Bei diesem Buch sprach mich sofort der Titel an. Er klang so herrlich normal und vermittelte mir schon jetzt eine wichtige Botschaft und mein Gedanke war, dass dieses Jugendbuch bestimmt später auch etwas für meinen Lesejunior sein würde. Neugierig geworden las ich mir den Klappentext durch und war mir endgültig sicher, dass ich diese Geschichte lesen will.
In meiner Rezension zu
„Das Camp der Unbegabten“ von Boris Koch
geht es nicht nur darum, wie mir diese Story gefallen hat, sondern auch, was ich daraus für mich mitnehmen konnte.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: Formlabor
erschienen beim Thienemann Verlag
Veröffentlicht 16. März 2021
Empfohlenes Lesealter: ab 12 Jahre
ca. 320 Seiten
erhältlich als gebundenes Buch und eBook
Klappentext
17 Meter 42 – so hoch ist die Brücke über dem Fluss, von der Bjarne und sein bester Freund Luca springen, Bjarne hat schließlich extra mit dem Senkblei seines Vaters nachgemessen. Lebensmüde sind die beiden nicht, der Sprung war trotzdem eine Scheißidee, denn Bjarne bricht sich den Fuß. Dabei wollte er doch nur fliegen, schließlich würde er einfach alles dafür tun, dass sich bei ihm endlich eine übernatürliche Begabung zeigt. Stattdessen wird sie plötzlich bei Luca festgestellt. Während der nun in der Welt der „Superhelden“ lebt, landet Bjarne im Sommercamp für Unbegabte. Und da geht der Ärger erst richtig los!
© Klappentext: Thienemann Verlag
Der Start in die Geschichte war angenehm und startete auch gleich mit einem riskanten Vorhaben. Bjarne und sein bester Freund Luca stehen auf einer Brücke und wollen in den Abgrund springen. Damit auch nichts passiert, außer die Begabung im Inneren zu wecken, hatte Bjarne im Vorfeld die Höhe und die Tiefe des Wassers mit einem Senkblei ausgemessen. Denn seit einigen Jahren gab es immer mal wieder Jugendliche, die aus ungeklärten Gründen plötzlich besondere Fähigkeiten entwickelten. Alles ist möglich, vom Atmen unter Wasser bis hin mit bloßen Händen Nägel in die Wand zu schlagen.
Und auch Bjarne hat den Traum von einer Begabung: Fliegen. Sein sehnlichster Wunsch. Um diesen zu entwickeln, versucht er wirklich alles, auch wenn es bedeutet, von einer Brücke springen zu müssen.
Ich mochte die Umsetzung des Kernthemas. Auch oder gerade, weil sie mithilfe von Fantastik vermittelt wurde. Doch die Botschaft kam an und ich persönlich fand sie sehr wichtig. Du bist kein Mensch zweiter Klasse, nur weil du keine besondere Fähigkeit hast.
Um diese Kernaussage wurde eine unterhaltsame und spannende Geschichte mit reichlich Wiedererkennungswert gestrickt. Dies gelang Boris Koch besonders durch seine unterschiedlichen Charaktere. Sie eigneten sich perfekt dazu, um sich mit ihnen identifizieren zu können. Sei es als Eltern oder als junger Mensch.
Protagonist und strahlender Antiheld der Geschichte war der 14-jährige Bjarne. Sein Traum vom Fliegen beeindruckte mich, denn er war absolut willensstark, dieses Ziel zu erreichen. Dafür war ihm kein Versuch zu gefährlich. Trotzdem war Bjarne alles andere als naiv. Er war so klug, alles zu hinterfragen und genaustens zu prüfen. Während seine Mutter zum Beispiel eifrig die Theorie verfolgte, dass einfarbiges Essen die Begabung am Schnellsten zutage fördern konnte, fragte sich Bjarne, ob das nicht nur bloßer Quatsch wäre. Gut, er versuchte es dennoch, schließlich sollte keine Chance ungenutzt bleiben.
Obwohl Bjarne nur wenig Freunde hatte, war er ein sehr loyaler und treuer Charakter. Er missgönnte seinem besten Freund Luca die plötzliche Begabung nur marginal. Dies war auch relativ schnell abgehandelt, das Gefühl, denn für Bjarne stand fest, dass er Luca immer unterstützen würde. Die Freundschaft der beiden Jugendlichen war tief und glaubwürdig. Und wie in jeder guten Freundschaft gab es einige Untiefen zu umschiffen.
Der Handlungsaufbau war schön klar. Im Grunde gab es nur einen Handlungsstrang, der jedoch glaubwürdig mit logischer Kontinuierlichkeit und mit viel Dynamik weiterentwickelt wurde. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand immer Bjarne, dessen Geschichte vom personalen Erzähler geschildert wurde. Durch diesen speziellen Fokus auf Bjarne erlebte ich nicht nur seine weitere Entwicklung hautnah mit, nein, ich durfte auch dabei sein, wie auch dessen Eltern und Freunde Fortschritte machten.
Möglich machte dies der Schreibstil von Boris Koch. Er verstand es mit reichlichen humordurchtränkten Anspielungen ein Szenario zu entwerfen, wo Begabte statt zu Superhelden zu begehrten Medienstars wurden. Mit einem guten Gespür fürs Detail imitierte Boris Koch die Interaktion von Jugendlichen auf Social-Mediaplattformen mit anderen Followern, sowie Hatern ihrer persönlichen Stars. Damit ließ er mich an vorderster Front an der aktuellen Stimmungslage teilhaben.
Gleichzeitig blieb er mit seinem flüssigen Schreibstil immer dicht an Bjarne dran und zeigte, wie belastend der Druck sein kann, seinem Idol und Traum nachzueifern.
Besonders mochte ich, dass der Schreibstil trotz seiner lustig leichten Art an den richtigen Stellen immer mit der nötigen Ernsthaftigkeit daherkam.
Die Erzählungen waren insgesamt ziemlich rasant und hatten für mich nie Längen, obwohl es eine wechselnde Spannungsdynamik gab. Nicht immer war alles superaufregend, es gab auch zwischendurch ruhige Töne, um runterzukommen.
Ich mochte die Vielschichtigkeit sehr, denn hier ging es um tiefe Freundschaft, erstes Verliebtsein, Selbstbewusstsein und die Tatsache, dass du keine Begabung brauchst, um ein Held zu sein. Zwischendrin der mediale Hype um die Begabungen und den Leistungsdruck, den sich die Jugendlichen nicht nur selber machten. Auch ihre Eltern mischten kräftig mit, weil sie ihre Sprösslinge auch gern in der Liga der oberen zehntausend sehen wollten.
Dies alles mengte Boris Koch zu einem lustigen Potpourri zusammen, der jedoch nie die Botschaft aus den Augen verlor.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine fantastische Welt mit authentischen Nöten der einzelnen Figuren, die trotz Tiefsinnigkeit mit Leichtigkeit und einer guten Portion Humor erzählt wird.
Lesen:
Dieses Buch ist sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene empfehlenswert. Je nach Blickpunkt hält dieses Buch ganz besondere Erkenntnisse parat.
Weglegen:
Wer mit Fantastik nicht warm wird, könnte Schwierigkeiten mit dem Phänomen der „Begabung“ haben. Sie ist aber nur minimal vertreten. Meine Empfehlung: Vorher die Leseprobe lesen, ehe ihr euch gegen das Buch entscheidet.
Mal ehrlich:
Habt ihr euch mal etwas so inbrünstig gewünscht, dass ihr dafür alles möglich probiert habt, um euch diesen Wunsch zu erfüllen? Bjarne definitiv. Sein größter Traum ist es, fliegen zu können. Und dafür fordert er sein Glück mächtig heraus. Er stürzt sich von einer Brücke, was eine saublöde Idee war, denn statt der Fähigkeit des Fliegens in ihm zu wecken, bricht er sich den Fuß. Dafür erwacht in seinem besten Kumpel Luca eine Begabung. Nun wird er zum gefeierten Star und darf mit anderen Begabten auf eine ganz besondere Eliteschule. Zurück bleibt Bjarne. Aber aufgeben ist keine Option für ihn und so stürzt er von einem waghalsigen Manöver ins Nächste. Das bringt ihn einen Haufen Ärger ein und schlussendlich einen Aufenthalt im Camp der Unbegabten.
Dieses Jugendbuch wurde von Boris Koch mit einer unglaublich schönen Lockerheit erzählt. Obwohl hier eine Menge Humor mit dabei war, flatterten auch wichtige Themen durch die Geschichte. Mit viel Gespür für die leisen Töne der zwischenmenschlichen Kommunikation skizzierte Boris Koch schonungslos Eltern, die gerne ihre eigenen Träume auf ihre Kinder projizieren, es aber nie selbst zugeben würden.
Aber er fing auch perfekt die Jugendlichen selbst ein. Ihre Träume, Sorgen sowie Nöte und ihr Umgang miteinander. Besonders hervorstachen hier die Interaktionen auf Social-Media-Kanälen.
Mich konnte dieses Buch auf unterschiedlichen Ebenen berühren und überzeugte durch seine humorvoll geschriebene Art.
Fazit:
Ein toll durchdachtes Jugendbuch mit vielen wichtigen Aussagen und Lektionen, die jedoch so augenzwinkernd verpackt wurden, dass es nie beschwerlich oder belehrend wirkte. Ein humorvolles und spannendes Antihelden Abenteuer.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf ein aufregendes Abenteuer mit Rätselspaß?
Dann empfehle ich euch:
Das Vermächtnis des Erfinders von Jens I. Wagner
Humor ist wichtig bei den schwierigen Themen des Heranwachsen.
Dennoch muss die Aussage passen und muss gleichzeitig immer die intrinsische Motivation packen und starten, scheint ja hier zu gelingen.
Lieber Manuel,
persönlich denke ich, dass es dem Autor ausgezeichnet geglückt ist. Aber ich bin auch nicht mehr die eigentliche Zielgruppe ;).
Liebe Grüße
Mo
Hi Mo,
dieses Buch klingt nach genau dem richtigen Buch für mich.
Klar ich bin keine 14 mehr und weiß das ich nicht plötzlich eine Begabung erlangen werde, doch diese Begabungen stehen ja für so viel mehr.
Ich bin sehr gespannt wie es zu dem Fußbruch beim Sprung von einer Brücke gekommen ist und welche waghalsigen Versuche Bjarne noch so unternommen hat.
LG
Stephan
Lieber Stephan,
das hast du schön gesagt. Ja, die Begabungen sind nur ein Synonym für ein anderes „Problem“. Ich bin sehr gespannt, wie dir das Buch gefallen wird.
Liebe Grüße
Mo
Dieses Buch sollten vielleicht auch Eltern lesen? Ich beobachte in meiner direkten Umgebung auch solche Eltern, die ihre Wünsche auf die Kinder projizieren, aber im gleichen Atemzug behaupten, es sei nicht der Fall. Wie werden solche Jugendliche mit diesem Druck fertig? Tolle Rezension von Dir. Gerne gelesen. LG Marion
Liebe Marion,
eben das meinte ich ja damit, dass es immer auf den Leser selber ankommt, was er von dieser Geschichte mitnimmt. Ich fand beide Seite gut beleuchtet und ja, der Druck auf Jugendliche ist enorm. Sie machen sich ihn nicht nur selbst, sondern bekommen ihn auch von ihrer Umwelt.
Liebe Grüße
Mo
Liebe Mo,
Hach, fliegen können wäre ja ein Traum. ich finde den Ansatz generell ganz schön, weil es ja auch vermittelt, an sich zu glauben und zu träumen. Aber ob ich das so kindgerecht finde, wenn da einer von der Brücke springt – ich hoffe, das macht keiner nach.
Liebe Grüße von Miriam
Liebe Miriam,
diesen Gedanken hatte ich erst auch. Aber der Autor hat es wirklich gut umgesetzt und ich denke nicht, dass es zum Nachahmen einlädt. Bjarne war ja sehr umsichtig mit seiner Vorbereitung. Er wollte ja nicht Suizid begehen, sondern seine Begabung wecken. Außerdem stand die Aktion ja sinnbildlich für den Blödsinn, denen sich Jugendliche gern mal einfallen lassen, weil sie es für eine gute Idee halten.
Liebe Grüße
Mo
Liebe Mo,
oh, prima – jungen Menschen (und gern auch Erwachsenen) zu vermitteln, dass sie nichts besonderes können müssen, um besonders zu sein, ist so so wichtig. Toll, dass dieses Buch es auf humorvolle Weise schafft, diese Botschaft zu vermitteln.
Auch wenn ich mit der Fantastik nicht allzu viel anfangen kann, klingt es so, als sei diese im Buch eher unterschwellig präsent – deshalb würde ich den Buch dennoch eine Chance geben.
Herzlichen Gruß
Anja
Liebe Anja,
die Fantastik bezieht sich eher auf die Begabten und ihre Begabungen. Ansonsten ist alles sehr realistisch und wirklich gut umgesetzt. Es würde mich freuen, wenn du dem Buch eine Chance gibst.
Liebe Grüße
Mo
Wer hätte nicht gern eine tolle Begabung? Ich glaube, dass jeder in irgendetwas gut ist. Fliegen können muss unheimlich toll sein! Ich beobachte manchmal Vögel und begleite sie gedanklich, wie sie die Welt wohl in diesem Moment von oben sehen. Die Sache mit dem von der Brücke springen finde ich aber auch ein wenig fraglich! genau wie Miriam, dachte ich auch, dass dann hoffentlich keiner auf die Idee kommt!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
ich denke ja, dass wir alle eine Begabung haben ;). Aber natürlich nicht so etwas exklusives wie das Fliegen. Ich schaue Vögeln auch gern zu, es muss ein tolles Gefühl sein den Wind zwischen den Schwingen zu fühlen.
Nein, ich denke nicht, dass nach dem Lesen des Buches irgendjemand auf die glorreiche Idee kommt sich von der Brücke zu stürzen ;). Bjarne hatte ja auch nicht vor sich zu verletzen und alles ganz sauber geplant.
Liebe Grüße
Mo
Wer hat sich das eigentlich als Teenager nicht gewünscht? Übersinnliche Fähigkeiten! Die hätte och auch heute noch gerne. Das Buch klingt sehr interessant. Auch mit fast 40 mag ich gerne Jugendbücher. Und wenn Fanatasy im Spiel ist, gleich noch mehr!!
Liebe Tanja,
Geschichten interessiert es ja nicht wie alt ihr Leser ist 😉 Ich lese auch noch Kinderbücher, wenn mir der Sinn danach steht. Ist doch toll, wenn wir uns nicht zu alt für ein Buch fühlen.
Liebe Grüße
Mo
Hallo,
das Buch hört sich ja ganz nach meinem Geschmack an. Und man kann in jeden Alter diese Bücher lesen und die Fantasy freien lauf lassen. Das Cover hat aber auch was. Eine tolle Vorstellung.
Liebe Grüße
Julia
Danke, liebe Julia.
Das freut mich.
VG Mo