[ Werbung ]

Entdeckt habe ich das Buch, als ich auf der Seite des Bloggerportals am Stöbern gewesen bin. Die Rezensionen haben mich so neugierig gemacht, dass ich Der Herzschlag der Toten anfragen musste. Ich hatte so große Lust, wieder einen guten historischen Kriminalroman zu lesen.

In meiner Rezension „Der Herzschlag der Toten“ von Ralf H. Dorweiler werdet ihr erfahren, ob der historische Krimi eine echte Leseempfehlung ist.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar vom Penguin Random House erhalten
❧ Vielen Dank an Barbara Henning für die Freigabe im Bloggerportal
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Der Herzschlag der Toten von Ralf H. Dorweiler
© Cover: UNO Werbeagentur GmbH

Infos zum Buch
erschienen beim Goldmann Verlag
Veröffentlicht 23. Oktober 2024
ca. 416 Seiten
Band 1 der Ein Fall für Rieker und Ahrens
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Hamburg 1887. In einem Kontor wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt, die mit zahllosen Messerstichen getötet wurde. Der Fall wird zur Bewährungsprobe für den frisch zum Criminalcommissar beförderten Hermann Rieker. Bei seinen Ermittlungen trifft er auf Johanna Ahrens, Tochter eines Richters, die heimlich arme Frauen im Gängeviertel unterrichtet. Da Johanna in der Toten eine ihrer Schülerinnen erkennt, stellt sie auf eigene Faust Nachforschungen an. Dabei lernt sie einen Totenfotografen kennen, dessen Anatomiekenntnisse eine entscheidende Wendung für den Fall bringen. Doch als ein weiterer Mord die Hafenstadt erschüttert, wird klar: Der Täter kann jeden Moment erneut zuschlagen …

© Klappentext: Goldmann Verlag

Der Herzschlag der Toten beginnt mit einem packenden Prolog. Obwohl Eddi und Paule zwei Nebencharaktere sind und kaum noch Raum im weiteren Verlauf einnehmen werden, habe ich sie sofort ins Herz geschlossen.
Schon auf den ersten Seiten zeigt Ralf H. Dorweiler sein Geschick für einen anschaulichen Schreibstil. Vor meinem inneren Auge erwacht schnell Hamburg im Jahre 1887 zum Leben. Jedoch dauert es bei mir eine ganze Weile, bis ich warm mit den Protagonisten werde. Alles wirkt zu Beginn auf mich distanziert und irgendwie kühl. Da mich jedoch die Rahmenhandlung sofort fesselt, kann ich mich dennoch gut auf die Geschichte einlassen.

Johanna Ahrens, Tochter eines bekannten Richters, ist in einem privilegierten und wohlbehüteten Zuhause aufgewachsen. Ihre unkonventionelle Einstellung und ihr Hang zum heimlichen Rebellieren macht sie impulsiv und leidenschaftlich in den Bereichen, die ihr am Herzenliegen. Wichtig ist Johanna, dass Frauen aus ärmeren Verhältnissen die Möglichkeit der Bildung erhalten und so gründet sie im Verborgenen eine Schule, um diese Frauen in den grundlegendsten Fächern unterrichten zu können.
Ralf H. Dorweiler schafft es geschickt Johannas Charakter in den historischen Kontext zu integrieren, um damit zum einen die gesellschaftlichen Erwartungen an eine junge Frau aus gutem Hause und zum anderen die schwierige Lebenssituation unterprivilegierten Frauen im direkten Vergleich darstellen zu können. Dies geschieht sehr eindrücklich.
Johanna mag ich gern, da sie nicht als Heldin hochstilisiert wird, sondern menschlich bleibt und auch eine verletzliche Seite zeigt. Ihr Wunsch, Gerechtigkeit für ihre ermordete Schülerin zu erlangen, sorgt für so manch brenzlige Situation und lässt mich mit ihr mitfiebern.

Mit Commissar Hermann Rieker brauche ich eine ganze Zeit, bis ich ihn anfangen kann zu mögen. Dies liegt vor allem an seiner sehr kühlen und förmlichen Art. Doch im Verlauf wird mir klar, dass Rieker in einer Welt voller Herausforderungen lebt, die zu einer Menge innerer Konflikte führt.
Rieker ist frisch befördert und doch traut ihm sein Vorgesetzter die alleinige Auflösung des komplexen Mordfalles nicht zu. So wird Rieker mit allerlei Vorurteilen durch seine Kollegen konfrontiert. Die gesellschaftlichen Spannungen in Verbindung mit der Herausforderung eines sozial angestrebten Aufstiegs werden durch den Charakter Rieker eindrucksvoll im historischen Kontext beleuchtet.
Riekers Entwicklung gefällt mir von allen Figuren am besten, da er sich oft entscheiden muss, ob ihm der Kampf um Anerkennung wichtiger ist, als die Wahrheit herauszufinden. Und auch sein innerer Zwiespalt mit seiner eigenen Identität und Vergangenheit bewegt mich. Nicht alle seine Geheimnisse werden gelüftet und so habe ich die zarte Hoffnung auf eine Fortsetzung mit Rieker und Johanna.

Ralf H. Dorweilers tiefgründige angelegten Charaktere werden um eine weitere sehr spannende Figur ergänzt: Den Totenfotograf Jakob Eilers. Mit ihm tauche ich in eine melancholische Welt ein, die trotz der tiefen Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen auch so was wie Geborgenheit und Hoffnung zulässt. Die besonderen und tiefen Einblicke in die Totenfotografie nehmen mich mit in eine Zeit, als das Fotografieren von Verstorbenen nicht nur eine gängige Praxis war, sondern zugleich auch oft die einzige Möglichkeit gewesen ist, die Erinnerung an den geliebten Menschen lebendig zu halten. Durch Eilers gelingt es Ralf H. Dorweiler nicht nur die praktischen Arbeiten rund um das Fotografieren darzustellen, sondern auch den Umgang mit den Hinterbliebenen. Mit einer angenehmen Sensibilität in Kombination mit Detailgenauigkeit geht mir dieses Thema mit seinem Informationsgehalt unter die Haut und löst eine Menge an Emotionen in mir aus. Hinzukommt, dass Eilers zu einem wichtigen Bindeglied zwischen den Ermittlungen von Rieker und Johannas Wunsch die tote Schülerin zu ehren, wird.

Der Herzschlag der Toten hat einen fantastischen Spannungsbogen, indem mich viele falsche Fährten in die Irreführen und mir gleichzeitig das Gefühl geben, die Geheimnisse schon längst durchschaut zuhaben. Hinzukommen faszinierende Wendungen, die gelegentlich von Zufällen gekennzeichnet sind, sodass die Handlung für mich unvorhersehbar und aufregend gestaltet wird. Abgerundet wird das Handlungsgerüst durch geschickt gesetzte Perspektivwechsel, sodass ich im Verlauf regelrecht süchtig werde und unbedingt wissen muss, wie sich alles weiterentwickelt.

Die historische Genauigkeit, in welche der Kriminalfall eingebettet wird, umfasst die Lebensbedingungen, gesellschaftlichen Strukturen und die damaligen Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei in dieser Epoche. Dazu herrscht in Der Herzschlag der Toten oftmals eine düstere Atmosphäre, welche mir eine Gänsehaut beschert, ohne sich dabei in allzu blutigen Details und Ausschmückungen zu verlieren. Gewürzt wird das Ganze mit charmantem Wortwitz und humorvollen Augenblicken, die das Ambiente auflockern und Leichtigkeit vermittelt.
Das gewählte Hamburger Setting ist überaus gründlich recherchiert und der Kontrast zu den verschiedenen Lebensbereichen wie dem Gängeviertel sowie Rotherbaum passend zu den thematisierten Gesellschaftsunterschieden hoch.

Der Herzschlag der Toten ist nicht nur einfach der Titel dieses sehr gelungenen historischen Kriminalromans, sondern auch der rote Faden in dieser Geschichte. Ich finde das unglaublich gut durchdacht, sodass ich regelrecht begeistert davon bin. Ebenso angetan bin ich vom superausgeklügelten Finale, das eine besondere Überraschung am Schluss für mich bereithält. Die Idee dahinter finde ich grandios, nur leider im historischen Kontext nicht sauber zu Ende gedacht. Dies schmälert aber meine Begeisterung für diesen Kriminalroman kein bisschen. Und wer sich komplett in die Welt Hamburgs um 1887 fallen lassen möchte, der sollte unbedingt zum Hörbuch greifen. Sprecher Oliver Brod gelingt es vortrefflich, die verschiedenen Mundarten perfekt zu transportieren und die Geschichte lebendig werden zu lassen.

Der Herzschlag der Toten von Ralf H. Dorweiler
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein wendungsreicher historischer Kriminalroman mit charakterstarken Figuren und einem fesselnden Spannungsbogen.

Lesen:

Wenn ihr historische Romane mit kriminalistischen Elementen mögt und Wert auf sauber recherchierte Hintergründe, komplexe Charaktere und einer spannungsvollen Lektüre legt.

Weglegen:

Wenn ihr viel actionlastige Handlungen und explizite Darstellungen der Morde haben möchtet, solltet ihr von Der Herzschlag der Toten Abstand nehmen.

Mal ehrlich:

Am Anfang bin ich gar nicht so begeistert von Der Herzschlag der Toten. Alles wirkt so distanziert und kühl. Ich mag lieber die kleineren Nebencharaktere, als die Protagonisten. Was mich aber von Beginn an begeistern kann, ist der Schreibstil. Die detail- sowie bildreiche Erzählweise besticht durch die geschickte Verknüpfung von realen und fiktiven Ereignissen. Neben einem packenden und komplexen Mordfall werden interessante Einblicke in die damalige kriminaltechnische Ermittlungsarbeit, die Arbeit eines Totenfotografen und die sozialistischen Gedanken und Taten einer gutbehüteten Hamburgerin gewährt.
Durch den sehr starken und langsamen Charakteraufbau gelingt es mir dann doch mit der Richtertochter Johanna Ahrens und dem Commissar Hermann Rieker warm zu werden. Am Ende bin ich ein regelrechter Fan von den beiden. Beide sind sie nicht der klassische Heldentyp, bleiben stets menschlich und haben entsprechende Stärken sowie Schwächen.
Abgerundet wird das Figurenensemble durch den kauzigen Totenfotograf Jakob Eilers. Er wird ein interessantes Bindeglied zwischen den Gesellschaftsschichten und der Suche nach dem Mörder.
Mir wird gar nicht bewusst, ab wann der Krimi mich in seinen Bann zog, da ich ihn irgendwann nicht mehr aus der Hand legen will. Ständig rätsele ich mit und wenn ich denke, ich bin dem Mörder auf die Schliche gekommen, kommt eine Wendung, die meine schlüssige Lösung zunichtemacht. Die düstere Atmosphäre und das brillante Hamburger Setting nehmen mich völlig für sich ein und ich mag, dass sich hier so intensiv mit sozialen Themen und der Rolle der Frau in der Gesellschaft auseinandergesetzt wird.
Der Spannungsbogen bleibt konstant gespannt und das Finale ist wirklich fesselnd. Und der kleine Plot Twist zum Schluss ist bis auf die meiner Meinung nach etwas verfehlte zeitliche Einordnung richtig klasse.

Fazit:

Der Herzschlag der Toten ist ein ausgeklügelter und spannender historischer Kriminalroman. Mit einer gelungenen Mischung aus Atmosphäre, Charaktertiefe und fesselnder Handlung werden damals gesellschaftliche Themen beleuchtet und mit einem packenden Ermittlungsfall verknüpft. Absolute Leseempfehlung.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust auf noch mehr historischen Flair mit einem spannenden Kriminalfall und kauzigen Charakteren?
Dann empfehle ich euch:
Das Buch des Totengräbers von Oliver Pötzsch