Aufmerksam wurde ich auf das Buch dank einer E-Mail. Normalerweise bin ich bei schwedischen Krimis immer total skeptisch, weil sie meist meinen Geschmack nicht treffen. Also habe ich vorher zum Buch recherchiert und was ich so las, machte mir Mut.
In meiner Rezension „Auf Tod komm raus“
von Anna Karolina wird das Geheimnis gelüftet, ob sich für mich der Krimi lohnte und ob ich ihn auch empfehlen kann.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Umschlaggestaltung: bürosüd° München, www.buerosued.de
erschienen bei Edition M
Veröffentlicht 9. November 2021
Originaltitel Försvararen
Übersetzt von Peter Zmyj
ca. 429 Seiten
Band 1 der Reihe Ein Fall für Ebba Tapper
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
»Einer von uns wird heute Nacht sterben.« Noch lacht Nicolas Moretti über die Prophezeiung seiner Zwillingsschwester, mit der er den Weihnachtsabend im Drogenrausch feiert. Doch als der kalte Morgen in Stockholm anbricht, ist einer von ihnen tot.
Ebba Tapper war ein aufgehender Stern bei der Polizei, bis man sie nach einem gewaltsamen Zwischenfall entließ. Nun bekommt sie eine zweite Chance: Staranwältin Angela Köhler beauftragt sie, in dem spektakulären Moretti-Mord privat zu ermitteln. Der Medienhype zerrt Ebba nicht nur in das Licht der Öffentlichkeit. Sie muss auch ihre früheren Kollegen hintergehen, um herauszufinden, was in jener Nacht geschah …
© Klappentext: Edition M
Der Einstieg in „Auf Tod komm raus“ gelang super. Ich war sofort drin in der packenden Rahmenhandlung, die mich fasziniert weiterlesen ließ. Ich lernte zu Beginn Nicolas und seine Schwester Jasmine kennen, über denen eine düstere Prophezeiung schwebte. Heute Nacht würde einer von ihnen beiden sterben, vor ihrem gemeinsamen dreißigsten Geburtstag. Das weckte natürlich meine Neugierde, immerhin spielte die Geschichte in der Gegenwart, und da glauben die Menschen normalerweise nicht mehr unbedingt an Wahrsagungen.
Geschildert wurden alle Ereignisse vom auktorialen Erzähler, aber so gut, dass ich augenblicklich eine tiefe Verbindung zu den Protagonisten herstellen konnte. Besonders als ich am Anfang Nicolas Moretti begleiten durfte, fand ich unheimlich spannend. Ich hatte das Gefühl, hautnah dabei zu sein und mochte die Stimmung im Buch.
Erst später kam Ebba Tapper hinzu, ehemalige Polizistin und nun völlig runtergerockt. Ihr bester Kumpel passt in Flaschen und dennoch erfüllte sie keine Klischees. Ja, zu Beginn fand ich Ebba ziemlich undurchsichtig, ich konnte mir kein klares Bild von ihr machen. Es war nur klar, dass sie völlig am Ende war und ihr die Staranwältin Angela Köhler unerwartet eine zweite Chance bot.
Stück für Stück löste Ebba Nicolas ab, sodass das Hauptaugenmerk fast nur noch auf Ebba lag. Was aber an sich superstimmig gewesen ist, denn „Auf Tod komm raus“ ist der Auftakt zu einer neuen Krimireihe, in dessen Mittelpunkt eben die Ermittlerin Ebba Tapper steht. Und so lernte ich sie auch besser kennen, verstand, was die Ursache für ihren Absturz war und verfolgte gebannt ihren inoffiziellen Ermittlungsansätzen. Am meisten faszinierte mich, dass Ebba ganz genau um ihre Alkoholsucht wusste und sich damit recht realistisch auseinandersetzte. Nicht so, dass daraus eine spontane Genesung entstand, aber doch so, dass sie mir sympathisch war.
Insgesamt fand ich die Entwicklung der Figuren glaubwürdig. Die meisten Fortschritte machte Ebba und ich war froh, dass ich größten Teils an ihrer Seite sein durfte. Ihr innerlicher Zwiespalt gepaart mit dem Wunsch, doch zeigen zu können, wie gut sie einst in ihrem Job war, machte sie zwar zu einer Antiheldin, aber dafür zu einem lebendigen Menschen.
Das atmosphärische Grundrauschen war düster und es lag viel negative Spannung sowie Verzweiflung in der Luft. Aber genau das mochte ich an dem Buch, denn hier gab es so viele Figuren, die etwas zu verbergen hatten und eine Wahrheit, die sich einfach nie richtig greifen lassen wollte. Ja, ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass sich die Ereignisse beinahe gemütlich weiterentwickelten. „Auf Tod komm raus“ war keine rasant erzählte Geschichte, sondern ein Buch mit vielen leisen und dramatischen Zwischentönen. Ja, die Polizei erschien oftmals in keinem guten Licht, aber das tat in dieser Story niemand. Alle umwoben düstere Heimlichkeiten und das machte das Ganze so spannend für mich.
Anna Karolina legte viele Fallstricke für mich aus, in die ich fröhlich in dem Glauben hineintappte, die Lösung schon zu kennen. Doch so leicht machte mir die Autorin das nicht. Erst auf der letzten Seite ließ sie die Falle zuschnappen und mich sprachlos zurück. Das Ende halb offen gestaltet, brachte mich fast um den Verstand. Ich will wissen, wie es weitergeht. Der Fall an sich ist gelöst, was ich definitiv mochte.
Auch wenn ich das Cover schon recht nichtssagend empfand und es mich dadurch auch nicht abholen konnte, „Auf Tod komm raus“ schaffte es jedoch sehr wohl. Die Jagd nach der Wahrheit mit ihren überraschenden Wendungen fand ich persönlich gelungen. Im Übrigen hätte ich den Originaltitel „Försvararen“ passender für dieses Buch gefunden. Denn dann wäre aus „Auf Tod komm raus“ „Der Verteidiger“ geworden.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine ehemalige Polizistin, die völlig am Ende ist, soll plötzlich helfen, einen aussichtslosen Fall zu gewinnen, in dem nichts so ist, wie es der schöne Schein zeigt.
Lesen:
Ihr mögt schwedische Krimis und auch eine düstere Grundstimmung. Dann ist „Auf Tod komm raus“ bestimmt etwas für euch.
Weglegen:
Wenn ihr mit den Themen Suizid, Selbstverletzung und sexuellen Missbrauch nicht umgehen könnt, solltet ihr dringend die Finger von dem Buch lassen.
Mal ehrlich:
Normalerweise bin ich schwedischen Krimis gegenüber immer ziemlich vorsichtig eingestellt. Meist gefallen sie mir nicht, doch hier konnte ich einfach nicht widerstehen. In „Auf Tod komm raus“ erwartet euch eine sehr düstere Geschichte, die besonnen und ohne Effekthascherei erzählt wurde. Ausnahmslos jeder hatte irgendetwas an sich, dass ihn verschlagen wirken ließ. Die gesamte Atmosphäre war bedrückend gehalten, was die Schwierigkeit nach der Wahrheitsfindung unter ein Brennglas stellte.
Mittendrin eine private Ermittlerin, die eigentlich genug eigene Probleme hatte und durch ihren Alkoholkonsum manchmal etwas behäbig im Denken wirkte. Aber nie war Ebba Tapper eine klischeebehaftete Figur, sondern eine Person, die durchaus zur Selbstreflexion in der Lage war.
Dies hier ist kein vor Action und packender Spannung tropfendes Buch, oh nein. Anna Karolina erzählt beinah erschreckend ruhig die Ereignisse und legt viele falsche Fährten aus, denen ich im Glauben alles schon zu wissen gefolgt bin.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse, die mir den Mund offenstehen ließen und explodierten auf der letzten Seite in einer Überraschung, die mich fassungslos das Buch zu schlagen ließ.
Ebba Tapper, wir lesen uns wieder.
Fazit:
„Auf Tod komm raus“ wurde zwar gemütlich erzählt, hatte aber durch eine schon fast erdrückende dunkle Atmosphäre großen Unterhaltungswert. Ein Schwedenkrimi, der mich überzeugen konnte.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen gemütlich humorvollen Hobbydetektiv-Krimi?
Dann empfehle ich euch:
Rum oder Ehre von Carsten Sebastian Henn
Liebe Mo,
wie lustig, ich bin bei schwedischen Krimis immer gleich offen.
Umso besser, dass auch du diesen mochtest. Ob ich allerdings aktuell eine erdrückend dunkle Atmosphäre brauche? Eher nicht.
Derzeit ist mir nach schönen, romantischen und gerne etwas kitschiger aber leichter Literatur zumute.
Hast du da eine Empfehlung? Dein letzter Tipp mit „Fig“ war klasse.
Liebe Grüße, Katja
Liebe Katja,
mh, was leichtes. Puh, wie wäre es mal mit einem Regency-Roman? Ich lese aktuell gerade „Skandal um Lady Rowena“ von Ivy Paul, das ist lockere Unterhaltung und ein bisschen kitschig ist es auch 😉 Also ein bisschen Amore, ein bisschen Krimi, viel Adel und schöne Settings in Englands Natur. Nur mit der Rezension kann ich (noch) nicht dienen.
Liebe Grüße
Mo
Das klingt ja spannend, danke für den Tipp! Ich mag schwedische Krimis gerne, und dieser hier klingt auch super. Und so ruhige Erzählweisen und „Antihelden“ find ich auch immer super. Die düstere Stimmung, und das überraschende Ende…ich merke es mir mal. Muss aber auch erstmal noch das ein oder andere Buch erst zuende lesen, bevor ich mir ein neues zulege 😉
Liebe Grüße,
Diana
Liebe Diana,
*hach*, das „Problem“ kenne ich. So eine Wunschliste kann da auch Vorteile haben. Falls das Buch bei dir einziehen darf, bin ich auf deine Meinung gespannt.
Liebe Grüße
Mo
Du bist skeptisch bei schwedischen Krimis? Das sollte für mich dann jetzt ein Alarmsignal sein, und ich sollte vielleicht skeptisch sein. Denn ich liebe schwedische Krimis. Und es ist für mich schon ein Pluspunkt, wenn ein Krimi aus Schweden kommt. Hm, aber Deine Schilderung wirkt wirklich interessant und macht mich neugierig. Die ruhige Erzählweise ist doch eigentlich ganz typisch für einen richtig guten schwedischen Krimi, oder? Naja, ich werde wohl mal selbst lesen müssen, um mitreden zu können…
LG Renate
Liebe Renate,
genau. Die ruhige Erzählweise ist typisch für schwedische Krimis und mir oft zu ruhig. Daher bin ich da skeptisch. Bei diesem Krimi hier passte aber alles und ich fand den klasse. Falls du ihn liest, ich bin gespannt auf deine Meinung.
Liebe Grüße
Mo