Besonders die Plotidee des Buches hatte einen gewissen Reiz auf mich ausgeübt. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde mit einem Serienkiller und dessen Tochter durch die Mojave-Wüste zu laufen, auf der Suche nach vergrabenen Frauenleichen. Und so konnte ich letzten Endes nicht widerstehen und griff zum Buch.
In meiner Rezension „Vogelgrab“ von Anne Frasier nehme ich euch mit auf eine Reise über meine Meinung zum Buch.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Umschlaggestaltung: semper smile, München
erschienen bei Edition M
Veröffentlicht 8. Februar 2022
Originaltitel Find me
Übersetzt von Peter Friedrich
ca. 348 Seiten
Band 1 der Reihe Reni-Fisher-Thriller
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
Niemand weiß genau, wie viele Frauen Benjamin Fisher getötet und in der Mojave-Wüste verscharrt hat. Nun erklärt sich der inhaftierte Serienkiller endlich bereit, Detective Daniel Ellis von der Mordkommission zu den Gräbern zu führen. Unter einer Bedingung: Fishers Tochter Reni, inzwischen FBI-Profilerin, soll dabei sein.
Ellis ahnt, wie traumatisch ein Wiedersehen für Reni mit ihrem Vater ist. Als kleines Mädchen war sie sein Lockvogel, der die ahnungslosen Frauen zu ihm geführt hat. Doch die Toten müssen gefunden werden, und Reni fährt mit Ellis, der selbst eine Rechnung mit Fisher offen hat, in die Wüste
© Klappentext: Edition M
Anne Frasier hatte es mir zu Beginn leider gar nicht leicht gemacht. Ich hatte den Eindruck, einem Vögelchen beim Picken zu beobachten, das mal hier hin und mal dahin flatterte. Es gab anfänglich so viele Sprünge innerhalb der Erzählung, dass ich ganz wirr im Kopf wurde. Meine größte Sorge war, dass das so weitergehen würde, aber ich merkte gar nicht, dass ich plötzlich wie festgeklebt an der Szenerie hing.
„Vogelgrab“ zog mich in seinen Bann und ließ mich bis zum Schluss nicht mehr los. Meine Vorstellungen von den zukünftigen Ereignissen wurden relativ schnell komplett gekillt, stattdessen bekam ich eine Story serviert, die von unerwarteten Wendungen und den tiefen Emotionen einer traumatisierten ehemaligen FBI-Profilerin lebte. Denn Reni Fisher hatte eine dunkle Vergangenheit, in der sie als kleines Mädchen ihrem Vater als Lockvogel diente. Gemeinsam spielten sie ein bösartiges Spiel, in dem Reni junge Frauen anlockte, die ihr Vater anschließend ermordete und in der Wüste verscharrte. Noch immer plagen Reni Schuldgefühle, doch Stück für Stück enthüllt sich eine so tiefgreifende Tragödie, dass ich Reni am liebsten fest in die Arme geschlossen hätte.
Ihre ganzen Ängste und die tiefe Verzweiflung, eine Mitschuld an den Tod der Frauen zu haben, ging mir nahe. Reni wirkte so unglaublich zerbrechlich und war gleichzeitig so stark. Ich mochte sie sehr gern. Vor allem, weil sie unbedingt helfen wollte, die Opfer in der Mojave-Wüste zu finden.
Aber auch Protagonist Daniel Ellis, Detektiv bei der Mordkommission, bereicherte „Vogelgrab“ auf seine eigene Art und Weise. Sein unerschütterlicher Glaube an Reni fand ich besonders beeindruckend, denn auch Daniel Ellis hatte ein gut gehütetes Geheimnis. Ich hätte es verstanden, wenn er Reni aus tiefstem Herzen Misstrauen entgegengebracht hätte. Doch die beiden ergänzten sich wunderbar auf der Suche nach den vermissten Opfern des Inland-Empire-Killers.
Der Schreibstil von Anne Frasier zog mich immer tiefer in die bedrückend bedrohliche Atmosphäre von „Vogelgrab“. Mit einem unglaublich fein gesponnenen Netz unterschiedlicher Handlungsfäden sorgte die Autorin für einen wirklich packenden Spannungsanstieg. Mithilfe des personalen Erzählers konnte ich mehrere Personen begleiten und so zeichnete sich langsam ein ganz eigenes grauenhaftes Bild der Ereignisse, dessen Auswirkungen bis ins Jetzt nachhalten.
Dabei ging Anne Frasier ziemlich geschickt vor. Ziemlich häufig ließ sie mich einfach nur an den Emotionen, Erinnerungen und Handlungen ihrer lebendig ausgearbeiteten Figuren teilhaben, aber gelegentlich schickte sie mich auch wirklich in die Vergangenheit zurück.
Dieser Thriller war unglaublich geschickt konstruiert worden. Die menschliche Psyche nahm viel Raum ein, aber auf eine unglaublich interessante und sehr feinausgeklügelte Art. Manche offensichtliche Hinweise von Anne Frasier führten zu mancher richtigen Schlussfolgerung, doch mit dem Gesamtbild, welches mir am Ende präsentiert wurde, hätte ich nie gerechnet. Ich war am Ende fassungslos und erschüttert, „Vogelgrab“ wird noch lange in mir nachhallen.
„Vogelgrab“ ist der Auftakt einer neuen Reihe um Reni Fisher und ich weiß schon jetzt, dass ich unbedingt wieder auf Reni treffen möchte. Ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass auch Daniel Ellis wieder mit dabei ist und sich vielleicht der ein oder andere Handlungsstrang noch auflöst, der nichts mit diesem Fall zu tun hat.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein psychischer Höllenritt in eine Vergangenheit, dessen Auswirkungen bis heute spürbar, aber noch nicht aufgeklärt sind.
Lesen:
Wenn ihr überraschende Thriller mögt und euch darauf einlassen könnt, wenn eure Erwartungen nicht erfüllt und ihr stattdessen eine ganz andere Geschichte präsentiert bekommt.
Weglegen:
Wenn ohne Blut und Splatter nichts bei euch geht, dann wird der Thriller euch wohl kaum vom Hocker reißen.
Mal ehrlich:
Dieses Buch hat mich überrascht. Wir beide hatten zu Beginn keinen einfachen Start. Mir fiel es schwer, in die Geschichte zu kommen, da ich manchmal die Erzählweise der Autorin als flatterhaft empfand. So trudelte ich in der Erzählung wie ein loses Blatt hin und her, doch mit einem Mal war ich total gefangen in dieser Story, die so ganz anders war, als ich es mir vorher vorgestellt hatte.
“Vogelgrab“ lebte stark von den Emotionen und Beweggründen der beiden Hauptfiguren. Sowohl Reni Fisher, die Tochter des Serienmörders, als auch Detektive Daniel Ellis hatten ihre ganz eigenen Motive, warum sie die im Wüstensand verscharrten Opfer des Inland-Empire-Killer finden wollten.
Beide Charaktere mochte ich unheimlich gern, denn sie ergänzten sich nicht nur perfekt, jeder war auf seine eigene Art und Weise einfach nur liebenswert.
Anne Frasier gelang es unglaublich feine Erzählstränge zu weben, die mich mal aktiv in die Vergangenheit blicken ließen, manchmal aber nur an den Erinnerungen der Personen teilhaben ließ, um mich dann wieder ins Jetzt zu katapultieren. Der Thriller war eher leise, aber unglaublich facettenreich und spannungsvoll konstruiert.
Das wahre Ausmaß des Grauen zeigte sich erst zum Schluss und ließ mich fassungslos zurück. Ja. Das ein oder andere hatte ich schon selbst vermutet, aber die Tragödie des Ganzen ging mir unter die Haut.
Ich freue mich schon so sehr auf ein Wiedersehen mit Reni.
Fazit:
Ein Thriller, der fantastisch und intensiv war und völlig anders gewesen ist, als ich es erwartet hatte. Lesenswert.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen wendungsreichen Thriller mit permanent hohen Spannungslevel?
Dann empfehle ich euch:
Das Spiel – Es geht um Dein Leben von Jan Beck