Leider oder zum Glück, das ist Ansichtssache, bin ich gegen gute Rezensionen auch nicht immun und so kam es, dass „Der Botaniker“ auf meiner Wunschliste landete. Der Kriminalroman durfte an Weihnachten 2023 als Geschenk bei mir einziehen. Zeit zu überprüfen, ob ich den guten Bewertungen zustimmen kann.

In meiner Rezension „Der Botaniker“ von M.W. Craven bekommt ihr eine klare Aussage, ob ich den Krimi empfehlen kann.

Der Botaniker von M.W. Craven
© Covergestaltung: SO YEAH DESIGN, Gabi Braun

Infos zum Buch
erschienen bei Droemer
Veröffentlicht 21. August 2023
Originaltitel The Botanist
Übersetzt von Marie-Luise Bezzenberger
ca. 560 Seiten
Band 5 der Reihe Washington Poe
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Getrocknete Blumen, Gedichte – und Gift: Wehe dem, der Post vom Botaniker erhält …

Der clevere Krimi des britischen Bestseller-Autors M.W. Craven begeistert mit einem Ermittler-Team voller Frauen-Power, gleich zwei scheinbar unlösbaren Rätseln und typisch englischem Humor.

Clever und hochspannend – ein Mystery-Meisterwerk

Er schickt seinen Opfern Gedichte und getrocknete Blumen, bevor er sie vergiftet – und er kann offenbar durch Wände gehen, denn selbst Polizeischutz rund um die Uhr kann ihn nicht stoppen. »Der Botaniker«, wie ihn die Presse nennt, hat bereits drei Opfer auf dem Gewissen und ein viertes ausgewählt.

Für DS Washington Poe von der NCA kommt der scheinbar unmögliche Fall zur Unzeit: Seine Freundin und Kollegin, die geniale Pathologin Estelle Doyle, wird verdächtigt, ihren Vater erschossen zu haben. Dieser Fall wiederum ist eindeutig, glaubt man den Spuren.

Zusammen mit seiner durchsetzungsfreudigen Chefin Stephanie Flynn und der brillanten, aber sozial inkompatiblen Analystin Tilly Bradshaw versucht Poe, zwei Rätsel zu lösen, die vermeintlich nichts miteinander zu tun haben.

© Klappentext: Droemer

„Der Botaniker“ macht es mir am Anfang nicht leicht. M.W. Craven strickt einen komplexen Handlungsaufbau, der mir schon auf den ersten dreißig Seiten mit drei völlig verschiedenen Schauplätzen und Szenarien die Aufwartung macht. Das bremst die sich flott entfaltende Spannung immer abrupt aus, da ich mich neu sortieren muss, damit ich im neuen Handlungsfaden ankommen kann. Dabei wirken manche Sätze sehr behäbig und umständlich formuliert, sodass meine Aufmerksamkeitsspanne dann auf ein kurzzeitiges Minimum sinkt.
Dafür hat M.W. Craven interessante Figuren erschaffen. Von ihren Charakterbildern unterscheiden sie sich stark, sie sind aber alle für mich sehr faszinierende Persönlichkeiten.

Sehr speziell ist das Ermittlerteam, in dessen Fokus DS Washington Poe und Analystin Tilly Bradschaw von der National Crime Agency stehen. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein, ergänzen sich aber perfekt. Besonders Tilly direkte und unverblümte Art ist unglaublich erfrischend. Gepaart mit Poes spitzen Sarkasmus gibt es etliche Schmunzler in „Der Botaniker“ für mich.
Beim Lesen kommt immer wieder das Gefühl in mir auf, dass ich die Tiefe der Beziehung zwischen Poe und Tilly nicht richtig greifen kann. Ständig habe ich den Eindruck, dass mir Informationen fehlen.
Nachdem ich ein bisschen recherchiert habe, weiß ich, dass „Der Botaniker“ tatsächlich schon der fünfte Band der Reihe um Washington Poe ist. Leider ist bislang nur „Der Botaniker“ auf Deutsch erschienen. Schade. Zwar kann der „Der Botaniker“ ohne Vorkenntnisse gut gelesen werden, aber mir fehlen schon die Hintergründe zur Entwicklung dieses einmaligen Teams.

Nachdem ich anfänglich leichte Probleme mit der raschen Abfolge der drei Handlungsstränge hatte, gibt sich das jedoch relativ schnell. Der personale Erzähler richtet seinen Fokus nun ausschließlich auf Poe und er fungiert als Bindeglied zwischen den präsentierten Fäden. Wie, das wird erst im Laufe der Geschichte richtig deutlich.
Leider habe ich öfter beim Lesen das Gefühl, dass mir auch inhaltlich Informationen fehlen. Dann hängt mich die Geschichte ab und ich bin ratlos, was der Autor mir erzählen wollte. Manchmal sind es offenbar regionale Bezüge, die ich nicht verstehen kann, da ich mich im Vereinten Königreich mit vielen Dingen nicht sehr gut auskenne. Ab und zu beschleicht mich das Gefühl, dass vielleicht die Übersetzung nicht ganz rund gelaufen ist.

M.W. Cravens Schreibstil ist flott, leicht verständlich und kommt mit wenig Stilmitteln aus. Ihm gelingt es, komplexe Szenarien zum Leben zu erwecken und durch die bildliche Erzählweise kann ich mich voll in die Geschichte fallen lassen. Interessanterweise spielt M.W. Craven gern mit der Erzählweise, die er hin und wieder völlig anderes strukturiert. Das bringt Dynamik in die Geschichte und macht sie dadurch lebendig. Durch den Blickwechsel auf die gesamte Story gibt es so einige Aha-Effekte.
Besonders die Morde finde ich spannend ausgestaltet. Das Wie ist eine entscheidende Frage, welche das Ermittlerteam klären muss. Ich selbst komme nicht auf die Lösung und finde die Tötungsart faszinierend, aber sehr perfide.
Das Finale ist stark, sowie raffiniert aufgesetzt und es bleiben keine Fragen offen.
„Der Botaniker“ erhält einen würdigen Abschluss und lässt mich zufrieden das Buch zuklappen.

Der Botaniker von M.W. Craven
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein spannender Kriminalroman mit Morden im geschlossenen Raum und einem speziellen, aber liebenswerten Ermittlerteam.

Lesen:

Wenn ihr Lust auf einen unterhaltsamen und spannenden Kriminalroman habt, dann kann ich euch „Der Botaniker“ empfehlen.

Weglegen:

Wenn ihr nicht gern mittendrin ein Reihenbuch lest und es euch trotz abgeschlossenen Fällen wichtig ist, die Entwicklung der Figuren nachzuvollziehen zu können.

Mal ehrlich:

„Der Botaniker“ bringt alles mit, was ein richtig guter Kriminalroman ausmacht. Zwei echte Locked-Room-Rätsel, packende Unterhaltung und ein Ermittlerteam, dass richtig Freude macht. Es könnte also ein richtiges Lesehighlight werden, wenn mich nicht ständig das Gefühl anfallen würde, dass ich nicht die nötigen Hintergrundinfos habe, um den Sachverhalt komplett zu begreifen. Das irritiert mich. Zum einen liegt es wohl daran, dass „Der Botaniker“ der fünfte Teil einer Reihe ist und nur dieser ins Deutsche übersetzt wurde. Schade. Denn so geht viel Wissen um die Persönlichkeits- und Teamentwicklung der Ermittler flöten. Zum anderen gibt es Andeutungen, die nur Menschen verstehen, die entweder in England leben oder sich bestens mit deren Gepflogenheiten und kulturellen Besonderheiten dort auskennen. Was ich nicht tue. Wobei ich den zweiten Teil vernachlässigen könnte. Aber gerade die Teamdynamik macht die Story aus und so vermisse ich schmerzlich das, was ich nicht weiß.
„Der Botaniker“ startet direkt mit drei Handlungssträngen, was den Anfang etwas schwer verdaulich macht. Doch dann wird es richtig packend, als der Fokus nur noch auf den ermittelnden Beamten Washington Poe liegt. Ich mag ihn, er ist ein interessanter Charakter und sein immer direkter und ehrlicher Sidekick Tilly ist die Kirsche auf der Sahnetorte.
Die Story liest sich flott weg, der Schreibstil ist herrlich bildlich und spart auch nicht die ekligen Szenen aus. Der Erzählbogen ist rund, alles wird am Ende schlüssig aufgeklärt und dank überraschenden Wendungen ist „Der Botaniker“ ein wirklich toller Kriminalroman.

Fazit:

Ein spannender Kriminalroman mit faszinierenden Morden im geschlossenen Raum. Abstriche in der B-Note schmälern etwas die Begeisterung für diese schön durchdachte Story und das herrlich verschrobene Ermittlerteam. Eine Leseempfehlung kann ich definitiv aussprechen.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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