Obwohl Fantasy nicht zu meinem Lieblingsgenre gehört, lese ich es hin und wieder ganz gerne mal. In diesem Fall zog mich eindeutig der Titel an. Er hatte so einen asiatischen Touch, was bei mir ja immer ein Auslöser für: Muss-ich-unbedingt-Lesen ist. Gut, die Geschichte hatte rein gar nichts mit Asien zu tun. Trotzdem war ich gespannt auf das Buch.
In meiner Rezension zu
„Der Sündenfesser: Shikhu“ von Loki Feilon
teile ich euch mit, ob es sich trotzdem für mich gelohnt hat, vom Titel angelockt zu werden.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: 2019 by Creativ Work Design, Homburg
erschienen beim Hybrid Verlag
Veröffentlicht 20. November 2019
ca. 404 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
Als Auftragsmörder hat Kain seine Berufung gefunden, doch der Preis dafür ist Einsamkeit –bis er eines Tages auf einen seltsamen Bibliothekar trifft. Kains Leben stürzt unwiederbringlich ins Chaos. Alte, blutige Erinnerungen treiben ihn immer tiefer in den Wahnsinn und fördern eine längst vergessene Prophezeiung zu Tage, die den Untergang der neuen Welt bedeuten könnte.
Kain beschließt, endlich nach dem Grund seiner rätselhaften Existenz zu suchen, doch ein mysteriöser Kult, Verrat und blutleere Leichen verwandeln seine Reise in ein tödliches Unterfangen.
© Klappentext: Hybrid Verlag
Zugegeben der „Sündenfresser Shikhu“ hatte es mir am Anfang wahrlich nicht leicht gemacht. Der Einstieg in die Geschichte war nicht langweilig, aber mit einer unglaublichen Detailfülle angereichert, dass für mich nur langsames Lesen möglich gewesen ist. Ständig hatte ich Sorge, dass mir irgendwelche wichtigen Kleinigkeiten entgehen würden. Hinzukamen reichlich Nebenfiguren mit teilweise detaillierten Beschreibungen und haufenweise Namen. An mancher Stelle war ich mir nicht sicher, ob ich mir das alles würde behalten müssen und es für den späteren Verlauf überhaupt relevant sein würde.
Hinzu kam eine sehr ausgefeilte Fantasy Welt mit fremden Bezeichnungen für Orte und anderen Gepflogenheiten.
Trotzdem gefiel mir diese doch recht düster gezeichnete Welt sehr gut. Die beschriebene Postapokalypse war sehr eindrücklich und die noch immer andauernden verheerenden Auswirkungen des Krieges rund 900 Jahre zu vor waren deutlich spürbar. Gleichzeitig bedrückend wie faszinierend. Auch wenn ich hier in einer Fantasy Welt mit Magie gelandet war, so hatte dieses Weltenkonstrukt doch stellenweise frappierende Ähnlichkeit mit unserem bekannten Diesseits. Das machte für mich die Geschichte greifbarer, ich fühlte mich ihr näher und wollte mehr wissen.
Der Fokus des auktorialen Erzählers lag komplett auf Kain, der für mich ein waschechter Antiheld gewesen ist. Sein Charakter wurde haargenau auf eine vielschichtige und tiefe Weise gezeichnet, dass er beim Lesen für mich zu einer durch und durch lebendigen Figur wurde. Kain war niemand, der ich gern selber wäre, und doch war mir dieser Meuchelmörder sympathisch. Vor allem seine ruppige Art und seine grobe Sprache verlieh dieser gedrückten, teilweise beinahe schwarzen Stimmung Pfiff. Mit ihm wurde es einfach nie langweilig. Meistens dann nicht, wenn noch Mercutio mit ins Spiel kam. Der als „schillerndste Diva von Mervha“ bezeichnete Mann, lockerte alles auf und war ein echter Stilbruch zu dieser düsteren Geschichte. Auch wenn seine Anwesenheit im Buch überschaubar war, wurde er zu einem lieb gewonnenen Charakter.
Mein heimlicher Star in diesem Buch war aber Cisco. Den Meisterdieb hatte ich beinahe sofort fest in mein Herz geschlossen und er war das perfekte Gegenstück zu Kain. Die Art, wie sich die beiden ergänzten, hatte beinahe schon etwas Liebendes an sich. Nicht, dass es in diesem Buch viel Liebe gegeben hätte. Oh nein. Eher gab es nur einen Hauch davon zu erahnen. Meistens floss Blut in allen möglichen Stärken und es gab reichliche Kämpfe auszufechten.
Der Aufbau der Geschichte gefiel mir. Es gab eingestreute Zeitsprünge in die Vergangenheit, die stets einen neuen Faden auswarfen, der irgendwie mit dem aktuellen oder zukünftigen Geschehen verknüpft werden würde. Manches erschloss sich gleich anderes, blieb nebulös und heizte die Spannung kräftig an.
Allerdings sorgte dies auch hin und wieder für Handlungssprünge. Auch hier war nicht immer gleich der Sinn dahinter sichtbar, aber dadurch wurde die Geschichte unglaublich komplex.
Der reine Fantasyanteil kam in dem Buch relativ spät richtig zum Vorschein. Klar, anfänglich wurde immer mal wieder auf die Besonderheiten dieser Welt hingewiesen, aber erst nach gut zwei Drittel des Buches ging es wirklich damit los. Und genau das war mein Glück. Nun steckte ich schon voller Faszination und Spannung mitten drin. Loki Feilon hatte mich also still und heimlich schon längst in ihren atmosphärisch dichten, sehr bildreichen und angenehm flüssigen Schreibstil eingewickelt, ehe mir der Fantasy Teil so richtig bewusst wurde. Nun hatte ich Feuer gefangen und wollte die Geschichte freiwillig nicht mehr verlassen.
Extrem gut gefallen hatte mir, dass an manchen Stellen ein eher abgehakter Erzählstil vorkam. Dabei intensivierte er die aktuelle Szenerie und machte die darin befindlichen Emotionen eindrucksvoller, mächtiger. Die Atmosphäre wurde dadurch beinah greifbar, was mich noch mehr in den Bann dieser Erzählung schlug.
Das offene Ende war irgendwie gemein. In meiner Blutbahn kribbelt die Neugier wie Blubberbläschen in einer Sektflasche. Ich muss unbedingt wissen, wie es mit den lieb gewonnenen Figuren weitergeht und ob es tatsächlich Hoffnung für diese finstere Welt gibt.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine düster-melancholische Welt trifft auf einen Antihelden, der von einer finsteren Leidenschaft fürs Töten beseelt plötzlich eine Entscheidung treffen muss, die Gutes hervorbringen oder Böses heraufbeschwören kann.
Lesen:
Wer gern in eine bedrückende und stellenweise furchteinflößende Atmosphäre eintauchen mag, der sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.
Weglegen:
Wenn ihr lieber Bücher mit helleren Tönen und vielen rosaroten Wolken lest, dann ist dieses Buch definitiv nichts für euch. Hier plätschert das Blut an allen Ecken und Enden aus offenen Wunden.
Mal ehrlich:
Der Einstieg in „Der Sündenfesser: Shikhu“ war nicht leicht für mich. Die vorgestellte postapokalyptische Welt war facettenreich, extrem düster und mit einer riesigen Bandbreite an Personen gespickt. Da wirbelten Namen vor meinen Augen, Orte, fremde Gepflogenheiten und Begriffe, wo mir bange wurde, ob ich wirklich mit dem Buch klarkommen würde.
Doch durch diese Ängste trug mich der sensationell gute Schreibstil von Loki Feilon und ihr Antiheld Kain. Gott, was war er doch für ein unglaublich barscher Kerl mit einer Zunge so scharf wie seine zwei Schwerter. Abgesehen davon, dass er ein Meuchelmörder war, der sein blutiges Handwerk exzellent verstand. Trotzdem, ich mochte diesen vielschichtigen Charakter sehr. Auch wenn Kain das jetzt blöd finden würde, aber er hellte diese bedrückende dunkele Atmosphäre auf. Brachte auf seine Art Leichtigkeit hinein und gespannt verfolgte ich seinen Handlungen, Emotionen und seinen wilden Rückblicken in eine teilweise sehr nebulöse Vergangenheit.
Generell hatten alle Figuren in dieser Welt einen an der Waffel, aber das machte sie auf ihre eigene Art liebenswert. Cisco, mein heimlicher Favorit, war das perfekte Gegenstück zu dem aufbrausenden Kain. Hach, wie gerne ich die beiden durch diese Ereignisse begleitete.
Überraschende Wendungen, jede Menge Gewalt und ganze Ströme von Blut sowie Magie von gut bis zutiefst böse fesselten mich an das Buch. Ich wollte die Geschichte nicht mehr verlassen, auch wenn ich beim Lesen eher einer Schnecke glich. Dieses Dark Fantasy Werk war nichts, was ich mal so nebenbei lesen konnte. Ich ließ es auf mich wirken, war verzaubert und will verflucht noch mal wissen, wie es weitergeht.
Fazit:
Eine dystopische Welt, die mich Stück für Stück in ihren Bann gezogen hatte und von einem Antihelden dominiert wurde, der mit seinem Charakter zu überzeugen wusste. Wer Dark Fantasy liebt, muss dieses Buch lesen.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf eine spannende Mystery und ungewöhnliche Abenteuergeschichte?
Dann empfehle ich euch:
Der Ether-Song von Samara Summer
Mich hat der Begriff „Sündenfresser“ schon immer fasziniert. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts glaubten viele Briten, dass das Sündenfressen den Verstorbenen den Zugang zum Himmel erleichtert. Im Moment ist die Welt für mich gerade düster und apokalyptisch genug, da würde ich ein solches Buch nicht lesen wollen.
Liebe Annette,
das kann ich gut verstehen. Wobei ich hier sagen muss, dass es doch eine andere Atmosphäre hatte als das, was wir aktuell erleben. Und beim Thema Sündenfresser kann das Buch auch gar nicht sonnig sein, finde ich.
Liebe Grüße
Mo