Seit letztem Jahr bin ich großer Sandman-Fan und freue mich, dass ich gemeinsam mit meiner Buddy-Read-Partnerin Karin alle Comicerscheinungen lesen werde. Band 1 hatte uns beiden gefallen, es ist sogar mein Lesehighlight im Januar 2023 geworden. Nun haben wir uns mit viel Vorfreude dem zweiten Teil der Sandman-Welt gewidmet.
In meiner Rezension „Sandman – Das Puppenhaus“ von Neil Gaiman berichte ich, ob sich die Graphic Novel zum ersten Band noch steigern konnte.
© Cover: 2017 DC Comics
Genre: Fantasy
Empfohlenes Lesealter: ab 14 Jahre
Band 1 von 12
Autor Neil Gaiman
Zeichner Mike Dringenberg, Malcolm Jones III, Chris Bachalo, Michael Zulli, Steve Parkhouse
Originaltitel The Sandman #9-16
Übersetzt von Gerlinde Althoff
erschienen bei Panini Verlags GmbH
Veröffentlicht 13. Juni 2007
Seiten 228
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
In DAS PUPPENHAUS findet Rose Walker mehr, als sie gesucht hat – lange verschollene Verwandte, den Kongress der Serienmörder und zum Schluss ihre wahre Identität. Der Herr der Träume versucht, das Geheimnis zu lüften. Nicht ahnend, dass ein anderer ganz in seiner Nähe die Fäden zieht.
DAS PUPPENHAUS ist das zweite Buch aus der 10-bändigen SANDMAN-BIBLIOTHEK. Die SANDMAN-Bücher können sowohl in der Reihenfolge ihres Erscheinens als auch einzeln gelesen werden.
© Klappentext: Panini Verlags GmbH
„Sandman – Das Puppenhaus“ hat ein Vorwort von Clive Barker und im Anschluss eine kleine „Was bisher geschah“ – Zusammenfassung von Neil Gaiman. Diese finde ich klasse, denn es ist nun schon eine Weile her, seit ich „Sandman – Präludien & Notturni“ gelesen habe und diese knackige Auffrischung ist auch sehr erhellend. Denn es gibt ein paar zusätzliche Hintergrundinfos zum ersten Band, was ich sehr interessant finde.
„Sandman – Das Puppenhaus“ ist leichter zugänglich, das bemerke ich schon auf den ersten Seiten. Noch immer ist die Welt rund um Dream, dem Herrscher der Träume, komplex. Auch unterliegt alles bestimmten Regeln und die Verknüpfung zwischen realer Welt und dem Reich der Träume ist unglaublich faszinierend. Dieses Mal ist auch die Erzählart anders. Im ersten Sammelband waren es hauptsächlich einzelne Geschichten, die pro Kapitel erzählt wurden, hier dominiert eine Hauptgeschichte um die junge Rose Walker. Wie sehr sie im Mittelpunkt steht, kristallisiert sich erst später heraus. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt von „Sandman – Das Puppenhaus“.
Die große Hauptstory wird über mehrere Kapitel chronologisch erzählt. Dabei auch viele Nebenschauplätze beleuchtet, deren Erzählfäden wiederum in die Hauptgeschichte münden. Kein Detail wird zufällig platziert, selbst scheinbare Nebensächlichkeiten werden im Verlauf wichtig. Das ausgeklügelte System ist vielschichtig und mit jeder umgeschlagenen Seite offenbart sich immer mehr Neil Gaimans unglaubliches Talent, eine Geschichte zu erzählen, die sich immer weiter fortspinnt, ohne je langweilig zu werden.
In sich wird die in diesem Band erzählte Geschichte zum Schluss abgeschlossen sein. Die Vielfalt an integrierten Motiven ist groß. So fließen in manche Kapitel uralte Mythen mit ein, welche dann mit der Moderne so schlüssig verknüpft werden, dass es sich immer real anfühlt. So findet sich in „Sandman – Das Puppenhaus“ zum Beispiel eine alte irische Seemannslegende wieder oder ein bekannter englischer Dramatiker und Lyriker hat ein kurzes Gastspiel in diesem Comic.
In „Sandman – Das Puppenhaus“ werden viele neue Figuren eingeführt, teilweise sogar zum allerersten Mal ins DC-Universum. So wird unter anderem Prinzessin Barbara als Resultat nach Erscheinen dieses Comics sogar ihre eigene Reihe bekommen.
Manche Figuren allerdings kenne ich schon aus dem ersten Band und deren Geschichte wird wieder aufgenommen und glaubwürdig in das neue Handlungsgeschehen eingebettet. Das Wiedererkennen fällt mir leicht, denn obwohl hier mehrere Künstler an diesem Werk beteiligt sind, so wirkt doch alles aus einem Guss.
Obwohl sich die Hauptstory bisweilen sehr düster und brutal weiterentwickelt, gibt es dennoch immer mal wieder etwas zum Schmunzeln. Der Humor ist einzigartig und so manches Mal sehr, sehr fein.
Genial finde ich den Aufbau von „Sandman – Das Puppenhaus“. Zu Beginn erfahre ich mehr über Dream und seine Familie, die Ewigen. Am Ende schließt sich dieser Kreis wieder und bildet nicht nur einen gelungenen Abschluss, sondern hält auch eine packende Wendung bereit, die mich völlig aus dem Latschen haut. Mitten in der großen Hauptstory wird noch ein Kapitel eingeschoben, das völlig anders ist als der Rest der Graphic Novel.
Neil Gaiman gewährt einen Blick quer durch mehrere Jahrhunderte. Während es vordergründig um die Begegnung zwischen Dream und Hobbs, einem Mann, der nicht sterben will, geht, spielt sich im Hintergrund das gesellschaftliche Leben sowie all jene Themen, die die Menschen des jeweiligen Jahrhunderts beschäftigen, ab. Das ist sehr eindrucksvoll gezeichnet und auf den Punkt erzählt. Und es offenbart den genauen Betrachtenden nämlich vor allem eines: Der Mensch wird sich niemals ändern und oft reicht ein Menschenleben nicht aus, um einen Fehler zuerkennen und wieder gutzumachen. Interessanterweise wird in diesem Kapitel auch der Grundstein für eine weitere Geschichte innerhalb des Sandman Universums gelegt, welches im Folgeband „Sandman – Traumland“ aufgegriffen und erzählt werden wird.
Wer das Hörspiel „The Sandman“ parallel hört, wird übrigens feststellen, dass das Kapitel „Männer mit Glück und Geschick“ an einer anderen Stelle gespielt wird. Die Hauptgeschichte wird im Hörspiel in einem durcherzählt.
Wieder weiß mich das Artwork zu überzeugen. Text und Zeichnungen harmonieren miteinander und schaffen es, diese so komplexe Welt lebendig an mich zu transportieren. Einzig in einem Kapitel ist das gewählte Schriftbild einer Person so schrecklich lesbar, dass es mich sehr frustriert hat.
Der Aufbau der Panels ist bisweilen einzigartig. Sie unterstützen die Geschichte bildlich, kippen an Stellen, wo es relevant ist und so werde ich plötzlich Teil dieser Welt, wenn ich das Taschenbuch drehen muss. Ich würde daher die E-Book Version nicht empfehlen, denn es wirkt doch im Taschenbuch viel intensiver.
Das Spiel der Zeichner mit den Farben ist grandios. Vieles von den Hauptfiguren findet sich auch im Hintergrund wieder, der ebenso detailverliebt gezeichnet ist wie die wichtigsten Akteure. Es gibt in „Sandman – Das Puppenhaus“ wahnsinnig viel zu entdecken und zu erleben.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Drei kleine Geschichten, die dennoch auf eine sehr dezente Art und Weise mit dem komplexen Sandman-Universum verwoben sind und die Hauptgeschichte, welche mehrere Kapitel umspannt, wirkungsvoll umschließen.
Lesen:
Eine absolute Empfehlung meinerseits dazu. Ihr könnt zwar diesen Band unabhängig vom ersten Teil lesen, solltet aber um alles genießen zu können, „Sandman – Präludien & Notturni“ kennen.
Weglegen:
Kann ich gar nicht empfehlen. Ihr müsst keine Fantasy mögen, um diesen Comic toll zu finden. Schaut euch die Leseprobe an und lasst euch auf dieses spannende Abenteuer ein.
Mal ehrlich:
„Sandman – Das Puppenhaus“ ist eine so faszinierende Graphic Novel. Nicht nur zeichnerisch ist sie ein Highlight, sondern auch von ihrem Aufbau und ihrer Struktur. Neil Gaiman ist ein Meister darin, ein so dichtes Handlungsgerüst zu erschaffen, dass selbst Nebensächlichkeiten später noch wichtige Rollen spielen werden. Nichts ist zufällig gewählt und die Verschmelzung zwischen einzigartiger Fantasie und Realität ist so beeindruckend, dass dieses Werk sogar dem Lesenden Weisheiten spendet. Es gibt nachvollziehbare Wert- und Moralvorstellungen, die im Kontext beinah spielerisch glänzen.
Band 2 besticht dieses Mal durch seine große, über mehrere Kapitel erzählende Geschichte. Dabei ist der Perspektivwechsel ebenso spannend gesetzt wie das Voranschreiten der Ereignisse. Generell habe ich den Eindruck, dass Neil Gaiman uns dieses Mal den Spiegel vorhält. Das macht er auf mehreren Ebenen äußerst geschickt. Einmal gewährt er einen Blick auf einen Querschnitt durch mehrere Jahrhunderte, in denen die gesellschaftlichen Aspekte auf den Punkt herausgearbeitet werden und gleichzeitig klar wird, der Mensch ändert sich niemals.
Ein anderes Mal sollen die Träume der Spiegel für die Menschen sein und doch gelingt es nicht so, wie von Dream geplant.
Das Wirken und Scheitern treffen dieses Mal auch den Herrscher der Träume persönlich und dennoch zeigt sich auch, wie sehr sich Dream im Lauf der Zeit weiterentwickelt hat.
Auch zeichnerisch ist dieser Comic unglaublich toll umgesetzt. Jeder Zeichenstrich ist klug, durchdacht und die Art, wie die Panels gesetzt werden, zeugt von einer großen künstlerischen Leistung. Denn die Illustrationen und deren Darstellungen innerhalb des Bandes unterstreichen den Text wirkungsvoll. Einzig ein minimaler Kritikpunkt muss sein. Ein Schriftbild war wirklich grauenvoll lesbar. Das hat mich viel Mühe gekostet, da wäre ich froh um eine Alternative.
Fazit:
Eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes. Mit grandiosem Artwork und vielen großen und kleinen spannenden Geschichten wird eine fesselnde und sehr faszinierende Unterhaltung geboten.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Ich bin ja bekanntlich so gar kein Fantasyfan, aber ich glaube das wäre eine Geschichte, die mich dennoch reizen könnte! Was mich aber wundert, ich bin zwar täglich auf Netflix unterwegs, bin aber noch gar nicht über die Serie dort gestolpert! Da muss ich doch mal nach schauen!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
wobei die Serie auf Netflix sich durchaus vom Original unterscheidet. Besonders wohl in den Anfängen. Aber vielleicht begegnet die Serie dann doch mal. Ich kann dir jedenfalls den Sandman-Kosmos wärmstens ans Herz legen.
Liebe Grüße
Mo
Liebe Mo,
ich habe die Netflix Serie tatsächlich mal angefangen zu schauen, aber mich hat sie nach der dritten Folge nicht überzeugen können und ich habe die Serie quasi abgesetzt. Eigentlich sehr schade, die Story wäre eigentlich genau meins – Wie du weißt liebe ich Fantasy. Vielleicht sollte ich den Büchern nochmal eine Chance geben? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Das was du aber erzählst, klingt spannend und würde mich auch reizen.
Liebe Grüße,
Saskia Katharina
Liebe Saskia Katharina,
auf jeden Fall. Die Serie auf Netflix unterscheidet sich schon vom Comic. Ich persönlich habe kein Netflix, daher kann ich keinen direkten Vergleich ziehen, aber meine Buddy-Read-Partnerin Karin hatte da den vollen Überblick und mir das verraten. Vielleicht versuchst du es doch mal mit den Comics.
Liebe Grüße
Mo