Um ehrlich zu sein, hatte mich besonders der Titel des Buches angesprochen. Ich fand ihn einerseits total amüsant, auf der anderen Seite weckte er meine Neugier. Deshalb konnte ich auch nicht widerstehen und bewarb mich bei einer Leserunde um ein Exemplar. Da ich gewonnen habe, gibt es jetzt meine Meinung zu diesem Buch.

In meiner Rezension „Rum oder Ehre“
von Carsten Sebastian Henn
geht es nicht nur um Jamaikas Nationalgetränk,
sondern auch darum, ob ich von diesem kulinarischen Krimi angetan war.


 

Rum oder Ehre von Carsten Sebastian Henn
© Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

Infos zum Buch
erschienen bei DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG
Veröffentlicht 16. Juli 2021
ca. 333 Seiten
Band 2 der Reihe Kulinarische Kriminalromane
erhältlich als Taschenbuch und eBook
 

Klappentext

Martin Störtebäcker, 72 Jahre alt und von seinen Freunden liebevoll »der Käpt’n« genannt, lebt friedlich in der deutschen Rum-Metropole Flensburg, wo sich sein Faible für den köstlichen Zuckerrohrbrand hervorragend pflegen lässt. Aber dann segnet sein bester Freund Lasse das Zeitliche – und gibt dem Käpt’n ausdem Grab einen letzten Auftrag mit: Er soll zur legendären Rum-Insel Jamaika reisen und sich endlich auf die Suche nach seinem dort verschollenen Bruder begeben. In der Karibik angekommen freundet sich der Käpt’n schnell mit einer abenteuerlustigen Taxifahrerin an, die ihn bei seiner Suche unterstützt. Doch schon bei der Besichtigung der ersten Rum-Distillery stellen sie fest: Etwas stimmt ganz und gar nicht in dem tropischen Paradies. Der Brennmeister der Distillery wird auf brutale Weise ermordet aufgefunden – und es wird nicht der letzte Mord gewesen sein. Ein rasantes Katz-und-Maus-Spiel beginnt …

Carsten Sebastian Henn erzählt augenzwinkernd und mitreißend von kaltblütigen Morden unter karibischer Sonne: ein spannender Kriminalroman, gespickt mit allerlei Wissenswertem zum Thema Rum.

Inklusive Glossar und Rum-Rezepten

© Klappentext: DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG

Die Umsetzung des Buchlayouts war richtig gut gelungen. Nicht nur das Cover und der Titel waren perfekt auf die Story abgestimmt worden, mir gefiel ebenso die unterschiedliche Oberflächenstruktur. So war das Buch haptisch schon ein Erlebnis. Auch das Innenlayout des Buchumschlages wusste mich zu überzeugen. Zu sehen waren zwei Karten, einmal die legendäre Ruminsel Jamaika im vorderen Buchdeckel und eine Karte mit den Rumländern dieser Welt auf der Rückseite des hinteren Buchdeckels.

Obwohl „Rum oder Ehre“ zur Reihe „kulinarische Kriminalromane“ gehört, ist dieses Buch als Einzelband zu sehen. Es waren also zum Verständnis keinerlei Vorkenntnisse nötig, denn hier drehte es sich um Rum, während es im ersten Band um Gin ging.
Das Kernthema war also klar ersichtlich und mit allerlei spannenden Wissen rund um Rum gespickt. Mir gefiel das richtig gut und es war angenehm, dass manches im Krimi integriert, anderes wiederum separat als eine Art Infobroschüre dargestellt wurde. Optisch war das gut zu unterscheiden, denn die Seiten der „Infobroschüre“ wurden auf grauem Papier gedruckt, sodass auch bei geschlossenem Buch die entsprechenden Seiten sichtbar waren.

„Rum oder Ehre“ hielt tolle Charaktertypen bereit. Meine Lieblingsfigur war allerdings schon ab der ersten Seite tot und trug den klangvollen Namen „Lasse Reinda“. Er war es auch, der die Infobroschüren verfasst hatte und den ich dank seines besten Freundes Martin trotz seines Todes kennenlernen durfte. Lasses verschrobener Humor und Direktheit war sicherlich nicht jedermanns Geschmack, ich fand ihn jedenfalls grandios. Und seine Aktion auf dem Friedhof brachte mir vor Lachen Tränen in den Augen ein, obwohl die Situation doch ziemlich skurril gewesen ist.

Auch Christian Martins Bruder lernte ich hauptsächlich durch seine Tagebucheinträge kennen. Er war charakterlich eher der Draufgänger und Abenteuertyp, trotzdem mochte ich ihn, obwohl ich zu ihm keine engere Bindung aufbauen konnte.

Hauptfigur Martin, den alle nur Käpt’n nannten, da er beruflich Piratenkindergeburtstage ausrichtet, hatte ich sofort ins Herz geschlossen. Eine echt norddeutsche „Frohnatur“. Bodenständig, gradlinig und mit seiner ruhigen Art hatte ich große Sympathien für ihn. Besonders mochte ich, dass wir es hier mit einem alten Mann von über siebzig Jahren zu tun hatten. Vor allem körperlich merkte ich ihm sein Alter oft an, was ihn authentisch und lebensnah machte.

Jo’anna mochte ich auf Anhieb. Die jamaikanische Ermittlerin mit ihrem großen Faible für Miss Marple schloss ich augenblicklich ins Herz. Sie war ein durch und durch liebenswerter Charakter, den niemand unterschätzen sollte.

Babe, die eigentlich Christiane heißt, war eine freche und spritzige Type, der ich anfänglich Misstrauen entgegenbrachte. Doch mit der Zeit mochte ich sie immer mehr und sie war es auch, die dem Ganzen erst so richtig Pep verlieh. Als quirliges Energiebündel hielt sie so manche Überraschungen parat.

Zu guter Letzt möchte ich noch Isaak erwähnen, welcher der kiffende Sohn von Jo’anna war. Er ist ein ausgesprochen interessanter Charakter gewesen, der aus falschen Leitmotiven doch das richtige tat. Diese Kernkombi aus Martin, Babe, Jo’nna und Isaak waren absolut erfrischend für einen Krimi, der sich selbst nicht zu ernst nahm.

Aber auch die Nebenfiguren konnten sich sehen lassen und auch sie waren alle unterschiedlich ausgearbeitet worden. Insgesamt waren alle Charaktere absolut realistisch dargestellt worden. Mit ihren Eigenheiten verliehen sie dem Ganzen Tiefe und ich konnte sie alle sehr gut aufeinander halten.

„Rum oder Ehre“ bediente sich einer wechselnden Erzählperspektive. Hauptsächlich durfte ich mithilfe des personalen Erzählers Martin und Jo’anna über die Schulter schauen. Die Tagebucheinträge waren aus Christians Perspektive in der Ich-Form geschrieben, während die Infobroschüren überwiegend der sachlichen Information dienten, an denen hier und da auch Lasses persönliche Meinung durchblitzte.
Übrigens sorgten die Songtitel unter den Kapitelzahlen ständig für Ohrwürmer bei mir. Die meisten kannte ich nämlich und ich summte sie am Anfang mit, was mich auf das neue Kapitel immer stets einschwor. Die Songtitel waren auch immer passend ausgewählt und rundeten so den Gesamteindruck ab.

Der Einstieg in „Rum oder Ehre“ fiel mir nicht ganz so leicht. Die Geschichte war interessant aufgebaut worden, aber ich kam lesetechnisch nur langsam voran. Mein Hauptproblem waren die extrem langen Kapitel und der sehr langsame Spannungsaufbau. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Carsten Sebastian Henn selbst ein Tütchen neben dem Schreiben geraucht hatte, weil die Spannung so gechillt war wie ein Mensch nach dem Konsum von Marihuana. Trotzdem war es nie langweilig, die Story wusste schon mich an sich zu binden. Das Ganze bekam Zeit sich zu entwickeln und wie bei der Entstehung zu einem guten Rum brauchte es auch hier etwas mehr Geduld. Das meine ich aber gar nicht kritisch, denn wenn es in diesem Krimi hier vor Action und lauter blutiger Gewaltszenen nur so gewimmelt hätte, dann wäre das Alles ziemlich unglaubwürdig gewesen. So allerdings konnte mich die Gesamtkombination überzeugen.

Besonders gut gefallen hatten mir die zwei Settings. Einmal das kühle Flensburg mit den wortkargen Menschen und einer typisch norddeutschen Mentalität. Die im krassen Kontrast zum warmen, freundlichen und Rum-seligen Jamaika standen. Beide Atmosphären hatten etwas für sich und ich muss gestehen, dass besonders die Beschreibungen von Jamaika und seiner Landschaft, Bars und Destillerien meine Reiselust geweckt hatten.

Carsten Sebastian Henns Schreibstil war flockig humorig und hatte eine angenehme Leichtigkeit. Bild- und wortreich gelang es ihm alles lebendig zu beschreiben, sodass ich vor mir meinem inneren Auge alles genau vorstellen konnte. Der Mix aus Humor, Schwermut und der Begeisterung für Rum war gelungen und unterhaltsam.

Trotz ein paar Morden war dieser Krimi gar nicht bedrückend, sondern eine Hommage an den Rum und seiner Vielfältigkeit. Außerdem mochte ich das „Rum oder Ehre“ viele Ecken und Winkel hatte, sodass ich der Lösung von allem zwar dicht auf der Spur, aber meist daneben lag.

Rum oder Ehre von Carsten Sebastian Henn
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Norddeutschland trifft auf Jamaika: Ein Flensburger Urgestein versucht in der Heimat des Rums seinen verschollenen Bruder nach über zwanzig Jahren zu finden. Inklusive mehrerer Morde und noch mehr Rum…

Lesen:

Wenn ihr gemütlich humorvolle Hobbydetektiv-Krimis mögt und gleichzeitig noch etwas über Rum lernen möchtet. Dann seid ihr hier goldrichtig.

Weglegen:

Ihr müsst Rum nicht mögen, damit euch dieser Krimi gefällt. Allerdings wird dieser Krimi mit viel Augenzwinkern erzählt und wenn ihr hart gesottene Krimifans seid, solltet ihr das Buch lieber liegen lassen.

Mal ehrlich:

„Rum oder Ehre“ ist zurecht ein kulinarischer Krimi, denn in seinem Mittelpunkt dreht sich alles um Rum. Die Verknüpfung von diesem überaus interessanten Getränk mit dessen Entstehungs- und Herstellungsgeschichte, seinen unterschiedlichen Genuss- und Zubereitungsformen mit einem fast zwanzig Jahre alten Vermisstenfall war wirklich gelungen.
Martin, 72 Jahre jung, bricht nach Jamaika auf, um auf den Spuren seines Bruders Christian zu wandeln und sein Verschwinden aufzuklären.
Dabei trifft norddeutsches Temperament auf jamaikanische Lässigkeit. Dementsprechend langsam entwickelte sich der Krimi. Mit einem dicken Augenzwinkern erzählt, war die Spannung manchmal so gechillt wie ein Joint rauchender Mensch. Dennoch war „Rum oder Ehre“ fesselnd erzählt und mit viel Raffinesse aufgebaut. Seltsame Morde auf der schönen Karibikinsel sorgten für viele Rätsel und weckten das Ratevergnügen in mir und durch die vielen verschiedenen verwinkelten Ereignisse und Geheimnisse blieb vieles für mich undurchschaubar. Das Ende war überraschend und klasse umgesetzt.
Besonders mochte ich hier den Humor und auch wenn die meisten meiner Verdächtigen sich nach einem kräftigen Lesezug im Rumdunst auflösten, ich hatte Spaß an diesem Krimi.

Fazit:

„Rum oder Ehre“ ist ein klassischer Hobby-Detektiv-Krimi der vom kulinarischen Genuss in Form von Rum geküsst worden ist. Der Krimi nimmt sich selbst nicht zu ernst, bietet aber gerade deshalb spannende und humorvolle Unterhaltung. Darauf ein Glas Rum! Prost!

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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