An „Perfect Day“ kam ich die letzte Zeit besonders auf den Social-Media-Kanälen nicht mehr vorbei. Gefühlt jede Person hatte das Buch schon gelesen und ich war neugierig geworden. Mir war das Glück hold, denn ich hatte mich auf Lovelybooks zu der dortigen Leserunde beworben und wurde gezogen.
In meiner Rezension „Perfect Day“ von Romy Hausmann gehe ich darauf ein, was mir gut gefallen hatte und was für mich nicht gelungen war.
© Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur GmbH
erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft
Veröffentlicht 12. Januar 2022
ca. 416 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
Klappentext
Meine kleine Prinzessin. So allein. Du zitterst ja, du armes Ding. Komm mit mir, hab‘ keine Angst. Bei mir bist du sicher. Ich bringe dich an einen geheimen Ort, mein Herz, aber vorher müssen wir hier im Wald noch ein paar rote Schleifen verteilen, schau …
Seit vierzehn Jahren verschwinden Mädchen im Alter zwischen sechs und zehn Jahren. Rote Schleifenbänder weisen der Polizei den Weg zu ihren Leichen. Vom Täter fehlt seit vierzehn Jahren jede Spur. Eines Abends wird der international renommierte Philosophieprofessor und Anthropologe Walter Lesniak im Beisein seiner Tochter Ann verhaftet. Die Anklage: zehn Morde an jungen Mädchen. „Professor Tod“ titelt die Boulevardpresse. Doch Ann wird die Unschuld ihres Vaters beweisen. Für sie und die LeserInnen beginnt eine Reise in die dunkelsten Räume der menschlichen Seele …
Von der Bestseller-Autorin Romy Hausmann sind weitere spannende Thriller bei dtv erschienen: »Liebes Kind« »Marta schläft«
© Klappentext: dtv Verlagsgesellschaft
Der Stil des Covers gefiel mir wirklich gut, er passte zu den anderen beiden Büchern von Romy Hausmann. Da jede ihrer Geschichten in sich abgeschlossen sind und auch keinerlei Berührungspunkte haben, könnt ihr bedenkenlos zu „Perfect Day“ greifen, wenn das Buch euch reizt.
Den Titel fand ich nicht ganz so gelungen, weil mir die Assoziation zum perfekten Tag auch nach dem Lesen nicht so recht glücken wollte. Ja, es gab schon Bezüge dazu, wobei einer besonders auf das Lied von Lou Reed gemünzt war. Aber das alles rechtfertigte für mich jedoch nicht die Vergabe des Titels.
Zu Beginn fand ich die wechselnden Erzählperspektiven und Zeitstrukturen verwirrend. Nicht immer war klar, wann sich welche Ereignisse zutrugen, was allerdings auch für eine rätselhafte Atmosphäre und übereifrige Spekulationen meinerseits sorgte. Im Verlauf der Geschichte ergaben die unterschiedlichen Perspektiven Sinn und es wurde spürbar, wie raffiniert hier Romy Hausmann mit ihrer Leserschaft spielte.
Hinzu kam ihr düster und geheimnisvoll wirkender Schreibstil, der gleichzeitig Informationen preisgab, aber auch viel verschleierte. Ständig hatte ich das Gefühl der Lösung nahe zu sein, nur um dann festzustellen, dass sich alles in eine ganz andere Richtung weiterentwickelte.
Es gab viele Plot Twists, die aber manchmal leider auch Klischees bedienten. Das fand ich schade, denn es war für meinen Geschmack völlig unnötig. Romy Hausmann gelang es auch so, durch ihren radikalen Schauplatzwechsel eine komplett neue und damit andere Atmosphäre zu erschaffen. Während ich erst noch die zutiefst verzweifelte Ann durch die pulsierende Stadt Berlin begleitete, landete ich plötzlich mit einer beinahe euphorischen Ann in einem abgeschiedenen, beinah idyllischen Dorf.
Dieser Bruch der Erzählung war kongenial.
In Berlin war Ann völlig am Ende. Ihr Vater saß in Untersuchungshaft, weil ihm die Morde an zehn kleinen Mädchen zur Last gelegt wurden. Völlig grundlos, findet Ann und ist auf der Suche nach jemanden, der ihr hilft, die Unschuld des Vaters zu beweisen. Doch das ist schwer, denn plötzlich wird sie von ihren Freunden und Bekannten wie eine Aussätzige behandelt. Anns Hilflosigkeit verwandelte sich schnell in blinden Aktionismus, der auch ihr aggressives Potenzial hier und da durchblitzen ließ.
Auf einmal war mir Ann nicht mehr so sympathisch, Misstrauen quetschte sich zwischen uns.
Dann kam der Wechsel des Schauplatzes und die Hoffnung griff um sich. Würde Ann hier beweisen können, dass sich die Strafverfolgungsbehörden geirrt hatten?
Ohne es so richtig zu merken, war ich tief in der Geschichte versunken. Jedem einzelnen Charakter war nicht zu trauen, sie alle hatten Geheimnisse, die nicht immer leicht zu durchschauen waren. Doch immer wieder schlichen sich Kleinigkeiten ein, die ich überzogen fand. Manche Zufälle wirkten schon arg konstruiert und mir fehlte das Vorstellungsvermögen, ob sich so was im wahren Leben wirklich so zutragen würde.
Was ich aber genial fand, war die Tatsache, dass Romy Hausmann von Anfang an mit offenen Karten spielte. Die Hinweise waren alle schon früh da, um sie richtig zu interpretieren. Doch ich habe begierig die ausgelegten Krümel aufgesammelt und war fleißig in die ausgelegten Fallen getapst.
Am Ende fügte sich fast alles schlüssig zusammen, was „Perfect Day“ zu einem runden Abschluss half.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine zutiefst verzweifelte Protagonistin, die unbedingt auf eigene Faust die Unschuld ihres Vaters beweisen will und der dabei fast jedes Mittel recht ist.
Lesen:
Wenn ihr wendungsreiche und verworren wirkende Thriller mögt.
Weglegen:
Wenn zu viele Perspektivwechsel und unterschiedliche Schriftarten euch verwirren.
Mal ehrlich:
Eigentlich hatte „Perfect Day“ alles, was einen spannenden Thriller ausmacht: eine packende Mischung aus Drama, privaten Ermittlungen, Tragödie, Liebe und natürlich eine fesselnde Atmosphäre mit lebendigen Charakteren sowie reichlich unerwartete Wendungen. Auch die Kernidee, hinter der Story, nämlich mal die Angehörigen eines mutmaßlichen Täters in den Fokus zu rücken und aufzuzeigen, wie sehr auch sie leiden, fand ich grandios. Doch leider konnte mich das Buch nicht auf voller Länge begeistern.
Zu oft kam der Zufall zu Besuch, der manchmal auch recht überzogen und damit unglaubwürdig wirkte. Dann bediente Romy Hausmann auch gern mal das ein oder andere Klischee, was ich schade und unnötig empfand. Besonders jedoch fehlte mir eine ganz entscheidende Information, die mir Anns Verhalten schlüssiger präsentiert hätte. So empfand ich Ann als eine sehr wankelmütige Person, die zwischenzeitlich haarscharf an Geistesgestörtheit vorbei schrammte und sich Anns Verzweiflung für mich manchmal wie Besessenheit anfühlte. So kam es, dass mir Ann nicht durchgängig sympathisch war.
Der Aufbau des Buches war schlau, durchdacht und die Schauplätze anschaulich beschrieben. Der Schreibstil blieb durchgängig flüssig und ich mochte insgesamt das gut ausgearbeitete Spiel mit den menschlichen Abgründen.
Attraktiv gelöst empfand ich die Zusammenführung der unterschiedlichen Perspektivwechsel und Zeitebenen, die am Ende ein schlüssiges Gesamtbild ergaben und die Erkenntnis, dass ich das Ganze schon zu Beginn des Buches hätte durchschauen können, wenn ich aufmerksamer gewesen wäre.
Fazit:
Ein interessanter Thriller mit reichlich überraschenden Handlungswenden, die jedoch häufig von unglaublichen Zufällen begleitet wurden. Für alle, die gern Thriller mit Fokus auf psychisch basierten Emotionen und Beweggründen lesen.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen auf den punktgenau erzählten Thriller mit vielen Geheimnissen und extrem viel Spannung?
Dann empfehle ich euch:
Glaube mir von Alice Feeney
Liebe Mo,
ich bin sehr gerne in einer Geschichte drin und gefangen. Was ich nur schwer ertrage ist eine langwierige und verworrene gestaltete Startphase.
Aber schön, wenn Du dann doch noch den Weg gefunden hast. Allerdings klingen unglaubliche Zufälle dann doch gerne schnell konstruiert.
Liebe Grüße, Katja
Liebe Katja,
es ist ja immer so ein bisschen Geschmackssache und auch das eigene Empfinden, wie gut einem der Start in die Geschichte gelingt. Bei mir hat es etwas gedauert und das was ich als unglaubliche Zufälle empfand, fanden andere in der Leserunde genau richtig.
Liebe Grüße
Mo