Anfang des Jahres bin ich einem Thriller-Buch-Club beigetreten. Das besondere daran ist, dass dieser aus 24 Mitgliedern besteht und einmal im Monat jeweils zwei davon je ein Buch der Runde vorstellen. Alle Mitglieder stimmen ab, welches Buch sie lesen möchten oder aber, ob jemand aussetzen mag. Das Buch mit den meisten Stimmen wird im Folgemonat gemeinsam gelesen. Bisher habe ich aus diversen Gründen an den Leserunden nicht teilnehmen können. Bei „One of the Girls“ konnte ich jedoch endlich mal mit dabei sein und verrate euch:

In meiner Rezension „One of the Girls“ von Lucy Clarke, wie mir die Geschichte rund um den Junggesellinnenabschied mit den vielen Geheimnissen gefallen hat.


 

One of the Girls von Lucy Clarke
© Umschlaggestaltung: dtv nach einem Entwurf von Claire Ward

Infos zum Buch
erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Veröffentlicht 20. April 2023
Originaltitel One of the Girls
Übersetzt von Urban Hofstetter
ca. 432 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Sechs Frauen. Sechs Geheimnisse. Eine Leiche.

Es sollte der perfekte Kurzurlaub werden: Lexi reist mit fünf Freundinnen auf eine griechische Insel, um ihren Junggesellinnenabschied zu feiern. Von der abgelegenen Villa mit Meerblick bis hin zu den malerischen Tavernen und weiß getünchten Straßen scheint der Urlaub zu schön, um wahr zu sein. Und tatsächlich bekommt die Idylle bald Risse, denn abgesehen von ihrer Freundschaft mit Lexi haben die Frauen nur eines gemeinsam: Sie alle haben etwas zu verbergen. Nach und nach kommen versteckte Absichten ans Licht, Geheimnisse werden enthüllt und die Masken fallen – bis eine Leiche auf den Klippen unterhalb der Villa liegt…

© Klappentext: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

„One of the Girls“ startet gemütlich. Zu Beginn gibt es ein kleines kursivgedrucktes Kapitel, welches sich wie ein Tagebucheintrag liest und andeutet, dass auf den bevorstehenden Junggesellinnen-Kurzurlaub etwas Dramatisches passieren wird. Auch wird dies mit kleinen Details aufgewertet, die mich dazu animieren, während des Lesens immer mal wieder danach Ausschau zu halten, um herauszufinden, wer denn später als Leiche enden würde.
Diese kursivgedruckte Sequenz wird zwischendurch immer mal wieder eingestreut, stets mit neuem Inhalt und weiteren kleinen Hinweisen. Das erzeugt Spannung, die sonst aber für meinen Geschmack eher spärlich gesät ist.

Die Einführung der Charaktere finde ich smart. Alles passiert in der Ist-Situation und mit kleineren Rückblicken werden mir die sechs Hauptfiguren vorgestellt. Die Besonderheit ist, dass der personale Erzähler je Kapitel eine andere Frau in den Fokus rückt, sodass die wechselnden Perspektiven angenehm lesbar sind. Zudem ermöglicht der Erzähler einen Blick auf die Gefühls- und Gedankenwelt der sechs Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Obwohl sich Lucy Clarke viel Mühe gegeben und sich Zeit gelassen hat, die Charaktere bildlich darzustellen, so bleiben sie für mich farblos. Bis auf Bella, die mich mit ihrer Art unwahrscheinlich nervt, berührt mich keine Frau wirklich.
Generell braucht die Geschichte rund um „One of the Girls“ lange, um sich zu entfalten.

Lucy Clarke will möglichst viele Details zu ihren Charakteren unterbringen, was zwar einen tiefen Blick in die einzelne Figurenbildung ermöglicht, mich dennoch nicht erreicht. Auch das Geschehen plätschert fröhlich vor sich hin. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich was anderes erwartet habe. Es passiert nichts Schauerliches, es fließt kein Blut in Strömen, es eskaliert nichts in völlig dramatischen Szenen.
Stattdessen versuchen sich fünf Frauen, die sich teilweise noch gar nicht kennen, für die zukünftige Braut Lexi zusammenzureißen. Die kleinen Dramen unter den Frauen sind unterhaltsam und auch die Frage, wer verbirgt etwas, lockt mich zum Miträtseln. Aber unterm Strich ist es mir einfach zu wenig echte Spannung.

Die einzelnen Kapitel werden in unterschiedliche Wochentage untergliedert, sodass ich immer genau weiß, an welchem Tag die Ereignisse stattfinden. Mit jedem Tag, der vergeht, zieht die Geschichte rund um die sechs Damen etwas an. Immer mehr Geheimnisse werden angedeutet und kommen ans Licht. Immer wenn ich denke, ein gutes Gesamtbild zu haben, setzt eine neue Wendung ein, die es zerstört. Ach, es könnte so gut sein, wenn doch mehr passieren würde.
Sogar das unglaublich schön beschriebene Setting der kleinen griechischen Insel Aegos gefällt mir. Es weckt die Sehnsucht nach Urlaub, nach Sonne, Meer und Entspannung. Letzteres ist das Buch definitiv. Entspannend. Es ist beinahe beschaulich, wenn ich die kleinen Sticheleien unter den Frauen ignorieren würde.

Es braucht fast 300 Seiten, bis ich endlich auf meine Kosten komme. Die Spannung steigt sprungartig an, fesselt mich an die Handlung und ich kann es kaum erwarten, den Showdown zu erleben. Dieser kommt mit einer großen Überraschung, die mich kurzzeitig stutzen lässt. Könnte das wirklich so sein?
Ich will wissen, wie es endet und lege das Buch nicht mehr aus der Hand.
Das Ende wiederum enttäuscht mich. Es fegt das Adrenalin fort und katapultiert mich von 100 zurück auf gemütlich. Es ist nett gemacht, ja, aber ich hätte es zu meinem Leseglück nicht gebraucht.

One of the Girls von Lucy Clarke

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

„One of the Girls“ ist ein Spannungsroman, der Elemente von Desperate Housewives mit Cluedo verschmilzt und die Ereignisse im schönen Griechenland stattfinden lässt.

Lesen:

Vorsicht! Es handelt sich hierbei um keinen Thriller, was aufgrund des Marketings jedoch schnell so wirkt. Wenn euch das aber nicht stört und ihr Lust auf wechselnde Perspektiven, spannende Wendungen und Urlaubsfeeling mit Krimielementen und Lästereien habt, seid ihr bei „One of the Girls“ goldrichtig.

Weglegen:

Wenn ihr keine Lust auf Klatsch, Tratsch und Zickerrei habt und lieber einen schönen Thriller lesen wollt, solltet ihr euch für ein anderes Buch entscheiden.

Mal ehrlich:

„One of the Girls“ ist kein Thriller im klassischen Sinn, sondern eher Desperate Housewives trifft auf Cluedo. Eigentlich eine tolle Mischung, denn sechs unterschiedliche Frauen kommen zu einem Junggesellinnenabschied im schönen Griechenland zusammen. Sie alle tragen Geheimnisse mit sich herum, die niemand enthüllen soll und die doch Stück für Stück durch unglückliche Verkettungen ans Licht gezerrt werden. Und über allem steht die Vorahnung des Lesenden, dass am Ende etwas Furchtbares passiert. Und genau das ist der springende Punkt. Obwohl Lucy Clarke einen richtig tollen und einnehmenden Schreibstil hat, passiert mir einfach zu wenig. Knapp 300 Seiten lang warte ich auf den ganz großen Knall, auf die Spannung, die mich atemlos gefangen nimmt. Stattdessen gleicht „One of the Girls“ eher einer Charakterstudie. Wie gesagt, es lässt sich locker lesen und die überraschenden Wendungen gestalten die Geschichte interessant, aber mir fehlt es an Pfiff.
Die Geschichte wird aus sechs Perspektiven erzählt, die Gefühls- und Gedankenwelt ist schon recht interessant und es macht auch Spaß zu spekulieren, wer wen aus welchen Gründen anlügt, wem vielleicht was Schlimmes zustoßen könnte.
Auch das Setting ist einladend und die Beschreibung der griechischen Insel sendet entspannendes Urlaubsfeeling. Durchaus ein Wohlfühlroman mit kleinen Krimielementen. Meiner Meinung nach ein ideales Buddy-Read-Buch und in meinem Fall super um es in einer Leserunde zu diskutieren.
Es gelingt mir nicht, zu einer der sechs Frauen eine engere Bindung aufzubauen. Besonders furchtbar empfinde ich Bella, ihre Art ist mir zuwider. Trotzdem frage ich mich, was sie zu so einer Person hat werden lassen.
Erst auf den letzten 100 Seiten packt mich das Buch so richtig und ich will es ab dann auch nicht mehr aus der Hand legen. Der Showdown ist packend, doch das Ende hätte ich in der Form einfach nicht gebraucht.

Fazit:

Wer einen unterhaltsamen Spannungsroman mit sechs unterschiedlichen Frauen mit Urlaubsfeeling lesen möchte, wird hier gute Unterhaltung finden. Das Lüften der Geheimnisse sorgt für interessante Wendungen und ein flottes Lesen.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust auf einen Kriminalroman, der authentisch im Berlin des späten neunzehnten Jahrhunderts spielt?
Dann empfehle ich euch:
Felix Blom. Der Häftling aus Moabit von Alex Beer