Im Sinne einer Religion bin ich nicht gläubig, aber ich interessiere mich dennoch für ihre Entstehung und auch für kulturelle Ereignisse. Bald steht Weihnachten vor der Tür und da hatten mich die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Tradition natürlich sehr gelockt.
In meiner Rezension zu “Von wegen Heilige Nacht!:
Der große Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte”
von Simone und Claudia Paganin erzähle ich euch,
ob es sich lohnt, das Buch zu lesen.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: Esther Lanfermann
erschienen beim Gütersloher Verlagshaus
Veröffentlicht 28. September 2020
Illustrationen von Esther Lanfermann
ca. 158 Seiten
erhältlich als brochiert und eBook
Klappentext
Kaum ein Ereignis hat die Welt so stark beeinflusst wie die Geburt Jesu. Aber: Was geschah damals eigentlich? Die Bibel erzählt Widersprüchliches. Wann Jesus geboren ist und wo das war, ist nicht so ganz deutlich. Auch andere Details sind höchst unklar: Wieso wurde Jesus als Heiland wahrgenommen? War seine Mutter wirklich Jungfrau? Und ihr Ehemann ein alter Knacker? Und was hat es mit den Engeln, Hirten und den drei Königen auf sich? Woher kamen Ochs und Esel und hat es in jener Nacht wirklich geschneit?
Bibelwissenschaftler haben viel geforscht, um Licht in das Dunkel der Heiligen Nacht zu bringen. Dieses Buch präsentiert die Ergebnisse. Sie sind ernüchternd und befreiend zugleich: Weihnachten war ganz anders und darf doch bleiben, was es ist. Ein faszinierendes Fest, das Kinderaugen zum Glänzen bringt und die Großen in den Bann seiner Botschaft schlägt.
© Klappentext: Gütersloher Verlagshaus
Auf dieses Buch habe ich mich wirklich gefreut. Denn das nicht alles genauso zugetragen haben konnte, wie es in der Weihnachtsgeschichte steht, war mir klar. Doch wie kam es zu dieser Erzählung? Dieser Frage ging das Autorenpaar mit reichlich geschichtlichem Kontext nach.
Gut gefiel mir, dass das Buch gefühlt chronologisch aufgebaut wurde und es sich pro Kapitel mit einer Kernfrage beziehungsweise Aussage befasste. Dabei beleuchten die beiden nicht nur was die Bibel an dieser Stelle verkündete, sondern sie blickten auch auf den geschichtlichen Kontext. Wie waren die Lebensumstände in der damaligen Zeit, welche gesicherten Erkenntnisse gibt es bislang? Daraus leiten sie ab, wie sich die Erzählungen zur bis heute bekannte Geschichte weiterentwickelten und erklärten teilweise auch, warum dies so geschah.
Ich persönlich fand das unheimlich interessant und der stellenweise leicht humoristisch ironisch angehauchte Schreibstil gefiel mir dazu besonders. Sie zogen die Schilderungen nicht ins lächerliche, sondern überspitzten manche Aussagen ein bisschen, damit deutlich wurde, warum sich daraus einige Behauptungen und falsche Vorstellungen manifestierten. Beispielsweise bei dem Punkt, dass König Herodes ein Kinderschlächter gewesen sei.
Die Kapitel hatten insgesamt eine angenehme Länge. Pro Abschnitt gab es einen passenden Titel und eine Illustration. Mitunter waren sie sehr aufwendig und es gab eine Menge zu entdecken. Andere Zeichnungen waren schlicht und aufs Nötigste reduziert. Für mich war das aber völlig okay, es ging mir ja um die historischen Zusammenhänge. Esther Lanfermann gelang es, mit ihren Illustrationen das Buch optisch aufzulockern und bildlich aufzuwerten.
Sehr gut dargestellt wurde meiner Meinung nach auch die Tatsache, dass wir Menschen aus der heutigen Zeit gar nicht die eigentlichen Empfänger für die Erzählungen der Bibel waren. Sondern sie eigens für unsere Vorfahren geschrieben wurde. Denn diese hatten ganz andere Bedürfnisse und Ansprüche an eine Biografie. Bei ihnen standen eher veranschaulichten moralischen Aspekte im Vordergrund und keine wissenschaftlich korrekten Lebensdaten, wie wir das heute so machen. Folglich ist es auch für uns nicht tragisch, dass Jesus wohl eher im Frühling und mitnichten in einem Stall zur Welt kam. Weihnachten ist doch so viel mehr als Ochs und Esel im Stall.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Von Simone und Claudia Paganini verständlich erklärte Forschungsergebnisse, die Bibelwissenschaftler rund um das Ereignis der Heiligen Nacht herausgefunden haben.
Lesen:
Wer sich für historische Details interessiert und der Frage nach gehen mag, weshalb manches eben doch anders erzählt wurde, als es in Wahrheit sein kann.
Weglegen:
Wenn es euch egal ist, wie die Weihnachtsgeschichte entstand. Wobei der Blick hinter die Kulissen sich wirklich lohnt.
Mal ehrlich:
Dieses Buch habe ich wirklich gern gelesen und war stellenweise auch richtig verblüfft über mache Forschungsergebnisse.
Mit einfachen Worten ging das Autorenpaar dem Wahrheitsgehalt der Weihnachtsgeschichte auf den Grund. Dabei verknüpften sie geschickt damalige Ansichten mit historisch belegbaren Erkenntnissen und erklärten, wie es zu den einzelnen Passagen innerhalb der Weihnachtsgeschichte kam.
Das war wirklich hoch interessant und mitunter überraschend.
So verwunderte es mich nicht, dass manche Stellen in der Weihnachtsgeschichte Übersetzungsfehlern zum Opfer fielen und die Jungfrau in Wirklichkeit keine unbefleckte Empfängnis hatte. Aber wusstet ihr, dass es den Kindermord zu Bethlehem in Wahrheit nie gab und König Herodes doch nicht der blutrünstige Kinderschlächter gewesen sein kann?
Besonders toll fand ich, dass die beiden Theologen auch klar machten, dass unsere heutigen Vorstellungen und Ansprüche an eine Biografie sich gründlich von denen unterschied, die eigentlich die Zielgruppe der Bibel waren. Heute wollen wir alles faktenbasiert haben, damals standen aber eher moralische Aspekte im Vordergrund. Und diese müssen natürlich an entsprechenden Beispielen gut ausgeschmückt werden.
Fazit:
Keine Angst vor dem Fakten-Check. Weihnachten bleibt auch noch nach dem Lesen das, was es für jeden Einzelnen von uns ist. Doch ein Blick über den Tellerrand hinaus ist genauso erhellend wie die Entstehung dieser faszinierenden Geschichte.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen viel moderneren Weihnachtsmann?
Dann empfehle ich euch:
Ach, du dicker Weihnachtsmann von Ursel Scheffler
Auch wenn Weihnachten bald wieder vorbei ist, würde mich dieses Buch unheimlich interessieren. Ich mag solche Faktenchecks gern, um mein Halbwissen in Wissen zu verwandeln. Alles was ich von der Weihnachtsgeschichte weiß, hab ich mal hier und da aufgeschnappt, vor allem bei den Krippenspielproben 🙂
Liebe Grüße
Jana