Bücher, welche richtig gehypt werden, meide ich. Eigentlich. In diesem Fall aber war meine Neugierde einfach stärker. Würde dieser Thriller wirklich halten, was die meisten Rezensenten versprachen? Psychothriller und spannende Wendungen? Und das, wenn ich glaube zu wissen, wie es weitergeht, ich völlig daneben liege?
In meiner Rezension „Wenn sie wüsste“ von Freida McFadden, werde ich ein Augenmerk auf diese Fragen legen und euch Antworten dazu liefern.
© Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
erschienen im Heyne Verlag
Veröffentlicht 11. Mai 2023
Originaltitel The Housemaid
Übersetzt von Astrid Gravert, Renate Weitbrecht
ca. 400 Seiten
Band 1 der Reihe The Housemaid
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
Klappentext
Millie kann ihr Glück kaum fassen, als die elegante Nina ihr die Stelle als Haushaltshilfe inklusive Kost und Logis bei ihrer Familie auf Long Island anbietet. Schließlich hat sie eine Vergangenheit, von der niemand etwas wissen soll. Doch kaum ist Millie eingezogen, zeigt Nina ihr wahres Gesicht: Sie verwüstet das Haus und unterstellt ihr Dinge, die sie nicht getan hat. Ihre verwöhnte Tochter behandelt Millie ohne jeden Respekt. Nur Ninas attraktiver Mann Andrew ist nett zu ihr. Wäre da nur nicht Ninas wachsende Eifersucht. Hat sie Millie nur eingestellt, um ihr das Leben zur Hölle zu machen? Oder hat auch sie ein dunkles Geheimnis, von dem niemand etwas erfahren darf?
© Klappentext: Heyne Verlag
Der Prolog ist ein genialer Einstieg in dieses Buch. Er wird mich bis zum Ende hin gedanklich begleiten, denn er ist nicht nur eine Vorschau auf das, was mich erwarten wird, sondern lässt unheimlich viele Fragen in meinem Kopf aufpoppen.
Als Nächstes lerne ich Millie kennen. Sie ist die Icherzählerin in dieser Geschichte und hat eine sehr bewegte Vergangenheit. Ich erfahre nur wenige Details über sie und das bisschen, was mir Freida McFadden gestattet zu wissen, wirft weitere neugierige Fragen in mir auf. Auf jeden Fall ist mir Millie sofort sympathisch und ihre Bemühungen, an den aus ihrer Sicht perfekten Job zu gelangen, sind eindrücklich beschrieben.
Ein bisschen habe ich das Gefühl, ein Déjà-vu zu haben. Denn es gibt durchaus Parallelen zu Geschichten mit ähnlichem Plot. Hier habe ich mich besonders an „Hinter diesen Türen“ von Ruth Ware erinnert gefühlt. Dennoch ist „Wenn sie wüsste“ ganz anders.
„Wenn sie wüsste“ wird ausnahmslos in der Ich-Perspektive erzählt und das beschriebene Setting ist zwar schlicht, aber bemerkenswert inszeniert. Zudem verliert sich Freida McFadden nicht unnötig in Details, was eine rasche Entwicklung der Handlungen ermöglicht.
Das Charaktersetting ist grandios ausgearbeitet. Die Akteure sind übersichtlich, was dafür sorgt, dass die einzelnen Persönlichkeiten viel Tiefe erhalten haben. Zudem spielt hier die Autorin gekonnt mit meinen Gefühlen für die Figuren. Gleichzeitig kommt auch der Psychoterror, der Millie widerfährt, so richtig gut zur Geltung und bringt meine Emotionen zum Brodeln.
Mit ihren überraschenden Wendungen sorgt Freida McFadden für reichliche Spekulationen beim Lesen. Manchmal komme ich schon vorher hinter den angestrebten Plot Twist, was aber das Lesevergnügen kein bisschen schmälert.
Die Atmosphäre in „Wenn sie wüsste“ ist sehr dicht. Durch verhängnisvolle Entscheidungen und unheilvolle Augenblicke entsteht eine bedrohliche Spannung, die beinahe zum Greifen nah ist. Ich möchte Millie Warnungen zu rufen, die sie wohl aber genauso wenig erhören würde wie die vom Gärtner Enzo. Es ist richtig spürbar, wie sich langsam der Showdown zusammenbraut. Das Ende kann ich kaum erwarten. Mir fehlt die Fantasie, wie es enden könnte und so ist es kein Wunder, dass mich das Finale völlig begeistert. Selbst als es schon scheint, dass alles vorbei ist, schafft es Freida McFadden, mich sprachlos zu machen.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Als Hausmädchen kommst du deinen Arbeitgebern viel näher, als dir vielleicht lieb ist. Für Millie wird der vermeintliche Job zum Albtraum und doch braucht sie ihn zum Leben. Ein packender Psychothriller, der mit den Emotionen der Lesenden für oder gegen die Figuren spielt.
Lesen:
Ihr wünscht euch von der ersten bis zur letzten Seite gute Unterhaltung? Dann solltet ihr unbedingt „Wenn sie wüsste“ lesen.
Weglegen:
Wenn ihr auf der Suche nach einem Thriller seid, den es so noch nie gegeben hat, wird euch „Wenn sie wüsste“ leider nicht überzeugen können. Da das Rad nicht immer neu erfunden werden kann, solltet ihr vielleicht vor dem Weglegen in die Leseprobe schnuppern.
Mal ehrlich:
„Wenn sie wüsste“ ist ein absolut mitreißender Thriller. Der einfach gehaltene Schreibstil ist flott und mit seiner Bildlichkeit gut zu lesen. Ich bin sofort mitten im Geschehen und würde am liebsten das Buch in einem Rutsch durchlesen.
Die Story ist nicht neu, es gibt durchaus Parallelen zu Geschichten mit ähnlichen Haushälterinnen und Nannys. Doch „Wenn sie wüsste“ grenzt sich wunderbar durch viele kleine Details ab, sodass die Geschichte durchweg spannend bleibt.
Nicht jeder Plot Twist ist eine Überraschung, manches lässt sich gut kombinieren, wenn die Aufmerksamkeit hoch ist. Doch viel zu oft gelingt es der Autorin, mich aufs Glatteis zu führen und mit meinen Sympathien und Antipathien für gewisse Charaktere zu spielen.
Ich mag es, dass sich Freida McFadden nicht in Längen verliert und die Handlungen rasch vorantreibt. Auch wenn das bedeutet, mehrere Tage oder gar Wochen auszulassen. Fehlt deshalb etwas? Nein, denn das Handlungsgerüst ist stabil und führt mich sicher durch den packenden Thriller.
Mit jeder Seite wird es spannender und ich finde es hervorragend herausgearbeitet, wie Vorurteile einem Menschen das Leben schwer machen können. Ebenso mag ich es, dass nachvollziehbar beschrieben wird, wie die Fürsprache von Opfern für Täter funktioniert.
Die bedrohliche Atmosphäre steigt immer weiter an und der Prolog lässt mich das ganze Buch über nicht mehr los. Das Mitfiebern und Mitraten ist grandios und macht „Wenn sie wüsste“ zu einem richtigen Suchtbuch.
Fazit:
Von der ersten bis zu den letzten Seiten ein sauber ausgeklügelter Psychothriller, der zwar von der Grundidee her nicht neu, aber mit seiner Umsetzung definitiv zu überzeugen weiß. Wer gut kombiniert, der kommt hinter manche überraschende Wendung, aber das schmälert diesen rasanten Lesegenuss meiner Meinung nach kaum.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf eine Geschichte voller Geheimnisse und Lügen?
Dann empfehle ich euch:
Glaube mir von Alice Feeney
Liebe Mo,
das ist eine sehr wertvolle Rezension, denn seit die Thriller wie Pilze aus dem Boden schießen, bin ich schon oft an Exemplare geraten, die kaum lesbar waren: entweder die Handlung völlig absurd oder die Charaktere zum Grausen konstruiert.
Ich erwarte nicht, dass ein Thriller etwas komplett Neues bietet – aber gut gemachtes Handwerk wünsche ich mir auf jeden Fall!
Das scheint hier so zu sein … ein schöner Lesetipp für Herbstabende vor dem Kamin!
LG!
Ines-Bianca
Liebe Ines-Bianca,
das kenne ich nur zu gut. Oft steht „Thriller“ drauf, aber es ist keiner drin. Das ist nicht schön. Daher freut es mich, dass dir mein Lesetipp gefällt.
Liebe Grüße
Mo
Oh das grüne Buch! Das hatte ich vor ein paar Wochen auch schon in den Händen! Aber da ich damals noch einiges auf dem Stapel hatte, hab ich es nicht mitgenommen! Klingt aber so als müsste ich doch nochmal danach greifen! Danke für den Tipp!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
ja, am grünen Buch kam kaum jemand in der letzten Zeit vorbei. Du solltest vielleicht doch mal zugreifen 😉
Liebe Grüße
Mo
Ich war auch etwas skeptisch, weil ich das Buch jetzt so häufig gesehen hab und halt auch schon sehr viele Thriller gelesen habe; aber scheint, als sollte ich ihm demnächst eine Chance gegeben (hab mich tatsächlich grad erst aktiv gegen das Buch zu Gunsten eines anderen entschieden).
Liebe Christine,
das kenne ich nur zu gut. Ich war auch skeptisch, da ich ganz oft die gehypten Bücher nicht mag. Aber das hier fand ich richtig klasse.
Liebe Grüße
Mo