Die Geschichten von Sandra Brown lese ich unheimlich gerne, weil ich die Mischung aus Thriller und knisterndem Liebesroman zu schätzen weiß. Die Hörbücher dazu mag ich ebenfalls, da Martina Tregers Stimme die Geschehnisse immer richtig gut transportieren kann. Doch leider sind die Hörbücher oft nur als gekürzte Fassung zu bekommen, so auch in diesem Fall.

In meiner Rezension „Blinder Stolz“ von Sandra Brown kläre ich, ob die gekürzte Hörbuchversion packende Stellen auslässt und wie mir insgesamt die Geschichte gefallen hat.


 

Blinder Stolz von Sandra Brown
© Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Infos zum Buch
erschienen bei Blanvalet
Veröffentlicht 14. Januar 2013
Originaltitel Tough Customer
Übersetzt von Andrea Brandl
ca. 544 Seiten
Band 2 der Mitchell & Associates Reihe
Spieldauer 7 Stunden und 7 Minuten
Gesprochen von Martina Treger
erhältlich als Taschenbuch, gebundenes Buch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Wenn Liebe zu tödlicher Obsession wird …

Seit Monaten stalkt Oren Starks seine frühere Arbeitskollegin Berry Malone. Jetzt hat er sich Zugang zu ihrem Haus verschafft, wo die Situation völlig eskaliert und er einen Mann niederschießt, der Berry besucht hatte. Er droht, auch Berry zu töten. Doch die Polizei zweifelt an ihrer Glaubwürdigkeit und will ihr nicht helfen. Berrys Mutter sieht keine andere Möglichkeit, ihre Tochter zu schützen, als Berrys Vater um Hilfe zu bitten – den Privatdetektiv Dodge Hanley, der Berry nie kennengelernt hat. Dodge fliegt nach Houston, um seiner Tochter zu helfen – und um Berrys Mutter Caroline endlich wiederzusehen, die er nie vergessen konnte. Eine mörderische Jagd beginnt …

© Klappentext: Blanvalet

Interessanterweise unterscheiden sich die Cover des Hörbuches sowie der gebundenen Buchvariante „Blinder Stolz“ von der eBook und der Taschenbuchversion. Meiner Meinung nach sind beide Cover nicht besonders stimmig zur Geschichte, aber zum Glück kommt es ja ohnehin eher auf den Inhalt an.
Was mir sofort positiv auffällt, ist die Tatsache, dass alle Charaktere mit beiden Beinen im Leben und voll im Berufsleben stehen. Dieser erwachsene Touch verleiht der Geschichte Tiefgang und macht die Ereignisse unglaublich packend. Es ist vom ersten Augenblick an sehr spannend, wenn gleich sich dies in unterschiedlichen Facetten bemerkbar macht.

Der Einstieg in „Blinder Stolz“ ist dramatisch, ich lerne gleich Deputy Ski Nyland kennen, der zu einem Einsatz rast. Im Haus von Caroline King findet er die verstörte Berry Malone vor, die von einem früheren Arbeitskollegen mit einer Waffe bedroht wurde. Ich bin sofort mitten im Geschehen und erfahre, was geschehen ist.
Anschließend lerne ich den knurrigen Dodge Henley kennen, der als Privatdetektiv von Caroline King um Hilfe gebeten wird. Die beiden verbindet eine gemeinsame Vergangenheit und das sich Dodge widerstrebend auf den Weg nach Texas macht, hat mit dieser Verbindung zu tun.
Die Protagonisten sind mir durchgängig sympathisch. Sie haben Ecken und Kanten, und selbst den schroffen Ski mag ich. Besonders Dodge und Ski gehören eher zu den raubeinigen Männern, dennoch sind sie auf ihre eigene Art liebenswürdig.
Die Geschichte wird durchgängig vom personalen Erzähler geschildert. Er gewährt mir aber durch unterschiedliche Perspektivwechsel einen spannenden Gesamtüberblick über die Ereignisse. Es wird am Kapitelanfang nicht explizit erwähnt, wen ich aktuell begleiten darf, aber es ergibt sich rasch aus dem Kontext.

„Blinder Stolz“ ist ein Thriller, der sich mit dem Thema Stalking befasst und die Ermittlungsarbeit von Ski beleuchtet. Gleichzeitig erfahre ich, wie sehr Berry unter der Zudringlichkeit des Antagonisten Oren Starks leidet und wie schwer ihr der Umstand fällt, dass die Polizei ihn offenbar nicht schnappen kann. Auch finde ich es sehr gelungen, dass Sandra Brown auf die Auslöser des Stalkings eingeht, die mich erstaunt haben. In dieser Geschichte scheint so ziemlich jeder ein Geheimnis zu hüten.
Besonders fantastisch finde ich, dass „Blinder Stolz“ in zwei Zeitebenen erzählt wird. Im Vergangenheitsstrang lerne ich Doge und Caroline kennen, begleite sie bei ihrem Kennenlernen und schaue ihnen zu, wie sie sich näherkommen und eine Beziehung zueinander entwickeln. Gleichzeitig offenbart die Erzählung, warum Dodge zu diesem sehr knurrigen und rauen Privatdetektiv wurde.
Der zweite Erzählstrang befindet sich in der Gegenwart, der sich mit dem Mordanschlag auf Berry und der Ermittlung zur Ergreifung des Täters beschäftigt.
Sandra Brown gelingt es, die beiden Handlungsstränge perfekt zu verbinden, sodass nach und nach ein stimmiges Gesamtbild entsteht.

Die Atmosphäre knistert ordentlich beim Lesen. Der Thriller Anteil bietet alles, was mein Herz höherschlagen lässt. Packende Wendungen, spannende Verfolgungsjagden und intensive Ermittlungsarbeit. Der zarte Ausflug ins romantische Genre gelingt dabei ebenso gut. Der Mix ist super, denn die heftigen Wortwechsel und das Knistern der Gefühle zwischen mehreren Protagonisten geht eine perfekte Symbiose zum Thriller ein, ohne kitschig zu wirken. Abgerundet wird das Gesamtwerk von einem sehr flüssigen und eingängigen Schreibstil, der sich nicht an unwichtigen Details aufhängt und die Geschichte rasch vorantreibt.

Der Plot Twist zum Schluss fand ich super gelungen. Ich hatte ihn zwar erwartet, aber in der Form nicht kommen sehen. Die Auflösung ist logisch und gut durchdacht. Mir hat das gefallen. Erst am Ende von „Blinder Stolz“ fällt mir auf, dass dies der zweite Band der Reihe Mitchell & Associates ist. Da ich Band 1 nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, inwieweit mir Kenntnisse aus diesem gefehlt haben, aber ich konnte „Blinder Stolz“ ganz wunderbar ohne weiteres Wissen um die Ereignisse lesen. Die Geschichte hier ist meiner Meinung nach autark lesbar.

Mein einziger Kritikpunkt ist das Hörbuch, welches ich einfach in der Form nicht weiterempfehlen kann. Martina Treger hat wieder erstklassige Arbeit geleistet, ich liebe es, wie sie der Geschichte und den Figuren Leben einhaucht. Aber die gekürzte Fassung des Hörbuches lässt mich kopfschüttelnd zurück. Ich frage mich ernsthaft, wer hier entschieden hat, was raus kann und was bleiben darf. Oft fehlten wichtige Elemente, damit eine Szene erst wirklich schlüssig wirkt. Das hat mich massiv geärgert. Zum Glück habe ich parallel gelesen, denn sonst wären mir wohl etliche Fragezeichen im Kopf umhergespukt und ich hätte „Blinder Stolz“ längst nicht so spannend und schlüssig empfunden.

Blinder Stolz von Sandra Brown
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein ruhiger Thriller mit facettenreichen Spannungselementen und einer gelungenen Mischung aus „Love and Crime“.

Hinhören / Lesen:

Wenn ihr Erotik-Liebes-Thriller mögt. Der Mix ist ausgewogen, die Spannung in vielen Bereichen hoch. Hinhören bitte nur, wenn es euch nicht stört, dass die Fassung an manchen Stellen unsinnig gekürzt wurde.

Weghören / Weglegen:

Wenn für euch in einem Thriller keine Liebesgeschichte Platz hat, solltet ihr lieber zu einem anderen Buch greifen.

Mal ehrlich:

„Blinder Stolz“ ist kein Hardcore-Thriller, aber die Thematik ist spannend und gut umgesetzt. Berry Malone ist ein Stalkingopfer, der Täter ein ehemaliger Arbeitskollege. Nach einem Mordanschlag auf sie ermittelt die Polizei. Ihre Mutter möchte auf Nummer sichergehen und bittet Dodge Henley um Hilfe. Er soll den ermittelnden Beamten bei der Jagd nach dem Täter unterstützen. In zwei Zeitebenen wird der Thriller erzählt, wobei der Vergangenheitsstrang eher dazu dient, die junge Caroline, Berrys Mutter und den ungestümen Dodge den Lesenden näher zu bringen. Für die Entwicklung in der Gegenwart ist dieser Strang zwar nicht ganz so wichtig, beleuchtet aber das Verhältnis zwischen Caroline und Dodge, was wiederum deutlich macht, weshalb sie zu den Menschen geworden sind, die sie heute sind.
Der Thriller ist spannungsvoll erzählt und wird mit Liebesgeschichten sowie eindeutigen Szenen verknüpft. Diese sind nicht aufdringlich und passen gut zur Story.
Sandra Brown verliert nie die Jagd nach dem Täter aus den Augen, gestaltet sie fesselnd und sorgt für überraschende Wendungen.
Der Plot Twist am Ende hat mich fasziniert, da ich ihn zwar habe kommen sehen, jedoch nicht seine Umsetzung vorhersehen konnte.

Fazit:

„Blinder Stolz“ sorgt für unterhaltsame Lesestunden und eine packende Geschichte um Stalking und dessen Konsequenzen. Für alle, die eine leichte Mischung aus Love und Crime mögen, empfehlenswert.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust auf einen guten Krimi, der sich locker leicht lesen oder hören lässt?
Dann empfehle ich euch:
Blind von Christine Brand