2020 las ich den Debütroman „Asklepios“ von Charlotte Charonne und war insgesamt ganz angetan von dem Thriller. Der Schreibstil war stellenweise sehr malerisch gewesen und dennoch fühlte ich mich gut unterhalten. Daher war für mich klar, dass ich den neuen Fall von den Kommissaren Rubina Hiller und Simon Peick auch würde lesen wollen.
In meiner Rezension „Artemis“ von Charlotte Charonne lasse ich mein Leseempfinden Revue passieren.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Umschlaggestaltung: Annelie Lamers, edition krimi
erschienen bei edition krimi
Veröffentlicht 10. Februar 2022
ca. 433 Seiten
Band 2 der Reihe „Ruby und Spike“
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
© Klappentext: edition krimi
Im Gegensatz zu dem sehr spannenden und mitreißenden Einstieg in die Geschichte war das Cover sehr schlicht gehalten. Ich mochte das, denn es weckte in mir keine übertriebene Erwartungshaltung, sprach mich jedoch auf eine angenehme, unaufdringliche Art an. Genauso wie Charlotte Charonnes Schreibstil, der durch seine bildliche Art gleich am Anfang eine düstere, lebendige Szenerie erschuf und mich sofort in das Geschehen katapultierte. So liebe ich es in eine Geschichte zu starten und war auch ganz froh darum. Denn das Personenregister zu Beginn war schon ein kleiner Schock für mich. Hatte ich doch Angst, dass ich bei der Vielzahl an Figuren den Überblick verlieren könnte. Aber diese Sorge war gänzlich unbegründet, denn der Autorin gelang es spielend leicht, mir Charaktere zu präsentieren, die durch ihre Vielfältigkeit leicht auseinanderzuhalten waren.
Außerdem kannte ich schon ein paar Personen aus „Asklepios“, sodass sich besonders das Treffen mit den Mitarbeitern des Kriminalkommissariats 12 wie nach Hause kommen anfühlte. Besonders im Gedächtnis geblieben waren mir die Kommissare Rubina Hiller, genannt Ruby und Simon Peick, der auf den Spitznamen „Spike“ hört. Ich freute mich sehr darauf, mit den beiden wieder ermitteln zu können.
Die verschiedenen Schauplätze und Perspektivwechsel sorgten für Spannung und einen umfassenden Blick über die vielen Ereignisse. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Täter schon von Anfang an bekannt sind. Und so glaubte ich, dass ich immer den Überblick hatte und vieles schon wusste. Aber dem war nicht so, denn Charlotte Charonne verstand es sehr geschickt, meine Erwartungen auf der einen Seite zu erfüllen, mich aber durch unvorhergesehene Wendungen zu überraschen. Zudem wurde die Geschichte mit reichlich sozialkritischen Elementen angefüllt, die schonungslos die gesellschaftlichen Probleme und deren Doppelmoral zutage förderten. Da bekam die Selbstjustiz von der selbsternannten Artemis einen ganz anderen Beigeschmack und warf die Frage auf, welche Strafen wirklich gerecht sind.
Sehr positiv aufgefallen war mir, dass sich Charlotte Charonne schriftstellerisch weiterentwickelt hatte. Noch immer blitzen Vergleiche hervor, die mich zum Schmunzeln brachten, aber insgesamt schraubte sie die Verwendung von Metaphern herunter, sodass ich das Lesen als angenehm empfand. Der ganze Handlungsaufbau war klug durchdacht und der Autorin gelang es, eindrückliche Augenblicke zu erschaffen, die realistische Szenenbilder widerspiegelten. Besonders mochte ich, dass es Charlotte Charonne in „Artemis“ gelang, die Themenfelder rund um Fremdenhass, Missbrauch sowie psychischen Erkrankungen mit viel Feingefühl in diese Geschichte zu integrieren. Das verlieh der Erzählung tiefe, durch die personale Erzählperspektive, aber auch einen gewissen Abstand, der in manchen Punkten auch nötig gewesen war.
Ein wenig Ablenkung vom Geschehen brachten auch die Privatangelegenheiten von Ruby und Spike. Jedoch muss ich sagen, dass besonders Ruby in meiner Gunst einen empfindlichen Dämpfer erhielt. Sie wurde mir im Verlauf immer unsympathischer. Ihre unzufriedene Art, die regelmäßig in Ungerechtigkeiten ihren Mitmenschen gegenüber gipfelte, begann mich zu nerven. So wirkte Ruby dauerhaft mürrisch und viel zu streng. Was sie damit auch zum kompletten Gegenteil von Spike machte, der mit seiner einfühlsamen und umgänglichen Art ein echter Sunnyboy war. Ihn mochte ich besonders gern und sein persönliches Liebesdrama brachte Abwechslung in die düstere Grundstimmung.
Zum Glück entwickelten sich die Charaktere in „Artemis“ weiter und besonders Rubys Wandlung am Ende söhnte mich mit der Protagonistin aus.
Das Finale überraschte mich. Meine Idee vom Schluss des Buches war nicht grundsätzlich verkehrt, dennoch schaffte es die Autorin, Elemente hinzuzufügen, mit denen ich nie gerechnet hätte. Sie wirkten aber meiner Meinung nach stimmig und realistisch.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein Thriller, der sich mit unterschiedlichen Arten von Missbrauch auseinandersetzt und deren mögliche Folgen aufzeigt.
Lesen:
Wenn ihr Thriller mögt, wo die Täter von Beginn an bekannt sind.
Weglegen:
Vorsicht: Dieses Buch behandelt ungeschönt Themen von sexuellem Missbrauch bis hin zur Selbstjustiz. Wenn euch so etwas arg zusetzt und euch trotz Fiktion nicht mehr loslässt, greift bitte zu einem anderen Buch.
Mal ehrlich:
„Artemis“ war ein Thriller voller ernster Thematiken, die auf ihre Art schockierend und berührend waren und zum Nachdenken anregten. Kann Selbstjustiz gerecht sein, fragte ich mich, während ich Artemis bei ihrer Arbeit über die Schulter schaute. Kann eine Spiegelstrafe fair sein, um weitere gewaltvolle Übergriffe auf Frauen zu verhindern? Und was für Rädchen werden noch in Gang gesetzt, wenn abscheuliche Verbrechen verübt werden, die gesühnt werden wollen und am Ende Unschuldige treffen?
Diesen kritischen Fragen setzte sich „Artemis“ auf realistische Art und Weise auseinander. Die kurzen und knackigen Szenen- und Perspektivwechsel sorgten für spannungsvolle Unterhaltung. Obwohl Täter und Opfer immer für mich bekannt waren, wurde es nie langweilig. Unvorhergesehenes bewirkte, dass die Dramatik der einzelnen Ereignisse verschiedenste Emotionen in mir weckte.
Besonders positiv aufgefallen war mir, dass neben den Charakteren auch die Autorin selbst eine tolle Weiterentwicklung durch gemacht hatte. Ihr Schreibstil war sehr angenehm, nicht mehr so voller Metaphern wie bei „Asklepios“.
Ich fühlte mich durchgängig gut unterhalten, auch wenn mir Protagonistin Ruby irgendwann mit ihrer Art massiv auf die Nerven ging. Doch auch sie bewies, dass sie Ratschläge annehmen und umsetzten kann.
Das Ende überraschte mich, da ich fest davon ausging, die Lösung schon zu kennen. Der Kreis der Geschichte schloss sich und rundete für mich „Artemis“ gelungen ab.
Fazit:
Ein Thriller, der mehr durch seine leisen Töne unter die Haut zu kriechen vermag und sozialkritische Aspekte aufgreift, um sie zu einer spannenden Unterhaltung zu verweben.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen packenden Thriller,
der mit reichlichen Horrorelementen gewürzt wurde?
Dann empfehle ich euch:
Das Eulentor von Andreas Gruber
Ganz herzlichen Dank fürs Lesen und Teilen deiner Gedanken ?❤️
Ganz liebe Grüße,
Charlotte
Liebe Charlotte,
ich danke dir sehr herzlich für deinen Besuch. Es war mir eine Freude das Buch und seine Geschichte zu entdecken.
Liebe Grüße
Mo