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Auf Social Media kam ich an dem auffällig gekleideten Buch kaum vorbei. Ich fand die Idee hinter der Geschichte spannend, welches in mir interessante Gedankenspiele auslöste. Ein fremdes Leben käuflich erwerben, das klang für mich nach einem Roman, den ich gern lesen würde.

In meiner Rezension „Das gekaufte Leben“ von Tobias Sommer erzähle ich euch, wie mir das Buch gefallen hat und was ich beim Lesen empfunden habe

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar vom dtv Verlag erhalten
❧ Vielen Dank an Tobias Sommer für die Vermittlung
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Das gekaufte Leben von Tobias Sommer
© Umschlaggestaltung: buxdesign | Lisa Höfner

Infos zum Buch
erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Veröffentlicht 16. Februar 2022
ca. 336 Seiten
erhältlich als gebundenes Buch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Stell dir vor, du bekommst die einmalige Chance, das Leben eines anderen zu leben. Würdest du sie ergreifen? Clemens Freitag zögert nicht und tut genau das: Über das Internet ersteigert er sich ein neues Leben und übernimmt Haus, Job, Freunde und Hobbys eines anderen Mannes und zieht in die ostdeutsche Provinz. Freitag lebt sich schnell in sein neues Umfeld ein und ist zufrieden mit seiner Entscheidung. Doch nach und nach bröckelt die Fassade der scheinbaren Idylle und es geschehen mysteriöse Dinge – bis Freitag auch noch erfährt, dass vor einiger Zeit ein menschlicher Finger aus dem Dorfsee gefischt wurde.

Denn du kannst vielleicht ein neues Leben kaufen, doch die Taten deines Vorgängers finden immer einen Weg zu dir zurück …

© Klappentext: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

„Das gekaufte Leben“ mit seinem knalligen Cover war schon ein echter Hingucker und eine Garantie dafür, dass ich mehr über den Inhalt wissen wollte. Mir gefiel die Idee, dass sich jemand ein fremdes Leben kaufen kann, von dem die Person meint, dass es so viel erstrebenswerter als das eigene Leben ist. Doch ist das tatsächlich so?

Clemens Freitag, typischer Antiheld, wird es in „das gekaufte Leben“ selber herausfinden. Denn er ist auf ganzer Linie gnadenlos gescheitert. Verschuldet mit einem verhassten Job im Schlepptau, kaum Freunde und dem ständig schlechten Gewissen seiner verstorbenen Eltern gegenüber, wandelt Freitag lust- und motivationslos durchs Leben. Klar, dass dann eine außergewöhnliche Anzeige sein Interesse weckt. Wie wäre es, sich ein komplettes neues Leben zu ersteigern? Mit allem, was der vorherige Besitzer des Lebens zu bieten hat? Freitag zögert nur kurz, zu verlockend ist dieses Angebot.

So startete ich gemütlich in diese ungewöhnliche Geschichte. Freitag war ein durchschnittlicher Losertyp, der völlig ziellos mit einem Haufen Problemen im Gepäck manchmal ziemlich verpeilt wirkte. Zudem hing Freitag emotional oft in der Vergangenheit fest, der frühe Verlust seiner Eltern hatte er bis zum heutigen Tage nie verkraftet. Hier spielte Tobias Sommer schon mit meiner Neugierde, denn er verriet nie wirklich, was genau vorgefallen war und warum Freitag so aus dem Tritt kam.

Der ruhige Plauderton des auktorialen Erzählers ließ mich in dem Moment an Freitags Leben teilhaben, als dieser beschloss, sich ein neues Leben zu ersteigern. Da der Fokus ausschließlich auf dem Protagonisten lag, lernte ich nicht nur ihn kennen, sondern stolperte gemeinsam mit Freitag in sein neues, ersteigertes Leben. Dies ermöglichte mir, seine Emotionen nachvollziehen zu können, aber nicht immer seine Gedanken und Handlungen. In manchen Situationen reagierte er so überraschend anders, dass ich zwischen erstaunen und Kopf schütteln schwankte. Das machte aber durchaus den Reiz von „das andere Leben“ aus, denn es brachte einen realistischen Charakter in die Erzählung.
Freitags Entwicklung fand ich faszinierend. Dadurch, dass ich quasi zwei Leben, nämlich das von Clemens Freitag und das von Götz Dammwald, der seins an Freitag verkaufte, gleichzeitig kennenlernte, gelang es Tobias Sommer, den Charakter Freitags voll aufzufächern. Das machte seine Entfaltung glaubhaft und logisch nachvollziehbar.

Die Kapitel waren in Wochentage unterteilt, sodass ich pro Abschnitt einen Tag an Freitags Seite verbrachte. Der eingängige, unaufgeregte und flüssige Schreibstil führte mich lockerleicht durch die Handlungen, wobei ich manchmal den Eindruck von einer gewissen Distanz zum Protagonisten spürte. Das war per se nicht schlecht, aber ich konnte an manchen Stellen nicht so mitfiebern und hatte dann das Gefühl mehr Zuschauerin zu sein. So ertappte ich mich dabei, dass mich die Szenerie an die Truman-Show erinnerte. Dort wurde die Hauptfigur auch Tag und Nacht in seinem Leben begleitet. Und dennoch, „das gekaufte Leben“ war ganz anders. Während es innerhalb der Kapitel beinahe schon gemütlich zuging, stieg gegen Ende eines jeden Abschnitts die Spannung ordentlich an. Ich konnte erahnen, dass nicht alles so herrlich war, wie es sich Freitag gerne ausmalte. Etwas Bedrohliches lag in der Luft, was weder ich noch der Protagonist richtig greifen konnten. Ich hatte keine Idee, wohin das Ganze uns führen würde, ich wusste nur, dass ich unbedingt wissen wollte, wie alles enden würde.

Nach etwa dreiviertel des Buches war die Spannung kaum noch auszuhalten. Ich war zwischenzeitlich genauso verwirrt wie Freitag. Was ist real? Was Lüge? Es war gar nicht so einfach hinter das Geflecht zuschauen und das Ende hatte mich wahrlich überrascht. „Das gekaufte Leben“ hatte zum Schluss den Charakter eines Psychothrillers. Bei mir hallte die Geschichte nach dem Schließen des Buches noch lange nach, da mich dieses Gedankenspiel zum Nachdenken anregte.

Das gekaufte Leben von Tobias Sommer
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine ungewöhnliche und unaufgeregte Story über einen Antihelden, der die Chance auf ein neues, sorgenfreies Leben mit allen Konsequenzen nutzen möchte.

Lesen:

Wenn ihr Lust auf einen Roman habt, der mit einer ungewöhnlichen Grundidee und einer trügerisch gemütlichen Atmosphäre zu unterhalten weiß.

Weglegen:

Wenn ihr beim Lesen Action und Nervenkitzel benötigt.

Mal ehrlich:

„Das gekaufte Leben“ von Tobias Sommer lebte vom alltäglichen Schein und Sein und der Macht der eigenen rosaroten Fantasie. Denn für Clemens Freitag, der sich selbst als Loser sieht, verschuldet ist und nichts auf die Reihe bekommt, winkt das ganz große Glück. Das Leben eines anderen mit allem, was er an materiellen Dingen inklusive super Job besitzt. Volltreffer. Und ab geht es nach Zaun, dass keiner kennt und in der ostdeutschen Provinz ein dörfliches Leben für ihn mit dem typischen Alltagsgeschehen bereithält.
Und so trudelte ich in einem scheinbar behaglichen Ambiente mit Freitag durch sein neues Leben. Entdeckte mit ihm die Vorzüge der glücklichen Existenz eines Mannes, der offensichtlich alles hatte. Ein schickes Haus, ein Boot, einen erfüllenden Job, Freunde, ein tolles Hobby und allseits beliebt. Doch wir alle wissen, dass der Schein oft größer sein kann als das Sein. Eine Lektion, die Freitag auf unbequeme Art lernen muss, denn es schlichen sich immer wieder mysteriöse Momente in die Beschaulichkeit, die meine Neugierde ständig am Brennen hielt.
Wo sollte das alles hinführen? Ich hatte nie auch nur einen Hauch einer Ahnung und besonders im letzten Drittel des Buches kam ich von den Ereignissen nicht mehr los. Was als gemütlicher Roman begann, entpuppte sich zu einem Werk, das auch als Psychothriller der besonderen Art hätte durchgehen können.
Das hier war nicht einfach eine Geschichte, die ich konsumierte, oh nein. Sie wirkte noch immer nach und hinterlässt die Frage: Was braucht es wirklich, um glücklich zu sein?

Fazit:

„Das gekaufte Leben“ konnte mich mit seiner rätselhaften Geschichte überraschen. Im Mittelpunkt ein Antiheld, der plötzlich die Chance und den Willen hat, sein Leben zu verändern. Spannend, unterhaltsam und nachdenklich stimmend.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust auf eine sehr tiefschichtige Geschichte, die verschiedenste Facetten anspricht?
Dann empfehle ich euch:
Das Lied der Wölfe von Rena Fischer