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Den Titel Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben finde ich originell. Er machte mich direkt neugierig auf das Buch, ebenso der Inhalt. Im Fokus sollen Nina und David stehen, die sich trotz eines erheblichen Altersunterschiedes ineinander verlieben. Und nein, dieses Mal ist die Frau älter als der Mann.

In meiner Rezension „Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben“ von Anika Decker wird sich zeigen, wie das Thema für mein Empfinden umgesetzt wurde.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben von Anika Decker
© Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

Infos zum Buch
erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Veröffentlicht 9. Januar 2025
ca. 464 Seiten
erhältlich als gebundenes Buch, Hörbcuh und eBook
 

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»Geh raus, Schatz, leb mal wieder.«

Nina: bald 50, geschieden, Mutter von zwei Kindern. Ihren gegenwärtigen Zustand beschreibt sie mit leichten Aggressionen, Unruhe, aufkommendem Zynismus und Brustspannen. Nicht, dass sie ihrem Ex-Mann die Ehe mit der blutjungen Influencerin und »Zwillings-Mama« missgönnen würde, ihr sind lediglich einige Details aufgefallen, die auch jetzt noch in ihrem Kopf herumgeistern, beispielsweise ihre Anderthalb-Zimmer-Wohnung im Vergleich zur repräsentativen Villa ihres angeblich bankrotten Ex-Mannes.

»Neben mir steht ein sehr großer, sehr junger Mann, der aussieht wie ein französischer Filmstar oder wie jemand, der Katzenbabys aus einem brennenden Haus rettet.«

Doch dann geschieht, was Nina einfach nicht glauben möchte: Sie verliebt sich in den zwanzig Jahre jüngeren David und bringt damit ihre fragile Lebenskonstellation ordentlich ins Wanken. Denn jeder hat eine Meinung dazu, inklusive sie selbst.

»Ich kann nicht fassen, wie sehr es mich erwischt hat, weiß nicht, ob ich mich darüber freuen oder schreiend vor meinem Leben davonlaufen soll … Brauche ich jetzt auch noch einen jungen Liebhaber, um mir zu beweisen, dass da noch so viel auf mich wartet?«

Und wenn sie glücklich werden will, muss sie ihr Leben neu aufrollen.

Eine andere Liebesgeschichte, erzählt mit Witz, Bissigkeit und trotzdem voller Wärme.

© Klappentext: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

Anika Deckers Roman Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben ist sehr komplex und beleuchtet verschiedene Lebensmodelle.
Da wäre zum einen Nina. Sie ist die Hauptfigur, geschieden, fast 50, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und kämpft mit den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen in ihrem Alter. Ihre Fähigkeit, sich selbst treu zu bleiben, macht sie zu einer sympathischen Protagonistin, mit der ich sofort warm werde. Vor allem Ninas witzige Beschreibungen von alltäglichen Fettnäpfchen heben meine Laune und bereiten mir viel Freude.

Als Gegenmodell fungiert ihre Schwester Lena. Für sie ist Anerkennung sehr wichtig und sie möchte unbedingt Fuß in der Berliner High Society fassen. Auf gar keinen Fall will Lena so enden wie ihre Schwester. Doch mit ihrem immerwährenden Geltungsdrang und ihrer zickigen Art Nina gegenüber, ist mir Lena zu anstrengend. Ich mag sie nicht sonderlich, obwohl ich teilweise ihre Wünsche durchaus nachvollziehen kann.
Die Nebenfiguren haben interessante Charaktereigenschaften. Damit tragen sie zur Handlung bei und machen sie realistisch. Insbesondere Zeynep, Ninas Arbeitskollegin und beste Freundin, mag ich besonders. Ihr klarer Blick auf die Ereignisse ist sehr erfrischend.

Die Beziehung zwischen Nina und dem zwanzig Jahre jüngeren David ist ein zentrales Element der Geschichte, doch leider kommt mir diese Entwicklung zu kurz. Obwohl die Verliebtheit zwischen den beiden spürbar ist, fehlt mir der Kampf um eine feste Beziehung. Ja, sie haben mit Widerständen von außerhalb zu kämpfen und sie müssen sich auch mit den eigenen Bedenken auseinandersetzen. Aber das geht in der Menge an angesprochenen Themen leider unter. So vermisse ich die herzerwärmenden Auf- und Abs, die eine solche Liebesgeschichte bereithalten könnte. Ein paar wenige gibt es und so bleiben mir die Szenen im Krankenhaus und eine am Ende in bleibender Erinnerung, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Die Themen wie Age Gap, Feminismus und gesellschaftliche Erwartungen sind gut integriert und verständlich dargestellt. Der umfangreiche Handlungsaufbau und die verschiedenen Erzählstränge sind interessant. Es kommt an manchen Stellen so richtig Spannung auf und so bietet Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben sogar ein wenig Action.
Sehr interessant finde ich Ninas Arbeitsstelle in einer Produktionsfirma für Fernsehserien. Der Blick hinter die Kulissen ist nicht nur faszinierend, sondern bisweilen auch erschreckend.

Der bildliche Schreibstil der Autorin lässt mich die Szenen fast wie in einem Film erleben. Dennoch erfüllen sich meine Erwartungen beim Lesen nur teilweise, da Anika Decker zu viele wichtige Themen in die Geschichte einbringt und dabei für meinen Geschmack den Fokus auf Nina und David zu oft verliert. Hier hätte wenig mehr sein können.
Das Ende von Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben ist passend für einen Liebesroman. Von einigen Handlungsfäden hätte ich mir mehr Auflösung gewünscht, aber insgesamt ist der Schluss rund.

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben von Anika Decker
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine humorvolle und tiefgründige Geschichte über eine fast 50-jährige Frau, die sich plötzlich in einen jüngeren Mann verliebt, während sie sich mit gesellschaftlichen Erwartungen und persönlichen Herausforderungen auseinandersetzen muss.

Lesen:

Wer sich für feministische Themen interessiert und eine unterhaltsame, aber auch nachdenkliche Lektüre sucht, sollte unbedingt zu Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben greifen.

Weglegen:

Wenn ihr eine klare und fokussierte Liebesgeschichte lesen möchtet, solltet ihr zu einem anderen Buch greifen.

Mal ehrlich:

Der Titel Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben hat mich direkt angesprochen. Erwartet habe ich einen Liebesroman mit einem erheblichen Altersunterschied zwischen Mann und Frau sowie die daraus resultierenden gesellschaftlichen Vorurteile. Bekommen habe ich einen Unterhaltungsroman, der unglaublich viele verschiedene Themen in die Handlungen integriert. So wird es sehr feministisch und Aspekte wie MeToo, toxische Männlichkeit, das Blendwerk Social Media und eine auf den Punkt gebrachte Gesellschaftskritik werden in das Handlungsgerüst eingearbeitet. Zwar gelingt es Anika Decker hervorragend alles verständlich und mit genau der richtigen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor miteinander zu verknüpfen, mir ist das aber in einem Buch zu viel. Ich finde es so schade, dass dabei immer wieder der Fokus von Nina und David verloren geht. Denn die beiden sind wirklich zauberhaft, jeder auf seine eigene Art.
Nina ist die Ich-Erzählerin und Protagonistin. Sie ist geschieden, fast 50 und kämpft sich durchs Leben. Dabei verliert sie aber nie ihren Humor und ihren durchaus reflektierten Blick aufs Leben. Gelegentlich überkommen sie ganz normale Zweifel, die oft liebevoll von ihrer Kollegin und besten Freundin Zeynep aufgefangen werden.
In diesem Buch gibt es noch weitere Erzählperspektiven, die jedoch ausschließlich durch den personalen Erzähler begleitet werden.
Ninas Leben steht im Vordergrund und von ihm laufen viele Fäden zu unterschiedlichen Handlungssträngen. Einer davon ist Lena, Ninas Schwester. Sie ist das komplette Gegenteil ihrer Schwester und mit ihrem Geltungsbedürfnis der für mich anstrengendste Charakter in diesem Buch.
Interessant finde ich den authentischen Blick hinter die Kulissen einer Produktionsfirma. Hier ist spürbar, dass Anika Decker vom Fach ist. Auch ihr Schreibtalent besticht durch einen sehr lebendigen Schreibstil. An manchen Stellen wird es etwas langatmig, aber insgesamt gefällt mir die Geschichte.

Fazit:

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben ist ein feministischer Unterhaltungsroman, welcher nicht zu sehr auf die Liebesgeschichte fokussiert ist. Die Geschichte hat ihre Glanzmomente, besticht durch Humor und die ernsten Themen, die es behandelt. Ich bin mir sicher, dass es als Film richtig gut funktionieren würde. Im Buch ist es mir insgesamt zu viel.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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