Blister ist mir schon öfter begegnet und die vielen begeisterten Stimmen haben mich stets neugierig auf das Buch gemacht. Doch ich konnte mich nie dazu durchringen, das Buch zu kaufen und so habe ich mich sehr gefreut, als es mir letztes Jahr geschenkt wurde.

In meiner Rezension „Blister“ von Jeff Strand werde ich schildern, ob es gelungen ist, mich ebenso von diesem Werk zu begeistern zu lassen.


 

Blister von Jeff Strand
© Titelbild: SaberCore23 – ArtStudio

Infos zum Buch
erschienen beim Festa Verlag
Veröffentlicht 28. Oktober 2020
Originaltitel Blister
Übersetzt von Michael Krug
ca. 304 Seiten
erhältlich als gebundenes Buch und eBook
 

Klappentext

Jason Tray ist ein erfolgreicher Karikaturist, der von seinem Agenten für ein paar Tage in eine Hütte am See verbannt wurde, um Ruhe zu finden. Als er eines Nachts mit ein paar Einheimischen in einer Kneipe rumhängt, bieten sie ihm an »Blister zu sehen«. Ohne zu ahnen, wovon sie reden, nimmt Jason ihr Angebot an. Und so späht er kurz darauf durch das Fenster eines Schuppens auf das Albtraumhafteste, was er jemals gesehen hat: Blister ist eine fürchterlich entstellte junge Frau, die sich vor der Welt versteckt. Am nächsten Morgen bedauert Jason sein Verhalten. Er muss sich bei der Frau entschuldigen … Doch diese kleine Stadt hat ihre Geheimnisse und Bewohner, die vor nichts zurückschrecken, um sie zu hüten. Eine Geschichte voller menschlicher Monster.

© Klappentext: Festa Verlag

Blister beginnt vielversprechend. Dank des lockeren, aber nicht trivialen Schreibstils von Jeff Strand lerne ich den Ich-Erzähler und Protagonisten Jason Tray kennen und werde direkt Zeugin seiner humorvollen Kreativität. Diese feiert jedoch nicht Jasons Literaturagent Chuck Rhodes, denn durch Jasons Aktion wird ein Kind verletzt. So muss der mir sympathische und erfolgreiche Cartoonist eine erzwungene Auszeit in der abgelegenen Hütte seines Agenten in Georgia nehmen.
Nun entwickelt sich der fiktive Ort an der Ostküste zum Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte, die ich so definitiv nicht erwartet habe.

Blister ist definitiv kein typischer Horror-Thriller-Roman und es fällt mir generell schwer, ihn überhaupt annähernd in eine Genreschublade zu stecken.
Jeff Strand verbindet Elemente von schwarzem Humor, Krimi und kleinen aufblitzenden Brutalitäten zu einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Blister ist eine bizarre Welt voller Widersprüche. Zwischen Chaos, Mord und Folter finden sich schon fast komödiantische Szenen und Emotionen, die durchaus mein Herz berühren und mich doch nie ganz abholen.
Immer wieder wechselt die Atmosphäre von einem düsteren Ton bis hin zu einer fröhlichen Stimmung, was ein ganz besonders vielfältiges Ambiente erzeugt.

Die Haupt- sowie Nebencharaktere sind klar entwickelt. Besonders die Dialoge und auch das Erzähltempo sind durchweg stimmig.
Rachel, von den Bewohnern des Ortes nur abfällig Blister genannt, ist eine schrecklich entstellte junge Frau, die in einem Schuppen versteckt lebt und von ihrem Vater intensiv beschützt wird. Sie ist eine Figur, bei der ich Mitleid und gleichzeitig Faszination empfinde. Rachels Erlebnisse sind traumatisch und doch wirkt sie meistens normal. Hin und wieder blitzt jedoch auch hervor, wie sehr sie die Ereignisse der Vergangenheit in ihrem Verhalten verändert haben.
Jason ist wie der ewige Junge im Körper eines Mannes. Mit einem Schelm im Nacken, der ihn zu allerlei Blödsinn verleitet. Jedoch auch mit einem Gewissen und der Fähigkeit, seine Fehler zu erkennen und sich diese auch einzugestehen.
Jasons Hund spielt nur eine traurige, kleine Statistenrolle und doch ist er elementar, um unbewusst die Spannung durch seine Anwesenheit hochzuhalten.

Was auf den ersten Blick simpel erscheint, entwickelt sich langsam zu einer tiefgründigeren Geschichte. Besonders fasziniert mich, wie Jeff Strand die Natur und die dunklen Seiten der Menschen mit in diese sonderbare Liebesgeschichte einfließen lässt. Er spielt mit dem Thema „Monster“ und es fällt mir nicht immer leicht, sie zu erkennen.
Die Beziehung zwischen Jason und Rachel ist das Herzstück von Blister. Sie ist durchzogen von Humor, aber auch von einer gewissen Verletzlichkeit, die ich sehr mag. Durch die schrägen und manchmal sogar grotesken Situationen entsteht etwas ziemlich Verrücktes und zeigt, wie verworren der Weg der Liebe sein kann.

Die subtil gesetzten Horror-Elemente, die Jeff Strand geschickt mit viel schwarzen Humor verbindet, eskalieren in keinem Blutbad im klassischen Sinn, sondern es entwickelt sich beim Lesen eher eine dunkle, skurrile Atmosphäre. Sie lässt die Grenzen zwischen Horror, Komödie und Krimi verschwimmen.
Jedoch ist Blister an manchen Stellen sehr vorhersehbar, was mir ein bisschen die Freude trübt. Immer warte ich auf einen ganz besonderen Plot Twist, der nie auftaucht. Zwar hält Jeff Strand immer mal wieder eine kleine Überraschung für mich parat, sodass ich nie das Interesse an der Geschichte verliere. Aber mir fehlt das gewisse Extra, um mich restlos überzeugen zu können.

Vielleicht sind meine Erwartungen an Blister zu hoch, denn der Funke springt auf mich nicht über. Blister hat mich erzählerisch abgeholt und auch die Spannung liegt in einem guten Bereich. Doch bis zum Schluss habe ich auf eine Genialität von Jeff Strand gewartet, die einfach nicht kommt. Das Ende ist eher lau, passt aber zur gesamten Geschichte und enthält sogar einen guten Hieb gegen das amerikanische Rechtssystem.

Blister von Jeff Strand
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine bizarre Mischung aus schwarzem Humor, Krimi, Horror und einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Es ist eine eher leise erzählte Geschichte, die gleichermaßen unterhaltsam wie verstörend ist.

Lesen:

Wenn ihr Lust auf eine skurrile und düstere Geschichte habt, die euch zum Schmunzeln und Nachdenken bringt. Perfekt für Lesende, die unkonventionelle Geschichten mögen.

Weglegen:

Wenn ihr schockierende Szenen und grausame Handlungen nicht lesen mögt, dann solltet ihr Blister lieber wieder weglegen.

Mal ehrlich:

Von Blister habe ich ausnahmslos nur positives gelesen und dementsprechend hohe Erwartungen an die Geschichte.
Jeff Strands Schreibstil ist locker und dennoch präzise, was es mir leicht macht, in die Geschichte abzutauchen. Besonders Jason, der sympathische Ich-Erzähler, holt mich direkt mit seiner humorvollen und schelmischen Art ab.
Generell sind die Figuren gut ausgearbeitet und haben charakterlichen Wiedererkennungswert.
Auch die Nebenfiguren tragen zur Vielfalt des Settings bei und ergänzen die Geschichte gut. Rachel, eine junge, aber im Gesicht völlig entstelle Frau, wird von der Dorfgemeinschaft abfällig Blister genannt und lebt zurückgezogen in einem Schuppen. Für die Bewohner ist sie ein Monster, aber durch Jason, der nicht ganz freiwillig zur örtlichen lebenden Horrorlegende Blister gelockt wird, wird mir schnell klar, dass das oder die Ungeheuer woanders zu finden sind.
Jeff Strand verbindet gut die dunklen Seiten des Menschen mit einer tiefgründigen Freundschaft und Liebe.

Die unkonventionelle Mischung aus schwarzem Humor, Krimi, Horror sowie Thriller-Elementen und einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte überrascht und fasziniert mich gleichermaßen. Hinzu kommen immer wieder kleine eingestreute Geheimnisse und Ungereimtheiten, welche eine solide Grundstimmung schaffen.
Die Atmosphäre schwankt gekonnt zwischen düster, skurril und komödiantisch, was mir eine vielschichtige Stimmung bietet. Ich mag zudem die subtil gesetzten Horror-Elemente, die durch ihre Feinfühligkeit für eine unheimliche und manchmal beinahe verstörende Stimmung bei mir sorgen.
Trotz allem möchte der berühmte Funke bei mir einfach nicht überspringen. Blister ist mir zu vorhersehbar, spannende Plot-Twists blieben aus und ich habe ständig das Gefühl, dass spannungstechnisch noch viel Luft nach oben ist. Das Finale ist erschreckend unspektakulär, auch wenn ich die subtile Kritik an der Gesellschaft und am Rechtssystem zu schätzen weiß.
Obwohl für mich Blister Schwächen hat, mag ich diese unkonventionelle Art der Literatur und ich habe mich dennoch gut von der eigentümlichen Atmosphäre unterhalten lassen.

Fazit:

Blister ist eine verdrehte Geschichte voll mit schwarzem Humor, schrägen Szenen, dunklen Elementen und skurrilen Charakteren. Durch den lockeren Schreibstil liest sich Blister rasant, mir hat aber das gewisse Etwas gefehlt. Daher meine Empfehlung, wenn ihr gern unkonventionelle Geschichten mit einer Prise Wahnsinn lesen mögt, greift zu diesem Buch.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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