Auf das Buch wurde ich bei Instagram aufmerksam. Nicht nur das Cover mit seiner einzigartigen Zeichnung machte mich neugierig, sondern auch der Klappentext. So war klar, dass ich dieses Buch gern lesen möchte.
In meiner Rezension zu “Der Ether-Song” von
Samara Summer verrate ich euch, ob sich der Trip durch diese Geschichte lohnt.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: Annabel Köppel | Bastian Kratzer
erschienen bei BoD – Books on Demand
Veröffentlicht in Auflage: 2, 5. Juni 2019
ca. 416 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
Die punkige Straßenmusikerin Lauren hat die Schnauze voll von London. Um zu sich selbst zu finden, kappt sie alle Kontakte und nimmt einen Job in einem abgelegenen walisischen Schloss an. Zuerst wundert sie sich nur über die exzentrische Schlossherrin Mrs Devinport. Dann ergreifen surreale Träume auf beängstigende Weise Besitz von Laurens Denken und wirken sich sogar auf ihren Körper aus. Nahezu als handle es sich um eine zweite Realität, in der sie einer düsteren Bestimmung folgen muss.
Während Lauren ihrem Tagebuch, dem Tage-Dude, Bericht erstattet, leisten Exfreund Adam und Schwester Abi – eher dilettantische – Detektivarbeit.
© Klappentext: Samara Summer
Neben dem sehr auffälligen Cover fiel mir auch der etwas ungewöhnliche Schriftstil des Buchtitels auf. Diesem blieb die Autorin bei den Kapitelüberschriften treu, sodass alles insgesamt optisch schon mal stimmig gewesen ist.
Zu Beginn lernte ich Lauren Peterson durch den personalen Erzähler kennen, die gerade von einem Trip herunterkam. Auf den ersten Blick sicherlich ein ziemlich ungewöhnlicher Anfang, aber er zeigte sofort eindrucksvoll Laurens aktuelle Lebensumstände. Ich wurde gleich mit ihr konfrontiert und ihre punkig-rockige Art machte sie für mich von Anfang an sympathisch.
Generell waren die Figuren von Samara Summer unglaublich realistisch dargestellt. Nicht nur durch das Verhalten der einzelnen Figuren, sondern auch durch ihre Gespräche. Sie wirkten natürlich und vollkommen ungezwungen. So als würden sie alle tatsächlich leben und ich ihnen, wie bei einer Telenovela, dabei zusehen.
Besonders mochte ich, dass Samara Summer mit Klischees spielte, sie aber im selben Atemzug widerlegte. Dafür verwendete sie eindrucksvoll ihre Figuren.
Da wäre zum Beispiel Laurens Schwester Abigail. Eine straighte Frau, der Erfolg im elterlichen Unternehmen sehr wichtig ist. Ihre Ehe steht vor dem Aus und obwohl Abigail ihre Schwester Lauren oft für ihren selbst gewählten Lebensstil kritisiert, steht sie ihr immer bei. An Laurens Freund Adam findet Abigail kein gutes Haar, ist er doch bloß ein kiffender Straßenmusiker, der ihre Schwester vom rechten Pfad abgebracht hat. Ich konnte Abigail gut verstehen und ich mochte sie, auch wenn sie manchmal kleingeistig wirkte.
Während Abigail voller Vorurteile steckte, war Adam ein richtiger Freigeist. Mit seinem offenen Charakter war er mir sehr sympathisch, vor allem aber auch mit seiner klaren Meinung zum Leben und seiner Ehrlichkeit. Mit seinem wachen und scharfsinnigen Verstand versetzt er seine Umgebung oft ins Erstaunen und regte selbst mich oft zum Nachdenken an.
Spannend umgesetzt fand ich, wie die beiden sich aufeinander zu bewegten, um mit vereinten Kräften nach Lauren zu suchen. Ihre Liebe zu Lauren war das Einzige, was Adam und Abigail zu Beginn miteinander verband. Es war schön, zu erleben, wie sie beide immer wieder ihre Komfortzonen verlassen mussten, um ihrem Ziel gemeinsam näher zu kommen.
Den Aufbau der Geschichte fand ich superinteressant. Nur zu Beginn, als Lauren zu ihrem neuen Job aufbrach, begleitete ich sie mithilfe des personalen Erzählers. Danach erfuhr ich durch ihre Tagebucheinträge, was sie erlebte. Das veränderte das Erleben dieser Geschichte. Machte sie eindrücklicher, beängstigender, spannender und mysteriöser.
Im Kontrast standen da jene Momente, in denen ich Abigail und Adam folgte. Hier brachte der personale Erzähler den nötigen Abstand und erzählte die Welt, wie wir sie kennen.
Laurens Erlebnisse waren total abgedreht, aber im positiven Sinne. Ihre fantastischen Träume wurden so plastisch geschildert, dass sie sich auch für mich real anfühlten. Oft geriet Lauren in Lebensgefahr und ich verfolgte immer sehr gebannt mit, auf wie viele unterschiedliche Weisen sie ihnen entkam.
Der Schreibstil war unfassbar flüssig und erschuf solch eine Bildgewalt, dass die Szenen wie echt vor meinem inneren Auge zum Leben erwachten. Die Handlungsorte waren eindrücklich beschrieben worden und voller Details. Dabei wirkten die einzelnen Szenen niemals überladen, sondern hatten immer genau die richtige Menge an Informationen, um eine durch und durch fesselnde Geschichte entstehen zu lassen.
Alle Figuren in diesem Buch entwickelten sich im Verlauf der Geschichte glaubhaft weiter. Dadurch hatte diese Erzählung eine packende Eigendynamik entwickelt.
Das Ende hat mich sprachlos zurückgelassen. Es passte zur Geschichte, doch es ließ mich wehmütig werden. Alles wurde nicht aufgeklärt, auch wenn das auf Grund der Logik, der diese Geschichte folgte auch nicht ging. Ich musste es akzeptieren und meine eigene Fantasie benutzen, um mir den Rest zu erklären. Dadurch wird diese Geschichte definitiv noch länger in mir nachhallen.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Surreale Träume und amateurhafte, aber liebgemeinte Ermittlungen.
Lesen:
Die Geschichte ist schon speziell und ich würde sie generell nur Lesern empfehlen, die gern abseits des Mainstreams lesen und keine Scheu vor genreübergreifende Storys haben. Wer aber Mystery Geschichten mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Weglegen:
Für euch gibt es nur eine Realität und so soll das auch bleiben? Dann bitte die Finger von dem Buch lassen.
Mal ehrlich:
Kennt ihr das? Ihr träumt und das fühlt sich so unglaublich echt an, dass der Traum beim Aufwachen an euch klebt, wie Spinnweben, und ihr euch unweigerlich fragt, ob dies real gewesen sein kann? Lauren weiß, wovon ich rede, und schilderte dies sehr eindrucksvoll in ihren Tagebucheinträgen. Sie wirkten zu Beginn psychedelischer Natur, doch je weiter die Story fortschritt, umso fesselnder fand ich diese mystische mit leichtem Horror versehenden Schilderungen sehr. Hier war der Fantasie Anteil extrem hoch und doch mit solch einer Logik ausgestattet, dass ich es auch glauben wollte.
Das Kontrastprogramm bildeten Adam und Abigail. Mithilfe des personalen Erzählers war ich nicht ganz so emotional am Geschehen dran, sie symbolisierten die reale Welt. Oder sagen wir so, dass was wir für die Echte halten.
Ich mochte beide Erzählperspektiven und bin auch beiden Seiten gleich gern gefolgt. Mir gefiel das wechselnde Spiel mit der Fantasie und der Realität.
Die ganze Geschichte war unglaublich berührend und nicht ein einziges Mal vorhersehbar. Das Ende ließ mich sprachlos zurück. Ich wollte noch so viel wissen und musste doch dieselbe Ungewissheit ertragen wie Abigail und Adam.
Fazit:
Unbedingte Leseempfehlung. So eine Geschichte habe ich noch nie gelesen und muss sagen, hier passt der Klappentext wie die Faust aufs Auge. Ein Mystery-Thriller-Horror-Roman ganz nach meinem Geschmack. Vielschichtig und sehr spannend.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf eine mal andere Fantasy-Geschichte? Dann empfehle ich euch:
Griffin & Wyvern: Der Lindwurm und der Greif von Melanie Weber-Tilse