Maarten S. Sneijder ist einer meiner absoluten Lieblingscharaktere. Besonders liebe ich seine ehrlichen und wirklich sehr scharfzüngigen Bemerkungen und Antworten. Nach „Todesreigen“ konnte ich es kaum erwarten, mit „Todesmal“ zu beginnen, denn ich war extrem neugierig. Würde es Maarten S. Sneijder gelingen endlich sein eigenes Team nach seinen Bedingungen aufstellen zu können?
In meiner Rezension „Todesmal“ von Andreas Gruber werde ich das nicht ganz lüften, aber euch erzählen, ob mich der fünfte Band der Reihe mitreißen konnte.
© Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
erschienen bei Goldmann Verlag
Veröffentlicht 19. August 2019
ca. 592 Seiten
Band 5 der Todesreihe
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
Klappentext
Der neue Fall für Sneijder und Nemez. Eine geheimnisvolle Nonne betritt das BKA-Gebäude in Wiesbaden und kündigt an, in den nächsten 7 Tagen 7 Morde zu begehen. Über alles Weitere will sie nur mit dem Profiler Maarten S. Sneijder sprechen. Doch der hat gerade gekündigt, und so befragt Sneijders Kollegin Sabine Nemez die Nonne. Aber die schweigt beharrlich – und der erste Mord passiert. Jetzt hat sie auch Sneijders Aufmerksamkeit. Und während die Nonne in U-Haft sitzt, werden Sneijder und Nemez Opfer eines raffinierten Plans, der gnadenlos ein Menschleben nach dem anderen fordert und dessen Ursprung in einer grausamen, dunklen Vergangenheit liegt …
Der fünfte Fall für Sneijder und Nemez.
© Klappentext: Goldmann Verlag
Andreas Gruber versteht es vorzüglich, seine Leserschaft sofort zu fesseln. Ich war sogleich mitten in der Geschichte gefangen und schon auf den ersten Seiten auf der Suche nach dem Warum. Dieses Mal war der vermeintliche Täter schon bekannt in Gestalt einer Nonne. Ziemlich skurril, wie ich fand, wenn ich bedenke, dass sie eigentlich Leben lieben und schützen und nicht vernichten sollte. Gespannt verfolgte ich ihr Ultimatum und den Kampf von Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez gegen die Zeit. Denn viel Spielraum blieb ihnen nicht jeden Tag eines von sieben unbekannten Opfern zu finden und zu retten.
„Todesmal“ eignete sich kaum zum Mitraten und Spekulieren. Andreas Gruber nahm mir fast alle Möglichkeiten, eigene Schlüsse zu ziehen oder gar Mutmaßungen aufzustellen. Wenn es mir doch mal vermeintlich gelang, sein geniales Handlungsgerüst zu durchschauen, ließ er mich eiskalt auflaufen. Ich habe es geliebt. Der Drang, alles herausfinden zu wollen, war so überwältigend, dass ich auch dank des unglaublich angenehmen und flüssigen Schreibstils nur so durch die Seiten flog.
Zudem wurde ich durch meine eigene Gefühlswelt gejagt. Empfand ich die Tatorte und Tötungsarten als besonders schaurig, brutal und teilweise wirklich regelrecht perfide, so musste ich später erschrocken erkennen, dass ich plötzlich Sympathien für die Inszenierung des Ganzen empfand. Das Grauen kam in „Todesmal“ in vielerlei Gestaltungsarten daher und führte mich wieder einmal so nah an den Abgrund der menschlichen Bösartigkeit, dass mir übel wurde.
Die unterschiedlich wechselnden Perspektiven sorgten für eine Menge Dynamik innerhalb der Geschichte und durch den auktorialen Erzähler gewann ich eine größere Übersicht als die ermittelnden Beamten. Besonders interessant waren für mich die Rückblicke in die Vergangenheit, die die Gegenseite beleuchtete. So bekam ich mehr Hintergrundwissen, was das Gelesenen intensivierte und der Geschichte unglaublich viel Spannung und Tiefgang verlieh.
Mein größtes Highlight waren die Charaktere, die in den vorherigen Bänden noch Nebenfiguren, teilweise auch nur schemenhafte Randpersonen gewesen sind und plötzlich mit im Mittelpunkt standen. Sie liefen Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez nicht den Rang ab, was ich klasse empfand. Aber sie bereicherten die Ermittlungen und auch das Zusammenspiel untereinander unglaublich. Am liebsten mochte ich die hitzigen Wortgefechte und Sticheleien. Nicht selten huschte ein Schmunzeln über mein Gesicht. So milderte Andreas Gruber die schwere Kost geschickt ab und gab mir Zeit, auch einmal durchzuatmen.
Einzig das Finale konnte mich nicht zu hundert Prozent abholen. Es war beinahe schon gediegen. Zwar legte Andreas Gruber noch ein paar geschickte Fallen aus und warf mir kleine Hinweisbröckchen zu, aber es konnte mich nicht ganz über die Auflösung hinwegtrösten. Für mich blieben dieses Mal ein paar Fragen offen. Erst hatte es mich gestört, aber im wahren Leben gelingt es den Ermittlern auch selten, alles komplett aufzudecken. Dieser Gedanke versöhnt mich letzten Endes mit dem Schluss von „Todesmal“.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein undurchschaubarer Thriller, der nichts für Zartbesaitete ist und tief in die menschlichen Abgründe blicken lässt.
Lesen:
Wenn ihr packende Thriller liebt, wo ihr die weitere Entwicklung nur schwer oder gar nicht durchschauen könnt.
Weglegen:
Das Buch wirklich nur dann nicht lesen, wenn ihr mit einer sehr bildlichen Beschreibung von Tatorten nicht umgehen könnt.
Mal ehrlich:
„Todesmal“ war dieses Mal ganz anders aufgebaut als seine Vorgänger. Ich habe es geliebt, den vermeintlichen Täter und die Androhung von sieben Morden zu kennen. Doch alles was darüber hinaus war, ließ Andreas Gruber in einem Nebel verschwinden. So konnte ich zwar nicht so miträtseln, wie ich es sonst so gern bei dieser Reihe mache, aber das tat der Spannung keinen Abbruch.
Im Gegenteil. Das Buch hatte eine durchgängig packende Atmosphäre, die von einem sehr bildlich detaillierten Schreibstil geprägt wurde. Manches war wahrlich nichts für empfindliche Mägen und schwache Nerven. Besonders die grausamen Überlegungen zum Töten der Opfer waren so manches Mal echt harte Kost, bis ich hinter die Motive kam. Ein so genialer Schachzug von Herrn Gruber, denn ich suchte nicht nur mit Sneijder und Nemez gesichts- und namenlose Opfer, sondern auch meine eigenen Emotionen. Bemitleidete ich am Anfang noch die Leidtragenden, hinterfragte ich mich später, ob sie es tatsächlich verdienten.
Mit „Todesmal“ ging es ganz tief hinab in die menschengemachte Grausam- und Kaltblütigkeit. Da war das Finale beinah sanft und unaufgeregt. Das fand ich es bisschen schade, zumal die ein oder andere Frage dabei offenblieb. Ich mag es ja lieber ganz rund, aber zum Schluss konnte ich mich doch noch ganz gut mit diesem Ende arrangieren.
Fazit:
Mir hat „Todesmal“ richtig gut gefallen. Dieses Mal blieb alles fast bis zum bitteren Ende undurchschaubar, hochgradig spannungsgeladen und hielt unglaublich viele Schockmomente bereit. Auch wenn das Ende nicht ganz mein Geschmack traf, aber godverdomme, es war ein genialer Thriller.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen Psychothriller,
der euch in die finsteren Winkel der menschlichen Seele hinabführt?
Dann empfehle:
Liebes Kind von Romy Hausmann
Hi Mo,
was für ein interessantes Buch!
Ich bin ein riesiger Fan von sollchen Büchern.
Ich mag es gar nicht wenn man immer schon weiß was als nächstes passieren wird und man nicht zum selber nachdenken angeregt wird.
Dass dies in diesem Buch ganz anders ist gefällt mir sehr gut und ich werde mir das Buch kaufen.
LG
Stephan
Lieber Stephan,
och, das kommt ja immer auf den Aufbau der Geschichte an. Ich mag es ganz gerne mal schon den Täter zu kennen. Der Weg ihn zu schnappen kann genauso nervenaufreibend sein, wie ihn zu ermitteln 😉
Aber mit dem Buch kannst du definitiv nichts verkehrt machen.
Liebe Grüße
Mo
Sollte man die anderen vier Teile kennen, bevor man zu dem Buch greift? Ich bin bei Reihen nämlich zaghaft und würde meist beim ersten Buch starten! Aber eine Nonne als vermeintliche Täterin finde ich interessant! Was sie wohl für Hintergründe hat? Vor allem, weil sie ja Leben lieben und schützen sollte, wie du schon schreibst! Wäre ein Buch, das mich reizen würde!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
Andreas Gruber schreibt seine Bücher immer in sich geschlossen und umschifft auch geschickt die Spoilergefahr. Du kannst also bedenkenlos das Buch lesen ohne die anderen Teile zu kennen. Aber ich empfehle die Vorgänger alle. Die Reihe ist wirklich unglaublich gut und die Charaktere entwickeln sich immer weiter.
Liebe Grüße
Mo