Wandern gehört definitiv nicht zu meiner liebsten Freizeitbeschäftigung. Aber der Klappentext von „Der Ausflug“ klang so reizvoll und packend, dass das grüne Buch bei mir einziehen durfte. Voller Vorfreude begann ich das Buch zu lesen.
In meiner Rezension „Der Ausflug“ von Ulf Kvensler beleuchte ich, ob ihr eine Affinität zum Wandern haben solltet, damit euch der Thriller begeistern kann.
Leseexemplar
❧ Vielen Dank an ehrlich & anders GmbH für die Vermittlung
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Umschlaggestaltung: www.buerosued.de
erschienen bei Penguin Verlag
Veröffentlicht 21. Februar 2024
Originaltitel SAREK
Übersetzt von Sabine Thiele
ca. 464 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
Klappentext
Jeden Sommer fahren die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Milena in den Norden Schwedens, um beim Wandern in der wilden Natur den Stockholmer Alltag zu vergessen. Doch dieses Jahr hat sich Milena neuer Freund, Jakob, der Gruppe angeschlossen. Er schlägt vor, von der ursprünglichen Route abzuweichen und stattdessen in den wilden, einsamen Nationalpark Sarek zu wandern. Schon bald wird klar, dass die Tour alles andere wird als ein gemütlicher Ausflug unter Freunden. Jakob stiftet die Gruppe zu immer weiteren, gefährlicheren Herausforderungen an. Auch die Dynamik zwischen ihnen ändert sich – lang unterdrückte Vorwürfe und Geheimnisse kommen ans Licht, die Nerven liegen blank. Bald geht es nur noch um eines: Wer wird nach Hause zurückkehren? Der Nr.-1-Bestseller aus Schweden: Atemberaubende Spannung vor der beeindruckenden Kulisse von Europas letzter unberührter Wildnis. Ausgezeichnet mit dem Swedish Crime Writers Award.
© Klappentext: Penguin Verlag
Die erste Seite von „Der Ausflug“ ist stark. Ich habe sofort Gänsehaut, Spannung greift um sich und in mir wächst die Vorfreude auf die Geschichte.
Es folgt sofort ein Knick in der Spannungskurve, als mich Ulf Kvensler etwa zwei Monate zurückschickt und mir die ersten Protagonisten von „Der Ausflug“ vorstellt. Anna, die Hauptfigur in diesem Stück, ist gleichzeitig auch die Erzählerin. Ich erlebe alles aus ihrer Perspektive. Wie sich die anderen Charaktere wirklich fühlen, was sie denken und welche Intention hinter ihren Handlungen steckt, erfahre ich hingegen nicht.
Anna wirkt auf mich sehr selbstbezogen und ich kann sie nicht leiden. Im Verlauf des Buches entwickele ich eine regelrechte Antipathie gegen sie. Dadurch zieht mich ihre Geschichte, ihre Wahrnehmung der Ereignisse einfach nicht in ihren Bann.
Leider bleiben für mich auch die anderen Figuren blutleer und eindimensional. Sie sind mir zwar nicht gänzlich unsympathisch, aber ich kann mich einfach nicht für sie erwärmen.
Annas Verlobter Henrik wirkt am blassesten aus der ganzen Truppe. Später wird sich auch herausstellen, warum das so ist.
Milena, die gute Freundin der beiden, wirkt immer sanft und ein bisschen unterwürfig. Ob sie das auch wirklich ist, kann ich schwer einschätzen, da Anna sehr auf sich bezogen alles darstellt.
Der einzige Charakter, der wirklich noch ein wenig Farbe und Spannung ins Buch bringt, ist Jacob. Ist er Freund oder Feind? Das einzuschätzen ist nicht leicht und gibt der Geschichte ein bisschen Würze.
„Der Ausflug“ zeichnet sich durch recht wenige Charaktere aus, was die Story übersichtlich macht. Der Fokus liegt eindeutig auf der Umwelt der Figuren, Naturbeschreibungen kostet der Autor lang und breit aus.
Unterbrochen von Annas Erzählungen gibt es noch eine weitere Erzählebene. Sie trägt sich in der zweiten zukünftigen Gegenwart zu und zeichnet sich nur durch Dialoge aus. Damit nimmt mir Ulv Kvensler den Überraschungseffekt, wer den Ausflug auf jeden Fall überleben wird. Das finde ich schade. Gleichzeitig offenbart mir dieser Handlungsebene auch einfach zu viel. Das Ende habe ich mir alleine durch diesen Teil selbst richtig geschlussfolgert. Kehren wir aber zurück zu meinen Leseeindrücken.
Die Geschichte von „Der Ausflug“ entfaltet sich beinahe behäbig. Immer wieder schweift Anna von der aktuellen Gegenwart in Vergangenes ab und ergießt sich dabei lange in Ereignissen, die mir für das eigentliche Handlungsgeschehen nicht allzu relevant erscheinen. Ja, manche Details sind wichtig, damit am Ende die Ereignisse einen logischen Zusammenhang haben. Aber für meinen Geschmack hätte manches stark eingekürzt werden können.
Insgesamt liest sich „Der Ausflug“ ein bisschen wie ein Wanderführer in Romanform. Ulv Kvensler nimmt mich mit auf die Wanderung der beiden Pärchen. Anna, Henrik und Milena gehen jedes Jahr in die Berge Schwedens wandern. Nur dieses Jahr ist alles anders. Milenas neuer Freund Jacob möchte mit und ändert spontan die Route. Statt entspannter Wanderung soll es in den Sarek gehen. Ein Nationalpark im schwedischen Teil Lapplands mit viel rauer Natur, über 2.000 Meter hohe Berge und Gletscher. Wilde Sturzbäche, tiefe enge Schluchten und atemberaubende Ausblicke inklusive. Und genau das wird in allen Details und Farben beschrieben. Dies macht Ulv Kvensler auf jeden Fall richtig gut, mich langweilt das aber. Ich will ein Adrenalin berauschten Thriller und keinen Natur- und Wanderroman lesen.
Und so zockelt die Story langsam vor sich hin und ich warte auf echte Spannung. Ab und zu blitzt da mal was auf, es wird gewalttätiger und kleine Psychospielchen beginnen. Es reicht zwar für mich nicht für einen Thriller aus, aber immerhin verliere ich nicht gänzlich das Interesse. Ich möchte schon wissen, wie es ausgehen wird.
Das letzte Viertel beginnt dann doch endlich spannend zu werden und ich freue mich, dass ich nun wohl doch für mein Durchhalten belohnt werde. Gebannt verfolge ich den Showdown, der so plötzlich endet, wie er aufgetaucht ist. Ich werde in die zukünftige Gegenwart katapultiert und wie der Zauberer sein Kaninchen, holt Ulf Kvensler plötzlich eine weitere Perspektive aus seinem Hut.
Hätte gut sein können, leider lässt er die Entwicklung so offen, dass ich mir den Schluss so zurechtschustern kann, wie ich möchte. Vollumfängliche Aufklärung der Ereignisse Fehlanzeige. Schade.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein bisschen Thriller, eingebettet in detaillierten Wanderbeschreibungen durch Schwedens Nationalpark Sarek.
Lesen:
Wenn ihr das Wandern und die raue Natur liebt. Dann wird euch dieses Buch bestens unterhalten und euch mit einem Schuss Thriller belohnen.
Weglegen:
Wenn ihr einen spannungsgeladenen Thriller mit jeder Menge Angst und Schrecken lesen wollt oder ihr wandern furchtbar findet, dann solltet ihr zu einem anderen Buch greifen.
Mal ehrlich:
Jedes Jahr gehen Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre gute Freundin Milena in die Berge Schwedens wandern. Dieses Jahr jedoch soll Milenas Freund Jacob mitkommen. Ein echter Wander- und Outdoor-Fan. Obwohl Anna und Henrik zustimmen, bleibt Misstrauen und Zögerlichkeit ein großer Bestandteil in „Der Ausflug“. Statt die übliche Wanderroute zu nehmen, soll es in den wilden Nationalpark Sareks gehen.
Anna ist die Icherzählerin sehr von sich überzeugt und mir unsympathisch. Ich werde mit ihr einfach nicht warm. Die anderen drei Figuren Henrik, Milena und Jacob sind charakterlich unterschiedlich, sodass an sich eine interessante Mischung aufeinandertrifft. Jacob ist dabei ein kleiner Game Changer, er bringt das bisschen Spannung in den Thriller, welches ich so schmerzlich beim Lesen vermisse.
Der Anfang war gut, dann jedoch liest sich das Buch eher wie ein Naturbuch als ein Thriller. Ulv Kvensler kann definitiv wunderschöne Beschreibungen des Sareks vorweisen. Es hat ein bisschen was von einem Reisebericht und so plätschert die Story mit Wanderbeschreibungen vor sich hin. Gespickt mit ein bisschen Dramatik und winzig kleinem Psychoterror.
Das letzte Viertel wird dann plötzlich megaspannend, jetzt denke ich, wirds der Knaller werden. Aber dann kam die Wendung, welche so offen ist, dass es keinen vernünftigen Abschluss gibt. Alles könnte möglichsein oder eben auch nichts.
Fazit:
Das Wandern ist des Mos Frust, „Der Ausflug“ leider auch. Wer Lust auf atemberaubende Naturbeschreibungen hat, die mit ein bisschen Thrill gewürzt sind, findet hier eine tolle Lektüre.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen Thriller wie ein hochkarätiger Hollywood-Blockbuster?
Dann empfehle ich euch:
Schnitt von Marc Raabe
Das wäre auch was für mich, klingt interessant. Ich werde hier im Blog mal etwas stöbern. Hier gibt es viel zu entdecken.
Wünsche dir einen schönen Sonntag.
Liebe Grüße Katrin
Liebe Katrin,
es freut mich, wenn das Buch deinen Geschmack trifft 🙂
Ich hoffe, dass du noch ein bisschen was interessantes auf meinem Blog aufgestöbert hast.
Liebe Grüße
Mo
Ach herrje! Ich musste jetzt total schmunzeln bei der Rezension – ich kenne genau das, was Du da beschreibst! Man hofft und hofft und hofft… beisst sich weiter durch, aber es wird einfach nicht gut! Der Titel und auch der Buchrücken versprechen einen Thriller, der Dir die kleinen Härchen im Nacken aufstellen lässt, aber Du bekommst Natur und wandern! Ich krieg mich gerade vor lachen nicht mehr ein! Sorry! Klar, der Autor hat sich da wohl etwas verrannt, aber das sollte doch ein Probeleser und/ oder ein Lektor merken! Dann könnte das Ganze nämlich noch gut werden!
Auch am Schluss erwarte ich eine logische Aufklärung aller Geschehnisse! Wenn dies nicht kommt, bin ich frustriert! Nee, geht leider nicht. Der Autor kann sich gerne melden, wenn er mal eine Lektorin braucht, ich übernehme das gerne.
Liebe Grüße, Bea.
Liebe Bea,
tatsächlich ist das Buch in Schweden total gut angekommen. Vielleicht ist das einfach nur nicht mein Lesegeschmack. Zum Glück sind Geschmäcker verschieden und ich freue mich über jeden Lesenden, dem dieses Buch gefällt.
Liebe Grüße
Mo
Naja, wir kennen das ja: Man stellt sich vom Buch etwas anderes vor, als das, was man dann bekommt. Aber bei einem Thriller erwartet man nicht unbedingt viel Natur und wandern. Vielleicht das Buch unter einem anderen Genre veröffentlichen, damit man keine falschen Erwartungen schürt.
Dass Du zur Ich-Erzählerin keinen Zugang gefunden hast und sie unsympathisch findest, ist halt auch Geschmacksache. Vielleicht findet sie ja jemand anders total bezaubernd – okay, das ist sicher eher nicht der Fall, aber egal. Ich finde es schwierig Bücher zu lesen, die gefüllt sind mit gefühlten Lückenfüllern und dann nicht so richtig auf den Punkt kommen. Schade ums Buch, schade, dass es Dich nicht überzeugen konnte.
Liebe Grüße, Bea
Liebe Bea,
du sagst es. Es ist Geschmackssache und das ist auch gut so. Ich fand es für mich ein wenig schade, ich hätte die Geschichte auch gern gefeiert.
Liebe Grüße
Mo