Was war ich neugierig auf dieses Buch. Ich sah es durch Zufall bei einer Instagrambloggerin und war ganz angetan von Cover und Titel. Da sie einen Buddy-Read-Partner suchte, melde ich mich freiwillig und der Termin zum gemeinsamen Lesen war recht schnell gefunden.

In meiner Rezension
„Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“
von Graham Moore, wird meine Meinung ziemlich schonungslos ausfallen.


 

Der Mann, der Sherlock Holmes tötete von Graham Moore
© Cover: Thomas Krämer

Infos zum Buch
erschienen beim Eichborn Verlag
Veröffentlicht 31. März 2019
Originaltitel The Sherlockian.
Übersetzt von Kirsten Riesselmann
ca. 480 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch, gebundene Ausgabe und eBook
 

Klappentext

Arthur Conan Doyle tritt in die Fußstapfen seiner berühmtesten Figur Sherlock Holmes: Weil Scotland Yard keinen Anlass sieht, den Mord an einem augenscheinlich leichten Mädchen aufzuklären, macht er sich selbst auf die Suche nach dem Mörder. Er schleicht durch die dunklen Straßen des viktorianischen London und landet an Orten, die kein Gentleman betreten sollte. Etwa hundert Jahre später ist ein junger Sherlock-Fan in einen Mordfall verstrickt, bei dem Doyles verschwundenes Tagebuch und einige Fälle seines berühmten Detektivs eine wichtige Rolle spielen. Zwei Morde, zwei Amateurdetektive, zwei Welten – und ein großer Lesespaß!

© Klappentext: Eichborn Verlag

Am liebsten würde ich meine Rezension mit den Worten: „Was war das denn bitteschön?“ beginnen und mich dann nur darüber auslassen, wie furchtbar ich das Buch empfand. Aber das würde dem nicht ganz gerecht werden und so versuche ich doch eine gesittete und objektive Meinung zu verfassen.

Ja, optisch machte „Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ richtig was her. Ich habe das Buch noch mit dem alten Titelbild, was ich wesentlich ansprechender finde als das Neue. Auch der Titel lockte mich wie eine Sirene den Seefahrer und ich hatte richtig große Lust, in die Welt von Arthur Conan Doyle und den Fans von Sherlock Holmes einzutauchen.
Auch das Innenlayout des Buches war ein absoluter Hingucker. Im Buchdeckel vorne war eine Kartenübersicht von London des Jahres 1900 abgebildet, hinten von London 2010.
Jeder neue Kapitelanfang trug neben der entsprechenden Nummerierung das Konterfei Sherlock Holmes und hatte oftmals ein direktes Zitat aus einen von Doyles Geschichten. Dazu passend gab es noch entsprechende Kapiteltitel, unter dessen Thema die weiteren Erzählungen folgten.
Ich mochte das, weil im Zusammenhang mit der Verarbeitung des Gesamtwerkes ein hochwertiger Eindruck der Ausgabe entstand.

Der auktoriale Erzähler führte mich durch zwei Handlungsebenen. Einmal in eine historisch angelegte Fiktion mit Arthur Conan Doyle als Hauptfigur um 1900 und einmal ein rein fiktiver moderner Handlungsstrang, der 2010 spielen sollte und dessen Hauptakteur ein gewisser Harold White war. Dieser war frisch gebackenes Mitglied der Baker Street Irregulars. Ein Club, der sich den Sherlock-Holmes-Studien verschrieben hatte und wohl Wort für Wort die Geschichten sowie Abenteuer des berühmtesten Detektives auswendig konnten.

So weit, so gut. Das Drama nahm seinen Lauf in Form von Harold White, den ich von Anfang an nicht mochte. Er wirkte so schrecklich einfältig und mit seinem Gehabe, er sei der besste Detektiv nach Sherlock Holmes manchmal so grotesk dämlich, dass ich ihm nichts wirklich glaubhaft abnehmen konnte. Zudem wirkte dieser komplette Handlungsstrang völlig aus der Zeit gefallen. 2010 konnte ich darin nicht wiedererkennen, stattdessen verschwamm alles zu einem konturlosen Nichts. Zudem war diese Erzählebene anstrengend zu lesen. Besonders am Anfang gab es ein wahres Füllhorn an Informationen, die ich erst einmal verdauen musste. Es war zwar an sich nicht langweilig, ließ sich aber aufgrund von sehr vielen Fremdwörtern und hochgestochenen Formulierungen schwergängig lesen.
Im weiteren Verlauf geschahen einige ziemlich haarsträubende Ereignisse, die sich für mich nicht logisch nachvollziehen ließen. Insgesamt plätscherte die Jagd nach dem verlorenen Tagebuch des Arthur Conan Doyles an mir vorbei und ich fragte mich mehr als nur einmal, welchen Sinn dieser Handlungsstrang hatte.

Ganz anders erging es mir bei der Erzählebene mit Arthur Conan Doyle um 1900. Hach war das herrlich, den Schriftsteller mal näher kommen zu dürfen und allerhand über ihn zu erfahren. Der Erzählstil war leicht und locker angereichert mit historischen Details, die dem Ganzen Spannung und Lebendigkeit verliehen. Ich hatte hier richtig Freude, mochte den Erfinder Sherlock Holmes ganz gern, auch wenn mir seine Jammerei über den Ruhm seiner Figur manchmal schon auf die Nerven ging.
Besonderes Highlight war für mich Bram Stoker, der eigentlich nur eine Nebenfigur war. Aber ihn umgab eine Aura, die ich reizvoll fand und zu gern hätte ich mehr mit ihm und von seiner Interaktion gelesen.

Während ich also beim Lesen von einem Extrem ins Nächste schwankte, geriet bei Herrn Moore irgendwann was durcheinander. Plötzlich wurde Arthur Conan Doyle ein wirklich unausstehlicher Charakter und dieser erst so goldschimmernde Handlungsstrang wurde pechschwarz und plump. Was war da bloß los, hätte ich am liebsten gefragt. Zur Krönung der Verwirrung um die weitere unlogische Entwicklung der Ereignisse zauberte der Autor plötzlich noch den Toten Oscar Wilde aus dem Hut. Warum der jetzt plötzlich zu einem Gesprächsthema wurde, ich habe keine Ahnung.

Graham Moore liebte es mit seinem eloquenten Schreibstil, mit vielen Metaphern um sich zu schmeißen, wie Karnevalisten Süßigkeiten verteilen. Vielleicht sollte dies zur vollkommenen Untermalung seiner Szenenbilder dienen, mich begann es zu langweilen. Generell verkam für mein Empfinden die Geschichte zu einem Groschenroman. Vater Zufall war allgegenwärtig, das Ende vorhersehbar und generell alles irgendwie einen Tick zu drüber.
Grundsätzlich gefiel mir die Plotidee, aber die Umsetzung? Nein, danke. Das war leider nichts.

Der Mann, der Sherlock Holmes tötete von Graham Moore
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine Geschichte, die viele Details aus Sherlock Holmes Geschichten verrät und sich die Odyssee nach einem vermissten Tagebuch von Arthur Conan Doyle mit dessen Erlebnissen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem seltsamen erzählerischen Taumel vermengt.

Lesen:

Wenn ihr der totale Sherlock-Holmes-Fan seid und ihr einfach jedes Buch rund um den Meisterdetektiv besitzen möchtet.

Weglegen:

Ich sage es ja nur selten, wenn ihr was über oder mit Sherlock Holmes lesen möchtet, wählt bitte ein anderes Buch. Da aber Geschmäcker verschieden sind, rate ich dazu, bei Interesse vorher die Leseprobe zu konsultieren.

Mal ehrlich:

„Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ – was für ein reißerischer Titel. Versprach er doch Spannung und vor allem ein packendes Detektivabenteuer. Aber wie das mit Versprechungen eben manchmal so ist, gelegentlich verpuffen sie im Nichts. So auch hier. Dank Buddy-Read mit Maggie habe ich meine Motivation täglich zusammengekratzt, damit ich dieses Buch tatsächlich mal zu Ende lese.
Das Buch war nicht schlecht oder sterbenslangweilig, aber es war unheimlich schwerfällig und anstrengend zu lesen. Graham Moores Schreibstil empfand ich als wahnsinnig ermüdend, seine ausschweifende und bisweilen hoch gestochene Art zu erzählen, würgte die Spannungskurve regelmäßig ab. Hinzu kamen vorhersehbare Ereignisse, die mir zusätzlich die Freude an dem Buch raubte.
Es gab zwei Handlungsstränge, der eine sollte 2010 spielen, aber das kam atmosphärisch bei mir nie an. Ständig hatte ich das Gefühl, dass dieser irgendwie aus der Zeit gefallen wirkte. Die Figuren darin fand ich alle unsympathisch bis dämlich und ich konnte zu keinem eine Bindung aufbauen.
Der zweite Handlungsstrang spielte um 1900, hier war das viktorianische Zeitalter spürbar. Zumindest mochte ich Sir Arthur Conan Doyle bis etwa zur Hälfte des Buches, bis Graham Moore ihn in ein Scheusal verwandelte und ich mich fragte: Warum? Nur die Nebenfigur des Bram Stokers fiel spannender und reizvoller aus. Von ihm hätte ich tatsächlich gern mehr gelesen.

Fazit:

Kann man lesen, muss man aber nicht. Ist vielleicht etwas für die ganzen harten Sherlock-Holmes-Fans, mich konnte das Buch leider gar nicht begeistern.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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