Nun ist es schon das zweite Mal in kurzer Folge, dass ich meine eigenen Regeln brach und ein Buch gelesen habe, dessen Vorgängerbände ich nicht kannte. Aber der Klappentext und das Versprechen, dass dieses Buch auch unabhängig von den anderen Teilen gelesen werden kann, haben mich dazu verleitet diesen Thriller zur Hand zu nehmen und zu lesen.
In meiner Rezension „Tod und kein Erbarmen“ von Elias Haller verrate ich euch, ob es mir geglückt ist, mich von der Handlung gefangen nehmen zu lassen.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst
© Cover: semper smile, München
erschienen bei Edition M
Veröffentlicht 3. Dezember 2019
ca. 383 Seiten
Band 7 der Reihe Kriminalhauptkommissar Erik Donner
erhältlich als Taschenbuch und eBook
Klappentext
An einem Januarmorgen verschwindet die achtjährige Violetta. Akribisch rekonstruiert die Polizei ihren Weg zur Schule und entdeckt Indizien, die auf eine Entführung hindeuten. Doch das Mädchen wird nie gefunden.
Zehn Jahre später verbringt Kriminalhauptkommissar Erik Donner ein paar Tage in dem Ort und will dort eigentlich nur sein privates Unglück im Alkohol ertränken, als er von Violettas Cousine aufgesucht wird. Angeblich gibt es einen neuen Hinweis auf den Verbleib des Mädchens. Doch Donner glaubt nicht an die Aufklärung eines so alten Falls. Im Streit schickt er Violettas Verwandte weg. Ein folgenschwerer Fehler, denn am nächsten Tag steht der Kommissar plötzlich unter Mordverdacht …
© Klappentext: Edition M
Um ehrlich zu sein war ich am Anfang ein bisschen kritisch dem Buch gegenüber eingestellt. Bei sechs Vorgängerbänden war einfach zu erwarten, dass ich die Entwicklung des Protagonisten, Erik Donner, kaum bis gar nicht würde nachvollziehen können. Und ich muss sagen, dass es mir schon wichtig ist, dass ich die Hauptfigur mag. Denn sie begleite ich durch das ganze Buch und mit ihr steht und fällt letzten Endes auch die Geschichte.
Doch schon der Anfang des Buches raubte mir den ersten Zweifel. Dramatisch war der Einstieg in das Buch, denn als Leser war ich live dabei, als ein kleines Mädchen an einem verschneiten Morgen spurlos verschwand. Dies beschrieb Elias Haller so eindrücklich, dass ich das Gefühl hatte, selbst dabei gewesen zu sein.
Und diese Art des bildlichen Beschreibens der komplexen Handlungen und Szenen behielt der Autor bis zum Schluss bei. Dabei baute er eine immer weiter ansteigende Spannung ein, sodass sich diese Geschichte schon zu einem wahren Suchtbuch entwickelte. Mit seinem flüssigen und wortgewaltigen Schreibstil erschuf er vor meinem inneren Auge eine lebhafte und authentische Kulisse im winterlichen Erzgebirge. Zeitgleich wurde eine düstere Atmosphäre aus Misstrauen und Missgunst erzeugt.
Ich wandelte durch eine verschworene Dorfgemeinschaft, in der potenziell jeder ein dunkles Geheimnis hütete und ich hinter jedem verschneiten Busch den Mörder hervorschauen sah. Und mitten drin Kriminalhauptkommissar Erik Donner, den ich nicht unbedingt als Sonnenschein beschrieben würde. Aber seine forsche Art und seine innere Zerrissenheit zeichneten mir das Bild von einem Mann, der schon viele schwere Schicksalsschläge hinnehmen musste. Diese blitzen auch immer mal wieder durch und hier war spürbar, dass sich diese traurigen Ereignisse in den vorherigen Teilen abgespielt haben müssen. Aber weder verriet Elias Haller irgendwelche relevanten Details, noch war das Wissen wichtig, um diesem verworrenen Treiben im Erzgebirge zu folgen.
In diesem Buch gaben sich viele Figuren die Klinke in die Hand und etlichen durfte ich, mit Hilfe des personalen Erzählers, über die Schulter schauen. Hier besteht ja immer die Gefahr, dass der Leser durcheinanderkommt, wenn es so viele Personen gibt. Aber Elias Haller hatte mehrere Charaktere erschaffen, die so speziell mit ihren Eigenheiten waren, dass ich nie den Faden verlor.
Alle zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen, aber eine Figur hatte sich mit seiner knurrigen und schroffen Art regelrecht in mein Herz gemurrt. Sokrates Vogel. Allein schon der Name ist klasse, aber diese Figur ist ein wahrer Charakterkopf. Seine kauzige und verschrobene Art konnte nie darüber hinwegtäuschen, was für ein scharfsinniger Geist in diesem kränklichen Körper steckte. Sein Wille war mindestens genauso stark und ausgeprägt wie der von Erik Donner und ich hätte von den Beiden noch stundenlang weiterlesen können.
Ein weiterer Pluspunkt war für mich, dass dieser Thriller zwei verschiedene Zeiten abdeckte. Zum einen gab es regelmäßig Rückblicke in die Zeit, als Violetta verschwand. Und dann gab es noch den aktuellen Zeitstrang. Ich liebe es, wenn mehrere verschiedenen Handlungsstränge vorkommen, denn irgendwann treffen sie aufeinander. Doch bis dahin wird eine unglaubliche Spannung erzeugt, was auch hier ganz klar der Fall gewesen ist.
Mit vielen und teilweise auch echt gemeinen Fallstricken führte mich Elias Haller immer wieder aufs Glatteis. Gut Zweidrittel des Buches bin ich völlig ratlos durch die Zeilen gehuscht, auf der Suche nach dem Mörder, der sich einfach nicht zeigen wollte. Auf leisen Sohlen schlich sich eine Vermutung an, aber Elias Haller brachte sie so schnell zu Fall, dass mich das Ende überraschte. Nur einen ganz winzigen Teil der Lösung hatte ich erahnt, aber das stimmige Gesamtbild hätte ich niemals alleine herausgefunden.
© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein verzwickter Fall mitten im verschneiten Erzgebirge zur Adventszeit. Eine verzweifelte junge Frau ist noch immer auf der Suche nach ihrer vor zehn Jahren verschwundenen achtjährigen Cousine Violetta. Doch wer zu viel Staub aufwirbelt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Und mitten in einem Ort voller dunkler Geheimnisse wird Kriminalhauptkommissar Erik Donner des Mordes verdächtigt.
Lesen:
Ihr mögt rasante Thriller, wo ihr bis zum Schluss nicht enträtselt, wer der Täter ist? Herzlichen Glückwunsch. Dann wird euch dieses Buch begeistern. Denn hier liegen mehr Fallstricke aus, als euer Weihnachtsbaum Kerzen hat.
Weglegen:
Geschichten die von einem verschwundenen Kind handeln sind nichts für euch? Dann solltet ihr das Buch nicht lesen, denn das Drama um die verschwundene Violetta ist nichts für zart besaitete Leser.
Mal ehrlich:
Obwohl das mittlerweile schon der siebte Band, rund um den Kriminalhauptkommissar Erik Donner ist und ich noch nicht ein einziges Buch von der Reihe gelesen habe, hatte mich diese Geschichte komplett in ihren Bann gezogen.
Natürlich gab es Momente, an denen ganz klar war, dass es gewisse vorherige Ereignisse gegeben hat, die zu den aktuellen Umständen und Verhaltensweisen bestimmter Figuren führte. Aber diese waren für den Fall an sich nicht relevant und so gelang es mir problemlos, in eine stark verwinkelte Geschichte abzutauchen.
Die grundsätzliche Atmosphäre des Buches war düster und doch lag ganz viel Spannung in der Luft. Die Hatz nach dem Mörder und das Enträtseln von Violettas Verschwinden war packend bis zum Schluss.
Fazit:
Ein Buch, welches mich mit seiner ausgeklügelten und sehr komplexen Geschichte komplett begeistern konnte. Durch jede Menge Fallstricke wurde die Jagd nach dem Mörder richtig schön undurchsichtig und die Spannung hielt durchweg an. Wer Thriller mag, wird dieses Buch lieben.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*