Der Titel des Buches hat mich gleich neugierig gemacht und da ich weiß, dass bei Sonja Rüthers Büchern immer ganz unerwartete und tolle Geschichten auf mich warten, war klar, dass ich das Buch würde lesen wollen. Ich war so neugierig auf Matthis, einen Metalfan, der einen Job in einem Hamburger Traditionsverlag antritt, dass ich sofort nach Erhalt des Buches mit dem Lesen anfing.
In meiner Rezension „Einraumpalast“ von Sonja Rüther gehe ich darauf ein, was euch erwartet und wie mir die Umsetzung der Geschichte gefallen hat
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: Anke Koopmann, Designomicon
erschienen bei Briefgestöber
Veröffentlicht 25. November 2022
ca. 188 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
© Klappentext: Briefgestöber
Das Cover von „Einraumpalast“ finde ich richtig schön. Die Farbgestaltung, die scherenschnittartige Figur sowie die gestapelten Buchrücken verleiten mich schon zum Träumen, ohne das ich auch nur eine Zeile gelesen habe. Ich habe richtig Lust auf die Geschichte, die von diesen zwei herrlichen Buchdeckeln eingerahmt wird und lerne als erstes Matthis Pappke kennen. Auf den ersten Blick möchte ich Matthis in eine Schublade stecken. Ein lustiger Typ, der ein Metalfan und für den das Leben eine einzige Party ist. Matthis hält es nie lange genug in einer Firma aus, um die Probezeit erfolgreich zu beenden. Das stört ihn kein bisschen. Was er Freiheit nennt, finde ich verrückt. Aber ich mag ihn sofort und es zeigt sich recht schnell, dass Matthis in keine Schublade passt. Dass er eben nicht ein wandelnder klischeebeladener Losertyp mit reinen Partyambitionen ist. Matthis bleibt sich stets selbst treu und sorgt für viele Überraschungen. Zudem ist er ein herzlicher Mensch, was ihn sympathisch macht.
So streife ich mit ihm durch die Poststelle des Bojack Verlages und kann ein wenig Verlagsluft schnuppern. Ich darf einen schnellen Blick hinter die Kulissen des Verlages werfen und sehen, wie in groben Zügen das Verlagswesen funktioniert.
Nebenbei lerne ich einige wichtige Verlagsmitarbeiter kennen, unter anderem die unnahbar und kühl wirkende Lovis. Sie scheint das komplette Gegenteil von Matthis zu sein, und das macht gerade das Aufeinandertreffen der beiden so herrlichschön spannungsvoll. Obwohl ihre Welten so unterschiedlich wirken, nähern sich Lovis und Matthis auf eine wundervolle Weise an. Als Starthilfe dient die gemeinsame Liebe zur Literatur und den unzähligen Geschichten, die darauf warten, den Lesenden zu unterhalten. Ich genieße ihre Gespräche über Bücher, den traurigen Trend der großen Verlage, nur die Autoren zu pushen, die ohnehin schon bekannt sind und entsprechend Umsätze generieren, welche die Zahlenmenschen zum Strahlen bringen. Die Geschichte entwickelt sich leise, mit viel Feingefühl und unterschiedlichen Nuancen. „Einraumpalast“ berührt mich tief und zieht mich Stück für Stück in eine dramatische Liebesgeschichte.
Beim Lesen fühle ich mich plötzlich an den Film „Sweet November“ mit Charlize Theron und Keanu Reeves in den Hauptrollen erinnert. Mich beschleicht eine böse Vorahnung und ich hoffe so sehr, dass dies Buch mich nicht zum Weinen bringen wird.
Doch Matthis lässt einfach kein Trübsal aufkommen. Es ist spürbar, dass schwere Themen im Raum stehen, wie Depression, suizidale Gedanken und andere beängstigende Krankheiten. Doch Sonja Rüther gelingt dies auf so angenehme und ruhige Art zu besprechen, dass es die Angst, die aufsteigen möchte, schluckt. Und dann ist da Matthis mit seinem bunten Freundeskreis und seinem herrlich unperfekten Leben, dass einfach schon Spaß beim Lesen macht. Er zaubert nicht nur Lovis ein Lächeln ins Gesicht, sondern auch mir.
Ich liebe „Einraumpalast“, weil hier mit klassischem Schubladendenken gebrochen wird und viele Blicke über den Tellerrand hinaus gewährt werden. Die Figuren entwickeln sich weiter, wachsen sogar über sich hinaus. Was besonders bei Matthis erlebbar wird. Seine leichtlebige Art ist nicht leichtfertig, er überrascht mit Verantwortung und einem waren Wirgefühl. Wir alle können einen Matthis gut als Freund gebrauchen.
Am meisten jedoch liebe ich diese wundervollen kleinen Liebesbotschaften, welche an die Abertausenden verschiedenen Geschichten und ihre Leser gerichtet sind. Ich fühle mich so verstanden und als Leserin wertgeschätzt, dass mir das Herz überquellen mag vor Freude.
Ich könnte noch unendlich viele Worte finden, um „Einraumpalast“ zu beschreiben und in den Himmel zu loben, doch im Grunde möchte ich nur eins sagen, lest dieses Buch. Es hat so eine wunderschöne Mischung aus verschiedensten Emotionen, ist wahnsinnig tiefsinnig und doch lockerleicht zu lesen.
Das Ende gefällt mir so gut und es entlässt mich mit einem angenehmen Gefühlsmix.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine kleine Liebeserklärung an die Welt der Geschichten, an die Macht ihrer Buchstaben, den Zauber, den sie weben, um uns Lesende in ihre Welt zu ziehen. Mittendrin ein junger Mann, der mit Klischees bricht und während er über sich hinauswächst, zieht er den Lesenden hinein in ein großes dramatisches Liebesabenteuer.
Lesen:
Unbedingt. Es erwartet euch eine tiefgründige Geschichte, wo es viel zu entdecken und zu fühlen gibt. Ein Liebesroman, der Wertschätzung und Spannung zu einer tollen Geschichte verbindet.
Weglegen:
Oh bitte nicht. Es ist keine Schnulze. Wenn ihr euch unsicher seid, lasst den Zauber einer Leseprobe auf euch wirken. Dieses Buch sollte nicht weggelegt, sondern gelesen werden.
Mal ehrlich:
Metalfan Matthis mit seiner fröhlichen und flatterhaften Art trifft in der Teeküche der Poststelle des Bojack Verlages auf die unterkühlte Businessfrau Lovis. Was nach einem klischeebeladenen Schnulzenromananfang klingt, ist es in Wahrheit nicht. Sonja Rüther schreibt nämlich nicht in Schubladen, sondern baut eine Geschichte, die sich jenseits aller Klischees entwickelt. Das müssen auch die Figuren lernen, denn über den Tellerrand hinausschauen fällt bekanntlich vielen Menschen schwer.
Erzählt wird „Einraumpalast“ vom personalen Erzähler mit reinem Fokus auf Matthis. Ihn hält es in keinem Job länger als die Frist einer Probezeit, aber genauso will er leben. Er braucht die Jobs nur, um sich sein nächstes Konzertbesuch und seine Einzimmerwohnung leisten zu können. Das macht ihn glücklich, sich binden will er nicht. Ich mag Matthis, seine offene Art macht ihn sofort sympathisch. Aber auch Lovis finde ich faszinierend, denn es ist spürbar, dass sie etwas verbirgt und ebenfalls lebenslustig sein kann.
Durch „Einraumpalast“ weht eine besondere Mischung aus purer Lebensfreude, die Liebe zum geschriebenen Wort mit einem Hauch Melancholie und dem Drama aus dem echten Leben. Ernste Themen werden auf eine angenehme Art eindrücklich angesprochen, sie bagatellisieren nicht, machen aber auch keine Angst. Die tiefgründigen Gespräche der einzelnen Figuren gehen ans Herz und die platzierte Kritik an dem Umgang großer Verlage mit Autoren rüttelt wach.
Sonja Rüther hat es geschafft, einen unglaublich vielschichtigen Liebesroman zu schreiben.
Fazit:
Ein tolles Buch, dass seinen Zauber beim Lesen entfaltet und nachdem Lesen noch lange nachwirkt. Vollste Leseempfehlung!
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf eine Geschichte, die auch das wahre Leben hätte schreiben können?
Dann empfehle ich euch:
Hey June von Sonja Rüther