieser Geschichte gezogen, sodass ein paar kleinere Längen mich nicht hindern konnten weiterzulesen. Auch dass die Story über einen Zeitraum von mehreren Jahren spielte, tat dem Spannungsbogen keinen Abbruch. Die Auflösung des Falles ist bei Weitem nicht so klar, wie ich es mir vielleicht erhofft hatte. Aber es passt hervorragend zum True Crime Charakter dieses Buches.

Fazit:

Eine spannende Mischung aus Realität und Fiktion, gebündelt zu einem Thriller, der unter die Haut geht, zum Rätseln einlädt und zum Nachdenken anregt. Der True Crime Charakter verleiht dem Buch extrem viel Lebendigkeit.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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