Ein bisschen hatte ich die Laura-Kern-Reihe aus den Augen verloren. Als „der böse Mann“ erschien, war ich aber hoch motiviert, endlich wieder den Anschluss zu finden. Durch Zufall bildete ich mit zwei anderen Lesebegeisterten eine Buddy-Read-Runde und es machte Spaß, gemeinsam das Buch und seine Geschichte zu entdecken.

In meiner Rezension „Der böse Mann“
von Catherine Shepherd spüre ich der Frage nach, ob der Thriller mich packen und ich den Fall vor der Ermittlerin lösen konnte.

 

Der böse Mann von Catherine Shepherd
© Cover: Alex Saskalidis

Infos zum Buch
erschienen bei Kafel Verlag
Veröffentlicht 24. Juni 2021
ca. 332 Seiten
Band 6 der Reihe Laura Kern
erhältlich als Taschenbuch und eBook
 

Klappentext

Er will dich und nichts kann ihn aufhalten!

Am Ufer eines Sees wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Ein rostiger Stacheldraht ist um ihren Hals gewickelt und die Schulter mit einem dreiflügligen Schmetterling tätowiert. In ihrer Hosentasche entdeckt Spezialermittlerin Laura Kern eine Botschaft, bei der ihr das Blut in den Adern gefriert. »Ich bin die Zweite«, steht auf einem Papiertaschentuch geschrieben. Doch wer ist dann das erste Opfer? Eine weitere Nachricht führt Laura zu der nächsten Toten, die ebenfalls grausam zugerichtet ist. Laura jagt einen Serienkiller, der abgrundtief böse ist und sie in ein gnadenloses Spiel verwickelt. Ein Spiel, das niemand gewinnen kann. Erst in letzter Minute erkennt sie, was der Täter wirklich vorhat. Aber es scheint längst zu spät, ihn zu stoppen.

Catherine Shepherds neuer Thriller nimmt Sie mit in einen Albtraum, der vor vielen Jahren begann und aus dem es kein Erwachen gibt.

© Klappentext: Kafel Verlag

Passend zur Laura-Kern-Reihe wurde auch das Cover vom „Der böse Mann“ gestaltet. Gleichzeitig spiegelte es einen relevanten Teil der Geschichte wider. Aber auch der Titel war eindeutig Programm, denn der Täter wurde häufig genauso bezeichnet.

Wie gewohnt ließ sich auch „Der böse Mann“ unabhängig von den vorherigen Bänden lesen. Da die Fälle in sich immer abgeschlossen sind, gab es hier keinerlei Bezüge zu diesen. Lediglich kleine Splitterfragmente aus der Vergangenheit von Laura Kern wurden wiederholt, um den Leser:innen ein besseres Verständnis für ihre Handlungen zu geben. Ebenso wurden die Beziehungen zum Kollegen Max Hartung und zu ihrem Lebenspartner Taylor Field grob umrissen, um die Entwicklungen verständlich zu machen.

Zu Beginn begleitete ich im Prolog ein Opfer in der Ich-Perspektive, während der Rest der Geschehnisse vom auktorialen Erzähler geschildert wurde. Ich hätte es viel schöner gefunden, wenn Catherine Shepherd zumindest bei diesem speziellen Opfer bei der Ichform geblieben wäre, da das Grauen viel intensiver an mich hätte transportiert werden können. So jedoch empfand ich die Erlebnisse dieser Geschädigten als nicht ganz so fesselnd.

Es kamen relativ viele verschiedene Figuren mit unterschiedlichsten Charaktereigenschaften vor, welche ich stellenweise begleiten durfte. Das verlieh der Geschichte Substanz und Tiefe. Zudem gewährte es mir einen grandiosen Überblick, sodass ich ein umfänglicheres Bild erkennen konnte, als es den einzelnen Charakteren möglich gewesen ist.
Erstaunlicherweise wurde es auch nie unübersichtlich und dank Catherine Shepherds ausgefeilten Charakterdarstellungen hatte ich nie Probleme, sofort zu erkennen, wen ich aktuell begleiten durfte.
Die Charaktere um Laura, Taylor und Max entwickelten sich kaum weiter, doch das war für mich insgesamt in Ordnung. Dafür gab es eine besonders starke Figurenentwicklung bei einem der Opfer, was ich richtig klasse empfand.

Der Schreibstil war angenehm leicht und durch den gut durchstrukturieren Spannungsaufbau flüssig sowie locker lesbar. Die Geschichte nahm zu dem schnell an Fahrt auf und bot reichlich Platz für spannende Wendungen.
Sehr gut gefiel mir, dass die Figurenrede auf die unterschiedlichen Charaktere angepasst wurde, sodass die bildlich beschriebenen Szenenbilder an Lebendigkeit gewannen.
Ein bisschen nervte es mich, dass Catherine Shepherd bestimmte Bausteine immer wieder in diese Reihe einflechtet. So geht mir der Zwist zwischen Taylor und Max gehörig auf den Keks, weil es wirklich Kindergartengehabe ist. Aber auch, dass Laura Kern gern oft beinah in den Bildschirm rein kriecht, hat schon einen Methusalem Bart. Hier dürften gern ein paar neue Metaphern einziehen.

„Der böse Mann“ war ein Thriller der sich auch bestens für ängstlichere Leser:innen eignete. Weder ging Catherine Shepherd bei eindeutigen grausamen Szenen zu tief ins Detail noch wurden die brutalen Tötungsarten besonders häufig erwähnt. Bei besonders schaurigen Stellen blendete die Autorin sanft ab, sodass hier lediglich die eigene Fantasie die Lücken füllen kann, sofern dies gewünscht sein sollte.

An sich gefiel mir der Handlungsaufbau, der chronologisch ausgelegt war und im Kontext sinnvoll eingebundene Rückblicke beinhaltete. Das förderte das Rätsel raten um die Frage, wer der Mörder und was sein Ziel sein könnte.
„Der böse Mann“ war arm an Nebenschauplätzen, was mich persönlich aber nicht störte. So lag der Fokus eher auf den Ermittlungen und der Ereignisse rund um den undurchschaubaren Täter.

Ich hatte relativ schnell eine Vermutung, was das eigentliche Vorhaben des bösen Mannes sein könnte. Dafür konnte ich ihn bis zum Schluss nicht entlarven und war von der Auflösung überrascht.
Jedoch fehlten mir am Ende ein paar Antworten auf einige Fragen, zum Beispiel was bestimmte Handlungen des bösen Mannes betraf. Sie waren zwar nicht elementar relevant, aber ich hätte sie dennoch gern verstanden und nachvollziehen wollen.

Der finale Showdown war packend, hatte aber auch ein bisschen was von Einer gegen alle. Ich fand das nicht allzu schlimm, allerdings auch nicht hundertprozentig nachvollziehbar.
Der Epilog wurde für meinen Geschmack zu rasch abgehandelt, hier hätte ich ein paar mehr Sätze zum würdigen Abschluss besser gefunden. Trotz einiger Kritikpunkte konnte mich „Der böse Mann“ bestens unterhalten und ich hatte viel Spaß beim Lesen.

Der böse Mann von Catherine Shepherd
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Laura Kern auf der Spur eines Täters, der ein perfides Katz- und Mausspiel mit der Polizei treibt.

Lesen:

Wenn ihr spannende Thriller lesen möchtet, deren Mittelpunkt die Ermittlungsarbeit und nicht die Tötung an sich ist, der ist hier wirklich gut beraten.

Weglegen:

Wenn ihr eine blutrünstige Geschichte mit reichlichen Schockmomenten sucht, wird euch „Der böse Mann“ zu gemütlich sein.

Mal ehrlich:

Bei Catherine Shepherd weiß ich, dass ich gute und spannende Unterhaltung erwarten kann, ohne dass es ein blutiges Gemetzel gibt. Auch in diesem Buch fand ich die Ermittlung nach dem bösen und grausamen Mörder als fesselnd sowie angenehm erzählt. Lediglich zu Beginn hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin gerade bei dem Opfer, das ich als Erstes kennenlernen durfte, bei der Ichform geblieben wäre. Dann wären dessen Eindrücke viel intensiver und mein Mitgefühl für es höher gewesen.
Obwohl ich relativ viele unterschiedliche Figuren begleiten durfte, verlor ich nie den Überblick über das Geschehen. Dennoch gelang es mir trotz mehr Informationen gegenüber einzelnen Charakteren nicht herauszufinden, wer „Der böse Mann“ war. Aber es gelang mir, seine wahre Absicht zu durchschauen, noch ehe es Laura Kern erkannte. Dies raubte mir jedoch nicht die Spannung, im Gegenteil, es förderte meine Neugier, wie es final ausgehen würde.
Ein bisschen bedauerlich fand ich, dass das Ende ein wenig kitschig überzogen wirkte und zu rasch abgehandelt wurde. Es gab Fragen, die ich gerne noch beantwortet gehabt hätte. Alles in allem aber fühlte ich mich super unterhalten.

Fazit:

„Der böse Mann“ ist eher ein ruhiger Vertreter der Thriller Genres, doch an den nötigen Stellen hoch spannend und interessant aufgebaut. Die Jagd nach dem Täter war aufregend und bot genug Platz für eigene Erklärungsversuche.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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