Band 1 habe ich dankenswerterweise im Thrillerbuch-Club gelesen und es war uns klar, dass wir auch den zweiten Teil gemeinsam lesen wollen. Wir alle waren gespannt, ob eine Entwicklung des Autors spürbar sein wird.

In meiner Rezension „Die Klinik“ von Hubertus Borck geht es um die Frage, wie viel Thriller steckt in dieser Geschichte.

Die Klinik von Hubertus Borck
© Covergestaltung: Hafen Werbeagentur, Hamburg

Infos zum Buch
erschienen bei Rowohlt
Veröffentlicht 14. Februar 2023
ca. 400 Seiten
Band 2 der Reihe
Franka Erdmann und Alpay Eloğlu

erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Dort, wo du schutzlos bist, wirst du getötet.

Ein Unfall mit dem Fahrrad, Krankenhaus, Koma. Als der junge Familienvater nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebt, stirbt er plötzlich. Die Witwe ist überzeugt, dass er umgebracht wurde. Niemand glaubt ihr, bis die Rechtsmedizin ihren Verdacht bestätigt. Wurde er versehentlich falsch behandelt oder absichtlich getötet? Die 59-jährige Kriminalkommissarin Franka Erdmann und ihr junger Assistent Alpay Eloğlu stoßen auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik. Eine grausame Serie, die weitergehen wird? Der Ort, der Heilung verspricht, wird zur mörderischen Falle. Wen trifft es als Nächstes?

Der zweite Band der Thrillerserie um das ungleiche Hamburger Ermittlerduo Erdmann und Eloğlu: Sie ist hart und abgeklärt, er ist brandneu im Job

© Klappentext: Rowohlt

„Die Klinik“ beginnt sofort spannungsvoll und ermöglicht mir dadurch einen guten Start in die Geschichte. Schnell wird offengelegt, wer der Täter ist. Mich stört das nicht, zumal das gewählte Thema direkt unter die Haut geht und sofort Ängste weckt. Denn ein Todesengel geht auf einer Klinikstation um. Durch die detaillierte Tätersicht bekomme ich Einblicke in dessen Gedankenwelt und Beweggründe für diese Taten. Dabei wird auch gelegentlich genau beschrieben, wie der Todesengel seine Taten ausführt. Aber auch der Blick hinter die Kulissen einer Klinik mit seinem Pflegealltag und dem dramatischen Pflegenotstand ist realistisch ausgearbeitet und sorgt so für Gänsehautmomente.

Den Mörder begleite ich in zwei Zeitebenen, einem Vergangenheitsstrang und einem Gegenwartsstrang. Am Ende bleib nur noch der Gegenwartsstrang übrig. Der Blick in die Vergangenheit ist nicht ganz so aufschlussreich, wie ich es mir gewünscht hätte, steht allerdings symbolisch dafür, wie lange das Morden in einer Klinik unentdeckt bleiben kann. Zu wissen, wer der Täter ist, macht gerade die Jagd nach der Wahrheit seitens der Ermittler packend.

In „Die Klink“ gibt es noch weitere Perspektivwechsel. Hauptsächlich liegt der Fokus auf der Ermittlungsgruppe um Franka Erdmann und ihrem jungen Kollegen Alpay Eloğlu. Abgerundet wird „Die Klinik“ mit der Sicht einer Angehörigen, die sich sicher ist, dass der Tod ihres Mannes keineswegs natürlichen Ursprung hatte.
Gerade letzteren Handlungsstrang finde ich zwar nett gemacht, zwingend notwendig zum Vorankommen innerhalb der Story ist er meiner Meinung nach nicht. Ein bisschen wirkt der Erzählfaden wie ein Pausenfüller, um noch ein bisschen mehr künstliche Spannung zu erzeugen.

Der Beginn ist stark und auch stilistisch eine klare Steigerung zum ersten Band der Reihe. Es ist leicht, in die Geschichte abzutauchen und besonders die beschriebenen Abläufe innerhalb einer Klinik wirken erschreckend realistisch.
Auch was die Kapitellänge angeht, hat sich Herr Borck weiterentwickelt. Sie sind wesentlich kürzer, sodass sich alles insgesamt flüssiger und weniger anstrengend lesen lässt. Der Autor setzt in „Die Klinik“ auf rasche Perspektivwechsel, sodass ich in fast jedem Kapitel immer alle Blickrichtungen miterleben kann.
Dies führt zu einem soliden Spannungsbogen, der sich jedoch besonders im Ermittlungsbereich nicht stark entwickeln kann. Dafür fehlt es an Tempo. Manchmal wirkt es, als würden sich die Ermittlungen im Kreis drehen. Dadurch gehen Spannungsmomente verloren.

„Die Klinik“ spielt mit den Ängsten ihrer Lesenden, denn es sorgt sehr für Beklemmung zu lesen, wie einfach es ist, jemanden im Krankenhaus das Lebenslicht auszupusten.
Leider überreizt der Autor das Zufallsblatt, sodass Teile der Entwicklung in die Unglaubwürdig- und Vorhersehbarkeit abrutschen. Das macht es besonders beim Showdown sehr ärgerlich, weil leider die Entwicklung zu offensiv gestaltet ist. Es ist nicht schwer zu erraten, dass sich der Autor zu Ablenkung noch eine Besonderheit hat einfallen lassen. Auch überspannt er mit einer Wendung den Bogen, sodass hier die Geschichte an Plausibilität einbüßt.

Dennoch, „Die Klinik“ empfinde ich ganz klar als Steigerung gegenüber „Das Profil“. Insgesamt ist der Handlungsaufbau dynamischer, strukturierter und auch unterhaltungstechnisch wesentlich besser. Schön empfinde ich auch die charakterliche Entwicklung des Ermittlerteams. In „Die Klinik“ liegt dieses Mal der Fokus im privaten Bereich auf Alpay Eloğlu. So lerne ich ihn näher kennen, was ich mag.

Zu einem fesselnden Thriller reicht es für meinen Geschmack nicht, aber durchaus für einen packenden Spannungsroman.
Zum Ende möchte ich noch erwähnen, dass sich „Die Klinik“ unabhängig von „Das Profil“ lesen lässt. Beide Fälle sind in sich ganz klar abgeschlossen. Kleine Querverweise zu Band 1 dienen lediglich zur Verdeutlichung der Entwicklungsprozesse zwischen Franka Erdmann und Alpay Eloğlu.

Die Klinik von Hubertus Borck
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein Kriminalroman, bei dem das Ziel schon bekannt ist, nur der Weg bis zur Festnahme lange ungewiss ist.

Lesen:

Wenn es euch nicht stört, wenn der Täter schon von Anfang an bekannt ist und ruhigere Krimis mögt.

Weglegen:

Wenn ihr auf einen wendungsreichen und packenden Thriller hofft, solltet ihr euch nach einem anderen Buch umschauen.

Mal ehrlich:

Auf „Die Klinik“ war ich schon deshalb neugierig, weil ich wissen wollte, ob es Hubertus Borck gelungen ist, selbst eine Entwicklung zu vollziehen. So viel kann ich an der Stelle schon mal verraten, dies ist ihm geglückt.
„Die Klinik“ ist wesentlich übersichtlicher aufgebaut und bringt schon von Haus aus durch das gewählte Kernthema Gänsehautfeeling mit. Niemand möchte im Krankenhaus von einem Todesengel auserkoren werden, und so ist gerade die Sicht des Mörders auf seine Taten schon ein leichter Gruselfaktor. Wer der Todesengel ist, wird sofort offenbart.
Der Weg ist das Ziel und in diesem Fall die Frage, wie das Ermittlerteam um Franka Erdmann und Alpay Eloğlu denjenigen aus dem Verkehr ziehen wird.
Am Anfang begeistert mich die Story, die flott voranschreitet. Allerdings stagniert zwischenzeitlich der Ermittlungserfolg und ich finde am spannendsten tatsächlich nur die Tätersicht. Eine weitere Perspektive mischt mit, für mich ist sie eher ein erzählerischer Pausenfüller. Für das erfolgreiche Vorankommen der Story ist der Handlungsstrang meiner Meinung nach nicht notwendig, dennoch toll geschrieben und auch emotional berührend.
Hubertus Borck lässt gern den Zufall auftreten, was im Verlauf den Effekt der Unglaubwürdigkeit hervorruft. Leider ist ein Plottwist so offensichtlich angelegt, dass ich recht zügig die richtigen Schlüsse ziehe. Das schmälert das Finale in seiner Spannung.
Insgesamt gefällt mir „Die Klinik“ besser als Band 1 und auch der dritte Teil wird von mir noch gelesen werden.

Fazit:

Unterhaltungstechnisch ist „Die Klinik“ im gemütlicheren Krimigenre anzusiedeln. Pluspunkt ist definitiv die Thematik, bei der Weiterentwicklung fehlt es an Überraschungsmomenten. Insgesamt ist eine gute Unterhaltung garantiert.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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