Andreas Gruber ist unter den Thriller Autoren einer meiner Liebsten. Bisher hatte ich noch kein Buch von ihm, dass ich schlecht fand. Und obwohl von vorne rein klar war, dass „Rachefrühling“ auf jeden Fall gelesen wird, war ich durch die Lesung, die ich von ihm im September besucht habe, total angefixt.

In meiner Rezension „Rachefrühling“ von Andreas Gruber wird sich daher auch zeigen, ob sich meine Vorfreude in richtige Begeisterung wandeln konnte oder ob ich zum ersten Mal einen Flop aus seiner Feder gelesen habe.


 

Rachefrühling von Andreas Gruber
© Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Infos zum Buch
erschienen beim Goldmann Verlag
Veröffentlicht 13. September 2023
ca. 608 Seiten
Band 4 der Walter-Pulaski-Reihe
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Martin Kilian betreibt einen erfolgreichen True-Crime-Podcast. Dank seiner Recherchen wurden schon mehrere unschuldig Verurteilte wieder aus dem Gefängnis entlassen. Bis Kilian plötzlich selbst zum Verdächtigen wird: Bei dem grausamen Mord an der Wiener Chirurgin Dr. Rashid spricht alles gegen ihn. Verzweifelt wendet er sich an die renommierte Anwältin Evelyn Meyers, doch deren Nachforschungen gestalten sich komplizierter und gefährlicher, als anfangs gedacht. Und so bittet Evelyn den Leipziger Kommissar Walter Pulaski, der gerade in Wien Urlaub macht, um Hilfe. Anders als sie kann er inkognito ermitteln und stößt dabei auf ein unglaubliches Geheimnis …

© Klappentext: Goldmann Verlag

„Rachefrühling“ passt vom Erscheinungsbild zu den anderen Bänden, wenn ihr den Beginn der Reihe „Rachesommer“ nach 2018 gekauft habt. Denn „Rachesommer“ und „Racheherbst“ hatten ursprünglich andere Cover. Inhaltlich ist es jedoch egal, ob ihr die anderen Bände kennt oder nicht. Obwohl „Rachefrühling“ zu einer vierteiligen Reihe gehört, ist es dennoch unabhängig lesbar. Andreas Gruber hat sich viel Mühe gegeben, die Schnittstellen möglichst knapp zu halten und so für den Lesenden zusammenzufassen, dass „Rachefrühling“ auch herrlich als Stand-Alone-Thriller funktioniert.

In „Rachefrühling“ starte ich super. Es passiert zu Beginn noch nichts Grausiges, dennoch ist es sofort interessant. Der Dresdner LKA-Kommissar Walter Pulaski möchte Urlaub in Wien machen und Strafverteidigerin Evelyn Meyers hat sich als Reiseführerin angeboten. Beide kennen sich schon von verschiedenen Fällen, sodass der private Besuch längst überfällig ist. Doch bevor es mit dem wohlverdienten Urlaub für sowohl Evelyn als auch Pulaski losgehen kann, kommt ein interessanter Fall dazwischen. Der erfolgreiche True-Crime-Podcaster Martin Kilian steht im Verdacht, die Wiener Chirurgin Aleyna Al-Rashid ermordet zu haben.

„Rachefrühling“ spielt rund fünf Jahre nach den Ereignissen aus „Rachewinter“. Vieles hat sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt, dies ist stellenweise auch an den Protagonisten spürbar. Dennoch bleiben Evelyn und Pulaski charakterlich sympathische Gegensätze. Während Evelyn motiviert und menschennah ist, ist Pulaski ein wahrer Zyniker und oft ziemlich grummelig. Mit viel Köpfchen und dem richtigen Gespür stürzen sie sich in diesen Fall, der auf den ersten Blick recht einfach erscheint.

Bei Andreas Gruber ist aber nie irgendwas einfach und so glänzt dieser Thriller auch ganz klar mit seinem unfassbar feinabgestimmten Handlungsgerüst. Kein Detail ist zufällig eingebaut, alles hat eine Bedeutung und noch der kleinste Hinweis wird später einmal von großer Bedeutung sein. Für Fans von Andreas Gruber gibt es kleine Augenblicke mit bekannten Charakteren aus anderen Gruber-Universen, was mich begeistert.
Der Aufbau von „Rachefrühling“ zeichnet sich durch den Gegenwartsstrang, kurzen Rückblicken in vergangene Ereignisse und drei verschiedenen True-Crime-Podcasts-Folgen aus. Optisch ist dies immer klar gekennzeichnet, sodass ich nie die Orientierung im Thriller verliere.

Andreas Grubers lebendiger Schreibstil treibt mich mit seinem lockerleichten Erzählton und der richtigen Dosierung aus bildlicher Beschreibung zügig durch die Ereignisse. Ich will auf keinen Fall auch nur irgendwas verpassen und so entwickelt sich eine tolle Sogwirkung. Hinzukommt, dass ich eifrig mitrate, wer nun aus welchen Gründen die Chirurgin metzeln wollte. Dabei spielt der Autor gekonnt mit seinen präsentieren Tätern und ich falle doch jedes Mal auf seine kleinen Fallen herein.
Neben den sehr fesselnden Schilderungen der Ereignisse nimmt sich Herr Gruber auch Zeit und führt mich durch die verschiedenen Wiener Settings. Die lebendigen Dialoge runden das Leseerlebnis gekonnt ab.

Der Spannungsbogen in „Rachefrühling“ ist konsequent hoch begünstig durch viele überraschende Wendungen. Dabei spielt Andreas Gruber auch herrlich schön mit Klischees, besonders wenn es um die Einmischung eines Familienclans aus Saudi-Arabien geht. Dabei rutscht er aber nie in das jeweilige Klischee ab, was meine Freude an der Geschichte umso mehr steigert.
Die nervenaufreibende Story wird konsequent und schlüssig forciert. Dabei ist spürbar, wie alles auf den großen Showdown hinarbeitet. Begünstigt wird das Ganze durch die verschiedenen Perspektivwechsel, die das Geschehen dynamisch aus mehreren Blickwinkeln beleuchten.

Das Finale ist zum Nägelkauen aufregend. Ich fiebere mit jedem einzelnen Protagonisten mit und spüre selbst, wie mein Adrenalin ordentlich durch die Adern rauscht. Alles fügt sich zu einem schlüssigen und würdigen Ende zusammen. Die Rache-Reihe endet mit „Rachefrühling“ endgültig und obwohl der Abschied von den geliebten Charakteren für mich schmerzt, bin ich doch rund um zufrieden mit dem Abschluss.

Rachefrühling von Andreas Gruber
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine nervenaufreibende Jagd nach der Wahrheit. Wer lügt und warum, ist nicht leicht zu ermitteln und die grausamen Verbrechen sorgen für spannungsgeladene Lesestunden.

Lesen:

Wenn ihr rasante und schlüssige Thriller mögt, dann ist „Rachefrühling“ genau die Geschichte, die ihr unbedingt lesen solltet.

Weglegen:

Auf gar keinen Fall. Egal ob ihr die anderen Bücher der Reihe kennt, „Rachefrühling“ funktioniert super ohne Vorkenntnisse. Lasst euch den spannenden Thriller nicht entgehen, es sei denn, dass ihr keine Thriller lesen mögt.

Mal ehrlich:

Wahnsinn! Was für eine packende Story. Andreas Gruber hat mit „Rachefrühling“ einen würdigen Abschied von der Rache-Reihe geschrieben. Ein letztes Mal gehen Evelyn Meyers, Wiener Strafverteidigerin, und Walter Pulaski, Kommissar beim LKA Dresden, auf die Jagd nach der Wahrheit.
Das Hauptsetting ist dieses Mal Wien und dort steht nun ein bekannter True-Crime-Podcaster unter dringendem Mordverdacht. Die Indizien sprechen gegen ihn, doch er könnte ebenso gut hereingelegt worden sein.
Die Suche nach der Wahrheit ist unglaublich spannend, der Aufbau des Thrillers unglaublich klug und detailliert durchdacht. Der bildliche und fesselnde Schreibstil erweckt die Geschichte zum Leben, lässt die Interaktion und Handlungsweisen der Figuren durchweg schlüssig und plausibel erscheinen.
Eingestreuter bissiger Humor und auch das Spiel mit Klischees beherrscht Andreas Gruber wie kein Zweiter.
Die Handlungsstränge sind aufgeteilt in Gegenwart und Vergangenheit, die Perspektivwechsel ermöglichen einen Rundumblick auf die Geschehnisse. Interessant finde ich auch die Einblicke in die Arbeit von Chirurgen und die Sicht auf eine mögliche Mit- oder Unschuld bei einem Todesfall während oder durch eine Operation.
Der Showdown baut sich kontinuierlich auf und die packenden Wendungen sorgen für einen dauerhaft hohen Spannungsbogen. Das Finale ist nervenaufreibend und findet einen kongenialen Abschluss der Rache-Reihe.

Fazit:

Was für ein spannungsvoller Ritt durch die Wiener Gerichtsbarkeit und das Spiel mit der tödlichen Rache. „Rachefrühling“ hat seine Vorgänger definitiv getoppt und die Reihe zu einem perfekten Ende geführt. Volle Leseempfehlung!

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust die ganze Reihe kennenzulernen?
Dann empfehle ich euch zum Start:
Rachesommer von Andreas Gruber