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Anfang des Monats hatte ich euch das dazu passende Bloggerpaket vorgestellt und da schon erzählt, was mich an diesem Buch so reizt. Ich liebe ja historische Romane, die einen gewissen Anteil an Authentizität haben.

In meiner Rezension „Das Buch des Totengräbers“ von Oliver Pötzsch erzähle ich euch, ob sich meine Erwartungen erfüllt haben und mich Wien um 1893 mit seinen grausigen Ereignissen überzeugen konnte.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von Ullstein erhalten
❧ Vielen Dank an ehrlich & anders für die Vermittlung
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Das Buch des Totengräbers von Oliver Pötzsch
© Umschlaggestaltung: www.zero-media.net, München

Infos zum Buch
erschienen bei Ullstein
Veröffentlicht 31. Mai 2021
ca. 448 Seiten
Band 1 der „Die Totengräber-Serie“
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es nur einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann

1893: Augustin Rothmayer ist Totengräber auf dem berühmten Wiener Zentralfriedhof. Ein schrulliger, jedoch hochgebildeter Kauz, der den ersten Almanach für Totengräber schreibt. Seine Ruhe wird jäh gestört, als er Besuch vom jungen Inspektor Leopold von Herzfeldt bekommt. Herzfeldt braucht einen Todes-Experten: Mehrere Dienstmädchen wurden ermordet – jede von ihnen brutal gepfählt. Der Totengräber hat schon Leichen in jeder Form gesehen, kennt alle Todesursachen und Verwesungsstufen. Er weiß, dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten. Geht in Wien ein abergläubischer Serientäter um? Der Inspektor und der Totengräber beginnen gemeinsam zu ermitteln und müssen feststellen, dass sich hinter den Pforten dieser glamourösen Weltstadt tiefe Abgründe auftun …

Wien zur Jahrhundertwende – Bestsellerautor Oliver Pötzsch entführt uns mit diesem spektakulären Mordfall in die dunkelsten Ecken der Stadt

© Klappentext: Ullstein

Schon auf den ersten Seiten wurde mir klar, warum dieser historische Kriminalroman „Das Buch des Totengräbers“ hieß und ließ mich schon da ein bisschen hart schlucken. In regelmäßigen Abständen bekam ich an Kapitelanfängen Auszüge aus dem „Almanach für Totengräber“ zu lesen. Geschrieben wurden sie von Augustin Rothmayer, seines Zeichens Totengräber und einer der fiktiven Hauptfiguren in diesem Buch. So viel sei schon mal verraten, diese Informationen drehten sich rund um den Tod. Von Verwesungsgraden bis hin zu Lebewesen, die gern an Leichen knabbern. Es gab so einiges, was einem beim Lesen auf den Magen schlagen konnte. Aber ich fand es gleichzeitig auch unheimlich spannend, denn hier hatte sich der Autor nichts aus den Fingern gesogen, sondern Berichte und Erkenntnisse aus längst vergangenen Tagen zusammengefasst.

Der Prolog im Anschluss an den ersten Auszug aus Augustin Rothmayers „Almanach für Totengräber“ hatte es ebenfalls in sich. Die Art, wie Oliver Pötzsch beschrieb, wie ein Mann in einem Sarg lag, war schon ein krasser Einstieg, der meine Erwartung in gigantische Höhen schraubte. Es war sofort fesselnd und unglaublich bedrückend zu lesen. Ich hatte das Gefühl, neben dem Mann in der Finsternis zu liegen und seiner Beerdigung beizuwohnen. Wahrlich kein schönes Gefühl, auf der „anderen Seite“ zu sein.

Dieser äußerst plastische und sehr lebendige Schreibstil von Oliver Pötzsch zog sich durch das restliche Buch in einem angenehmen Fluss. Ich entkam diesem historischen Kriminalroman gar nicht mehr, weil ich stets wissen wolle, wie sich alles weiterentwickeln würde.

Und das lag besonders an diesen sehr spannenden Hauptcharakteren. Sie konnten unterschiedlicher kaum sein und brachten unheimlich viel Dynamik in die Geschichte.
Da wäre besonders der Protagonist Leopold von Herzfeldt zu benennen. Eigentlich hätte ihm eine große Karriere als Untersuchungsrichter in Graz bevorgestanden, wenn nicht ein unglückliches Ereignis passiert wäre. So ist er nun Inspektor in Wien und will dort den neuen ermittlungstechnischen Fortschritt bringen. Den die ortsansässigen Kollegen aber gar nicht haben wollen und schon gleich nicht von einem jüdischen, hochnäsigen Piefke bitteschön.
Doch Leopold bleibt sich treu und rennt gegen Windmühlen. Ich mochte seine frische und ambitionierte Art super gern und es war wirklich leicht, ihn zu mögen.

Bei Augustin Rothmayer war das am Anfang nicht so. Der kauzige Totengräber mit einem sehr schwarzen Humor war mir anfänglich sehr suspekt und seine knarzige Art sorgte dafür, dass ich nicht so schnell seinen inneren Kern entdecken konnte. Aber von Anfang an staunte ich über sein umfangreiches Wissen und seine Wissbegier. An diesem Punkt war ich mir sicher, dass Leopold von Herzfeld und Augustin Rothmayer zwar ein sehr seltsames „Pärchen“ abgeben würden, aber es wohl eine ziemlich fruchtbare Zusammenarbeit sein würde.

Neben diesen beiden angenehmen Herrschaften sei noch Julia Wolf zu erwähnen. Eine junge Polizeitelefonistin, die am Anfang ziemlich unscheinbar wirkte. Dennoch war spürbar, dass sie noch bedeutsam für die weitere Entwicklung sein würde. Ich mochte sie auf Anhieb. Julia war unheimlich klug, sehr aufgeschlossen für alles Neue und hatte eine Menge Geheimnisse zu hüten, die aus ihr einen sehr interessanten Charakter machten.

Weltoffen waren hier bei Weitem nicht alle Charaktere. Besonders der Antisemitismus troff bei vielen Polizeikollegen förmlich aus allen Poren. Besonders extrem zu beobachten war das bei Oberinspektor Paul Leinkirchner. Ein unangenehmer Zeitgenosse, der es Leopold von Herzfeldt in allen Lagen extrem schwer machte. Mir war Leinkirchner sofort unsympathisch und dennoch fiel es mir schwer, ihn als Feind von Leopold zu sehen. Denn ich hielt mir vor Augen, dass Oliver Pötzsch den damaligen Wienerzeitgeist perfekt eingefangen hatte und ihn mit diesem Charakter zwar auf die Spitze getrieben, dafür aber eine authentische Atmosphäre erzeugt hatte.

Generell bestach dieser Kriminalroman durch die sehr intensive Recherche seitens des Autors. Auch wenn der Fall an sich fiktiv gewesen ist, die Untersuchungsmethoden in der Verbrechensbekämpfung, sowie die Erkenntnisse über tote Menschen, waren es definitiv nicht. Dies alles wurde zu einem unglaublich unterhaltsamen und verwinkelten Spannungsgeflecht verwoben, welches ich lange Zeit nicht zu durchschauen wagte. Obwohl ich die Zusammenhänge alleine nicht lösen konnte, dem Täter kam ich irgendwann auf die Schliche und freute mich am Ende riesig, dass ich richtig lag. Aber auch hier konnte mich noch Oliver Pötzsch überraschen. Denn die Gründe für das Handeln des Täters hatte ich nicht ermitteln können.

Wer maximalen Grusel möchte, der sollte sich das Hörbuch zu Gemüte führen. Hans Jürgen Stockerl las hervorragend und an den richtigen Stellen mit jeder Menge Gänsehautfeeling. Besonders die wienerische Mundart kam überzeugend herüber. Außerdem beherrschte dieser geniale Sprecher verschiedenste Stimmlagen, was das Ganze zu einem richtigen Hörgenuss machte. Hans Jürgen Stockerl erweckte „Das Buch des Totengräbers“ in meinem Kopf so richtig zum Leben und ich war richtig gefesselt. Am liebsten hätte ich Wien um 1893 und seine Bewohner nicht mehr verlassen und hoffe sehr, dass er auch den zweiten Band der „Totengräber-Serie“ vorlesen wird.

Das Buch des Totengräbers von Oliver Pötzsch
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein grausamer Mörder geht in Wien um. Er pfählt seine Opfer, doch ein junger Inspektor will auf dem neusten Stand der Ermittlungsarbeit dem Täter auf die Schliche kommen. Unterstützung erhält er dabei ungewollt von einem kauzigen Totengräber.

Lesen:

Ihr müsst keine Liebhaber von historischen Krimis sein, um dieses Buch zu lieben. Ihr solltet euch für spannende Ermittlungsarbeiten mit den damaligen noch neuartigen Methoden wie Tatortfotografie interessieren können, dann kommt der Lese-/Hörspaß dank lebendigen Schreibstil von ganz allein.

Weglegen:

Um ehrlich zu sein, möchte ich jedem sagen: Lest dieses Buch. Es ist genial. Aber wenn ihr einen schwachen Magen habt, könnte das Ganze vielleicht eine heikle Angelegenheit sein.

Mal ehrlich:

Ich liebe „Das Buch des Totengräbers“ und bin schwer verliebt in die Stimme von Hans Jürgen Stockerl. Er beherrschte einen wahrhaft großartigen Fundus an verschiedensten Stimmen und konnte die Geschichte wahnsinnig lebendig erzählen. Dieses sehr bildliche geschriebene Buch brachte er so gekonnt in Szene, dass ich am liebsten nie mit hören aufgehört hätte.
Oliver Pötzsch hatte dazu die perfekten Grundpfeiler gesetzt, denn dieser Krimi troff nur so vor lebendigen Charakteren, überraschende Wendungen, jede Menge historischen Bezügen und ein Wien um 1893, das es echt in sich hatte. Obwohl sich Wien selbst als Weltstadt sah, war sie doch tief im Herzen ein Moloch, in dem Antisemitismus, die Angst vor Neuerungen und einer gravierenden Arm-Reich-Schere brannte. Die intensive Recherche des Autors brachte eine so faszinierende Atmosphäre mit sich, die einen starken Sog auf mich hatte. Ich wollte nicht mehr fort und war völlig gefangen in grausigen Mordfällen, die alle vor ein Rätsel stellten. Besonderes Highlight waren die Auszüge aus dem „Almanach für Totengräber“ von der fiktiven Hauptfigur Augustin Rothmayer. Für einen schwachen Magen waren die Ausführungen über Leichen sicherlich nichts, aber sie waren hoch interessant.
Die Ermittlungsarbeit von Leopold von Herzfeldt war unglaublich packend und es machte riesigen Spaß mit zu raten. Generell lebte dieses Buch besonders durch seine Charaktertypen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Fesselnde Unterhaltung vom Ersten bis zum letzten Wort sind hier garantiert.

Fazit:

Ein historischer Kriminalroman, den ich mit leuchtenden Augen jedem wärmstens ans Herz legen kann. Hier stimmt wirklich alles. Spannende Unterhaltung, verzwickte Mordfälle, kauzige Charaktere und jede Menge packende Wendungen, die fest zu einem fesselnden Ermittlungsabenteuer zusammengeschnürt wurden.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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