Ich weiß noch genau, wie begeistert eine freundliche Buchhändlerin mir vom True-Crime-Thriller „Zerschunden“ von Michael Tsokos vorgeschwärmt hatte. Dennoch habe ich das Buch immer noch nicht gelesen, obwohl ich es jenem Tag mit nach Hause nahm.
Dafür habe ich mal ein Sachbuch von dem Autor gelesen und war sehr fasziniert davon. Nun startet eine neue Reihe um die Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao und ich möchte nun endlich einen Thriller von Michael Tsokos lesen.
In meiner Rezension „Mit kalter Präzision“ von Michael Tsokos beleuchte ich, wie mir der Reihenauftakt gefallen hat und was euch beim Lesen erwartet.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Covergestaltung: HildenDesign, München
erschienen bei Knaur TB
Veröffentlicht 1. September 2023
ca. 400 Seiten
Band 1 der Reihe Dr. Sabine Yao
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
Klappentext
Im Rechtsmedizin-Thriller »Mit kalter Präzision« von Bestseller-Autor Michael Tsokos ermittelt erstmals Dr. Sabine Yao aus Berlin.
Der erste Teil von Michael Tsokos‘ neuer True-Crime-Thriller-Reihe
»Mit kalter Präzision« ist der Start der neuen rechtsmedizinischen Reihe von Michael Tsokos. Hauptfigur ist Dr. Sabine Yao, die wir bereits als Rechtsmedizinerin im Sektionssaal an der Seite von Dr. Fred Abel aus der berühmten Fred Abel-Thriller-Reihe von Michael Tsokos kennen. Als neue stellvertretende Chefin der Abteilung Rechtsmedizin bei der BKA-Einheit »Extremdelikte« in Berlin steht sie nun vor ihrem ersten eigenen Fall:
Die Ehefrau des renommierten Schönheitschirurgen Roderich Kracht wurde in ihrer Villa in einem exklusiven Berliner Wohnort stranguliert. Da Roderich Kracht ein einflussreicher Mann ist, mit vielen prominenten Freunden, die für sich, ihre Frauen oder Geliebten seine Dienste diskret in Anspruch genommen haben, zieht der Fall schnell Kreise in die Höhen von Politik und Justiz.
Den ermittelnden Behörden darf kein Fehler unterlaufen, erste Ergebnisse werden von höchster Instanz erwartet. Unter Hochdruck arbeiten die Ermittler und Rechtsmediziner am Tatort. Zusammen mit ihrem Kollegen Jörgensen aus dem Landesinstitut untersucht die deutsch-chinesische Rechtsmedizinerin die tote Ehefrau. Tötungsart und Todeszeitpunkt sind schnell bestimmt. Und damit scheidet Roderich Kracht sofort als Täter aus, er hat für die Todeszeit seiner Frau ein wasserdichtes Alibi.
Aber es tauchen Unstimmigkeiten auf, denn das Stadium der Totenstarre des Opfers sorgt für große Irritationen und lässt alle Experten am festgelegten Todeszeitpunkt zweifeln. Ein rechtsmedizinisches Novum: Totenstarre und die errechnete Todeszeit stimmen partout nicht überein.
Als in einem weiteren Fall, der möglicherweise mit dem Mord in Zusammenhang steht, ebenfalls Unstimmigkeiten auftreten, erkennt Sabine Yao, dass sie von nun an mit größter Vorsicht vorgehen muss. Offensichtlich ist ein Serienkiller mit rechtsmedizinischer Expertise am Werk, der Yao immer einen Schritt voraus ist.
Mit der Unterstützung ihres Chefs und Mentors Prof. Paul Herzfeld und der IT-Spezialistin Sara Wittstock gelingt es Yao schließlich, dem Täter und seinen perfiden Taten immer weiter auf die Spur zu kommen. Doch der Mörder schreckt vor nichts zurück und lockt die Rechtsmedizinerin in eine tödliche Falle …
© Klappentext: Knaur TB
Optisch und haptisch finde ich „Mit kalter Präzision“ sehr gelungen. Das Cover ist schlicht und macht dennoch neugierig. Haptisch fühlt sich das Buch ein bisschen wie Leinen an, was ich angenehm empfinde und das Werk hochwertig erscheinen lässt.
Beide Buchdeckel sind klappbar, der Vordere zeigt die Personendaten zur Protagonistin und Hauptfigur Dr. Sabine Yao. Sobald der Buchdeckel komplett aufgefaltet wird, zeigt sich eine interessante Fotocollage mit Fotos von und mit Michael Tsokos.
Im hinteren inneren Buchdeckel gibt es eine Übersicht zu seinen Thriller-Serien sowie eine kurze Zusammenfassung zu seiner Person und seines schriftstellerischen Werdegangs. Das finde ich ganz interessant, kann es aber kaum erwarten, mit dem Buch zu beginnen.
Der Einstieg gelingt gut. Der Schreibstil ist bildlich und verständlich erklärend. Da die Hauptperson eine Rechtsmedizinerin ist, liegt der Fokus auf ihrem Wirkungsbereich. Dazu fallen auch fachmedizinische Begriffe, die jedoch sofort für den Laien verständlich erklärt werden. Ich mag das sehr, denn es erweitert meinen Wissensschatz, ohne die Spannung zu drücken. Zudem macht es die Arbeit der Rechtsmediziner greifbarer. Einzig an einer Stelle muss ich tatsächlich eigene Recherchen anstrengen, weil ich das beschriebene Vorgehen der Brechung der Leichenstarre nicht völlig verstanden habe.
Der Fall selbst wird aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Den größten Anteil hat Dr. Sabine Yao und es macht mir Freude, sie bei ihrer rechtsmedizinischen Tätigkeit, aber auch im privaten Bereich zu begleiten.
Obwohl es sich bei „Mit kalter Präzision“ um eine erdachte Erzählung handelt, sind die geschilderten Begebenheiten und Tötungsdelikte sowie rechtsmedizinischen Untersuchungen authentisch. Damit verwischt die Grenze zwischen Realität und Fiktion so gekonnt, dass der Spannungsbogen konstant vorhanden ist.
Die einzelnen Kapitel sind nummeriert und werden durch Datum, Zeit- sowie Ortsangabe unterstützt. So fällt es mir leicht, mich in der Handlung zu orientieren. Außerdem haben die Kapitel unterschiedliche Längen. Von ganz kurz bis lang, was daran liegt, dass jedes einzelne Szenenbild so lange erzählt wird, bis es abgeschlossen ist. Normalerweise habe ich Schwierigkeiten mit langen Kapiteln, hier aber fällt es mir überhaupt nicht schwer, weil ich sehr an die Erzählungen gefesselt bin.
Manchmal enthält ein Kapitel auch kleinere Zeitsprünge oder Perspektivwechsel, welches mit drei Kreuzen angezeigt wird. Dies ermöglicht einen angenehmen Lesefluss.
Dr. Sabine Yao ist mir sympathisch und ihre Zielstrebigkeit finde ich interessant. Der Fall und ihre Tätigkeiten als stellvertretende Leiterin der rechtsmedizinischen Spezialeinheit „Extremdelikte“ des BKA liegen zwar im Mittelpunkt, aber es wird auch ihr Privatleben beleuchtet. Dort hat sie es aktuell nicht leicht und sie muss zusätzlich mit dem Druck klarkommen, dass ihre kleine Familie an den Problemen ihrer Schwester Mailin, die als Patientin in einer psychiatrischen Klinik ist, zerbrechen könnte. Dies wird so realitätsnah, besonders im Hinblick auf die Emotionen geschildert, dass ich ihre Gedanken dazu gut nachvollziehen kann.
Gelegentlich wird „Mit kalter Präzision“ auch mit der Geschichte über die Rechtsmedizin ausgeschmückt. Superinteressant und gleichzeitig wird damit auch klar, wie unheimlich wichtig die fundierte Arbeit der Rechtsmediziner ist.
Obwohl Michael Tsokos weitestgehend auf blutrünstige Szenen verzichtet, ist der Fall hochgradig spannend für mich. Der Täter ist recht schnell offensichtlich, mich stört das jedoch in keiner Weise. Im Gegenteil, ich finde es unglaublich spannend, wie Dr. Sabine Yao versucht zu klären, wie der Täter ungestraft morden konnte. Gerade das Verzwickte an dem Fall ist so faszinierend, dass ich völlig gebannt immer weiterlese und der anbahnende Showdown mein Adrenalin in die Höhe treibt.
Obwohl einige Wendungen durchaus vorhersehbar sind, kann mich insgesamt „Mit kalter Präzision“ überraschen und auch das Ende finde ich absolut gelungen.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein Thriller, der durch viele fachspezifische Einblicke in die Rechtsmedizin nicht nur für Unterhaltungswert sorgen kann, sondern auch aufzeigt, wie wichtig diese Arbeit ist. Verpackt wird das Ganze durch einen interessanten Fall, der nicht den wahren Täter verschleiern, sondern dessen Vorgehen entschlüsseln möchte.
Lesen:
Wer sich für Rechtsmedizin und dessen komplexe Arbeitswelt interessiert sowie hinter die Kulissen der Verbrechensaufklärung schauen möchte, ist „Mit kalter Präzision“ eine Empfehlung.
Weglegen:
Wer hier auf einen blutsprudelnden und metzelnden Thriller hofft, wird enttäuscht werden. Erzählt wird eher fachlich-spannend und ruhiger.
Mal ehrlich:
Dies ist mein erster Thriller von Michael Tsokos und ich muss sagen, dass mir der Start in die Reihe gefallen hat. Die Basis der Geschichte sind wahre Tötungsdelikte, echte Arbeitsabläufe innerhalb der Rechtsmedizin und stellenweise authentische Begebenheiten. Abgerundet wird dies mit einer erdachten Grundstory, welche die Grenze zwischen Realität und Fiktion schön verschwimmen lässt.
Das hier Fachtermini vorkommen und auch sonst viele medizinische Aspekte beleuchtet werden, trägt für meinen Geschmack mit zur Spannung bei. Denn sie sind ein Teil eines größeren Rätsels, vor dem Dr. Sabine Yao steht. Immerhin gibt es einen Mörder, der unentdeckt sein Werk vollzieht und scheinbar nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dass der Täter relativ früh klar ist, finde ich genial. Ich liebe Thriller, wo es darauf ankommt, den Verdächtigen zu überlisten und ähnlich wie bei einem Zaubertrick zu enthüllen, wie er es wirklich gemacht hat.
Das bringt für mich Spannung. Dass es medizinisch wird, stört mich kein bisschen. Michael Tsokos erklärt alles zügig nachvollziehbar, außer an einer Stelle, wo ich nicht folgen konnte. Da hat mir dann ein bisschen Internetrecherche Klarheit verschafft. Das schmälert aber meinen Lesegenuss nicht.
Durch die Perspektivwechsel kommt Bewegung ins Ganze und sorgt für einen größeren Überblick auf meiner Seite. Sehr zu schätzen weiß ich auch, dass ich Einblicke in einer Ermittlungsgruppe erhalten habe. Sehr spannend, hier hätte ich gern noch intensiver drauf geschaut, dann wäre dies hier aber auch kein Rechtsmedizin-Thriller mehr.
Die Protagonistin Dr. Sabine Yao ist eine starke Persönlichkeit, sie zu begleiten hat mir Freude gemacht. Dabei wird sie besonders durch ihr Privatleben nahbarer.
Der bildliche Schreibstil rundet durch seine flüssige Erzählweise den Thriller schön ab.
Fazit:
Ein spannungsvoller Reihenauftakt um die Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao. Hier geht es vordergründig nicht um die Ermittlung des Täters, sondern wie er die Morde fachlich so begehen konnte, dass es niemandem aufgefallen ist.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen vielschichtigen Thriller, dessen gewählter Schauplatz mitten in Berlin der 1939er-Jahre liegt?
Dann empfehle ich euch:
Die marmornen Träume von Jean-Christophe Grangé
Ich mag beim Lesen eine klare Struktur und dennoch Spannung. Allerdings komme ich immer viel zu selten dazu, ganz in Ruhe ein Buch in die Hand zu nehmen.
Liebe Cornelia,
das ist schade. Aber ich kenne das auch, wenn der Alltag keine Zeit für Lesepausen lässt.
Liebe Grüße
Mo
Wieder eine wundervolle Rezi, die neugierig auf das Buch macht. Gelesen habe ich von Dr. Tsokos noch nichts, aber den Podcast „Die Zeichen des Todes“ finde ich klasse.
Liebe Charlotte,
herzlichen Dank für deine lieben Worte. Ich höre gar keine Podcasts, aber dieser würde mich auch reizen.
Liebe Grüße
Mo
Klingt nach einer Geschichte, wie ich sie gerade hintereinander weg verschlinge! Meine Hauptcharaktere arbeiten zwar nicht in der Rechtsmedizin, aber eng mit ihr zusammen und ich finde die Gespräche „dort unten im Keller“ besonders interessant! Ich merke mir den Autor mal für Nachschub!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
jetzt machst du mich aber neugierig. Was für eine Reihe ließt du denn aktuell?
Wie schön, dass du dir den Namen des Autors notiert hast 😉
Liebe Grüße
Mo
Das klingt sehr spannend! Ich habe immer ein bisschen Berührungsängste bei diesen unzähligen Gerichtsmediziner-Reihen, die seit einigen Jahren die Bücherregale und Serien fluten, weil ich mich schlichtweg vor den medizinischen Details grusele … ;-), aber ich gebe Neuerscheinungen durchaus mal eine Chance. Zumal ich gerade erst die True-Crime-Podcasts für mich entdeckt habe und ein bisschen am suchten bin … Auf jeden Fall ein schöner Tipp für die kalte Jahreszeit!
LG!
Ines-Bianca
Liebe Ines-Bianca,
verstehe ich total. Ich habe von Michael Tsokos mal Dem Tod auf der Spur gelesen und da ist mir bei so manchen medizinischen Details echt schlecht geworden. Hier war es aber homöpatisch und ließ sich richtig gut lesen.
Liebe Grüße
Mo
Das klingt nach einem wirklich interessanten Krimi! Meine Freundin, die Ärztin ist, hat mal gesagt, sie könne niemals in die Rechtsmedizin, denn sie würde verrückt werden, weil sie erkennen würde, zu welchen Abgründen manche Menschen fähig sind! Ich selbst finde aber gerade das interessant an dem Beruf!
Danke für die Vorstellung, ich bin gespannt, was von dem Schriftsteller noch folgt.
Liebe Bea,
spannend, dass deine Freundin dies so klar für sich abgrenzen kann. Ich wäre für den Job auch nicht geschaffen, wobei ich diesen besser könnte als mit lebenden Menschen zu arbeiten. Da würde mich das Schicksal noch viel mehr berühren.
Liebe Grüße
Mo
Hey Mo,
ganz tolle Rezi, gut beschrieben. Ich habe es auch gelesen und kann nur zustimmen. Außer der Punkt mit dem Täter. Ich mag es lieber wenn er bis zum Ende ungewiss ist.
Und ein kleiner Tipp: Wenn es dir so gefällt das Wie und Warum rauszukriegen, werden dir die Bücher von Steve Cavanagh bestimmmt auch gefallen.
Viele Grüße
Susi
Liebe Susi,
danke für den Tipp. Von dem Autor liegt Band 1 schon auf meinem SuB. Wird ein zukünftiges Buddy-Read werden.
Liebe Grüße
Mo
Fand die Rechtsmedizin immer schon wahnsinnig interessant. Klingt auf alle Fälle, dank deiner Beschreibung, nach einem wirklich interessanten Buch!
LG,
Vici
Liebe Vici,
dann ist dieses Buch bestimmt etwas für dich.
Liebe Grüße
Mo