Angelockt von einer Buchvorstellung war ich neugierig auf diese Geschichte geworden. Ein Polizist, der erst eine Straftat begeht und sie dann versucht rückgängig zu machen? Klang reizvoll für mich.

In meiner Rezension „Hundstage für Beck“ von Tom Voss zeigt sich, ob der Klappentext halten konnte,
was er mir versprach.


 

Hundstage für Beck von Tom Voss
© Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign

Infos zum Buch
erschienen beim Fischer Verlag
Veröffentlicht 1. Juni 2021
ca. 394 Seiten
Band 1 der Reihe „Nick Beck ermittelt“
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Der gefallene LKA-Ermittler Nick Beck muss gegen sich selbst ermitteln

Nordbek – der kleine Ort im Hamburger Norden hat außer Natur und Einsamkeit nicht viel zu bieten. Genau der richtige Ort für den gefallenen LKA-Ermittler Nick Beck, der sich nach einem traumatischen Einsatz in die Provinz versetzen lässt. Hier ertränkt er allabendlich seinen Frust in Alkohol. Als er eines Nachts auf einer einsamen Landstraße eine junge Frau überfährt, die nur mit einem BH bekleidet war, lässt er die Leiche in Panik verschwinden. Doch bald wird ihm klar, dass die Schäden an seinem Auto nicht darauf hindeuten, dass er die Frau wirklich überfahren hat. Sie muss schon tot auf der Straße gelegen haben. Nur was ist passiert? Kurzerhand platziert Beck die Leiche so, dass sie gefunden wird. Zusammen mit Cleo Torner vom LKA Hamburg, die ihn bei den Ermittlungen unterstützen soll, versucht Nick Beck dem Verbrechen auf die Spur zu kommen. Dabei stößt er auf menschliche Abgründe, die tiefer sind, als er sich hätte vorstellen können.

Der erste Fall für Nick Beck und Cleo Torner. Der zweite Band erscheint im Dezember 2021.

© Klappentext: Fischer Verlag

Das eher düster gehaltene Cover mit der gut sichtbaren Landstraße war passend zur Story ausgewählt worden, denn diese spielte eine tragende Rolle. Auch der Titel passte perfekt, denn die Ereignisse trugen sich während der heißesten Zeit des Hochsommers zu.

„Hundstage für Beck“ war der Startschuss für den Beginn einer neuen Serie, in der Nick Beck und Cleo Torner die Hauptrolle ergatterten. So verwunderte es auch nicht, dass innerhalb der auktorialen Erzählperspektive der Schwerpunkt auf den beiden lag. Aber ich durfte noch weiteren Figuren über die Schulter schauen, manchen davon nur ein einziges Mal. Dies erhöhte aber gekonnt die Neugierde, weil unklar war, was die einzelnen Personen genau mit dem Fall zu tun hatten.

Die Atmosphäre zu Beginn hatte den Charme eines heißen und schwitzigen Tages direkt im Wilden Westen. Doch ich befand mich im Norden Deutschlands, das im Klammergriff des gleißenden Sommers steckte und für reichlich flimmernde Hitze nicht nur als Wetterlage, sondern auch innerhalb des Gemüts bei so mancher Person sorgte.
Mitten drin ein traumatisierter, mit alkoholbehafteten Problemen versehrter Dorfpolizist, der einmal kräftig in die Klischeeschublade getunkt wurde. Ich befürchtete schon das Schlimmste, was aber zum Glück nicht eintraf. Stattdessen erfuhr ich Stück für Stück, weshalb der damals so verdammt erfolgreiche LKA-Ermittler Nick Beck in einen tiefen Abgrund stürzte. Oberflächlich betrachtet wirkte er eher wie ein typischer Bad-Cop, aber auf den zweiten Blick schälte sich eine erstaunliche Persönlichkeit heraus. Ich begann ihn zu mögen und gleichzeitig zu hoffen, dass es ihm gelingen möge, sein Fehlverhalten unbeschadet zu überstehen.

Das völlige Gegenteil von Nick Beck war die dynamische und voller Tatendrang beseelte LKA Beamtin Cleo Torner. Lediglich ihre Schwangerschaft machte der engagierten Ermittlerin das Leben schwer, weil sie viel lieber an vorderster Front kämpfen würde, als hinter einem Schreibtisch zu versauern. Kein Wunder also, dass ein Vermisstenfall ihr anfänglich keine Begeisterungsstürme entlockte. Ich mochte sie auf Anhieb, auch wenn ich ihre Beziehung zu ihrem Verlobten Chris recht unterkühlt empfand und mich fragte, was sie an diesem Typen fand.

Generell polarisierten die Charaktere in diesem Krimi sehr. Das machte das Ganze aber gerade interessant und brachte Stimmung ins Geschehen. Es war nicht vorhersehbar, wie es sich weiterentwickeln und wer wie und weshalb reagieren würde.

Der süffige Schreibstil sorgte für einen leichten Lesefluss, der die Spannung stetig ansteigen ließ. Obwohl der Fokus hauptsächlich auf Nick Becks Verschleierungstaktik nach seiner eigenen Tat lag, erfuhr ich dennoch auch hier und da private Details von den beiden Hauptfiguren. Ein bisschen Ermittlungsluft durfte ich auch schnuppern, aber insgesamt blieben die Polizeiarbeit recht schemenhaft umrissen. Es störte mich aber nicht sonderlich, da „Hundstage für Beck“ in anderen Bereichen glänzen konnte.

Der Krimi verleitete mich viel und oft zum Miträtseln. Am Ende lag ich mit meiner Vermutung nicht gänzlich daneben, aber dennoch so weit, dass mich das Finale überraschen konnte. Es war jedoch absolut stimmig und ich mochte, dass die Zusammenhänge ausführlich aufgeklärt wurden.

Hundstage für Beck von Tom Voss
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein heruntergekommener ehemaliger LKA Ermittler, der trotz allem noch immer an Gerechtigkeit glaubt und sie trotz eigenem Fehlverhalten und auf die Gefahr alles zu verlieren, umsetzen will.

Lesen:

Wenn ihr Krimis mit gefallen Gesetzeshütern mögt und es euch nicht stört, wenn die polizeilichen Ermittlungen nicht im Fokus stehen.

Weglegen:

Wenn ihr regionale Krimis mit einem Touch Klischeespielerei nicht mögt, solltet ihr euch lieber einem anderen Buch zu wenden.

Mal ehrlich:

Normalerweise habe ich ja so meine Schwierigkeiten mit Ermittlern, die an der Flasche hängen, keine Rauferei scheuen und einfach nur im Selbstmitleid baden. Am Anfang kam Nick Beck auch als genau solcher Klischeetyp daher, dessen unfreiwillige Partnerin Cleo Torner zwangsversetzt wurde, weil sie schwanger ist. Aber was erst wie der Beginn eines schlechten Witzes klang, wurde schnell zu einem interessanten Krimi.
Mir gefiel vor allem der Aufbau, der viel Spannung allein dadurch erzeugte, weil mehrere Figuren beleuchtet wurden. Der Fokus lag zwar zum größten Teil auf Nick Beck, dicht gefolgt von Cleo Torner.
Die reine polizeiliche Ermittlungsarbeit stand nicht so sehr im Mittelpunkt, stattdessen durfte ich beobachten, wie Nick mit allen Mittel versuchte, seinen eigenen Fauxpas zu verschleiern und gleichzeitig doch das richtige zu tun, um Gerechtigkeit für die Tote zu erzielen, ohne dabei selber über die Klippe zu stürzen. Ist schon blöd, wenn Nick im Suff einen Menschen überfährt, der dann dummerweise auch noch tot ist.
Genau das machte aber die Würze des Ganzen aus, denn durch die Bröckchen, die Tom Voss mir hinwarf, war ich eifrig am selber ermitteln. Fast das ganze Buch über war ich mir so sicher, wie alles zusammenhing und wer der Mörder war, nur um festzustellen, dass knapp daneben auch vorbei ist. Der Showdown am Ende war spektakulär mit einer Prise Übertreibung. Doch es wurden alle offenen Fragen stimmig geklärt.
Bis auf eine – nämlich wer der Elbripper ist, welcher der Grund für Nicks totalen Absturz war. Doch der Elbripper hatte im Epilog schon seine Rückkehr angekündigt und ich weiß, dass Band 2 bei mir ebenfalls einziehen wird.

Fazit:

Ein bisschen Klischee hier, ein bisschen überzogene Aktion da und ganz viel klug ausgelegte Fallstricke ergaben einen stimmigen und unterhaltsamen regionalen Krimi.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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