Das auffällige Cover von Lavender House ist mir häufiger auf den sozialen Medien begegnet und hat direkt meine Neugierde geweckt. Diese ganzen interessanten Details wie eine Wendeltreppe, ein eisernes Tor und die Kombination aus lilafarbenen Blütenblättern und Lavendelblüten fand ich so interessant, dass ich wissen wollte, wie dies mit der Geschichte zusammenhängen könnte.
In meiner Rezension „Lavender House“ von Lev AC Rosen kann ich euch das zwar nicht enthüllen, dafür aber von meinen Leseeindrücken erzählen.
Leseexemplar
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

© Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski
erschienen bei Second Chances Verlag
Veröffentlicht 3. Juni 2025
Originaltitel Lavender House
Übersetzt von Jeannette Bauroth
325 Seiten
Band 1 der Reihe Die Evander-Mills-Krimis
erhältlich als Paperback, Hörbuch und EBook
Klappentext
Irenes Witwe engagiert Evander »Andy« Mills, einen kürzlich entlassenen Polizisten, um die Wahrheit aufzudecken. Andy, nach einer Razzia in einer Schwulenbar ohne Job, nimmt dankbar an und wird schnell in eine Welt gezogen, in der eine queere Familie in Sicherheit und Freiheit lebt.
Doch diese Freiheit hat ihre Grenzen, und bald findet Andy sich in einem Netz aus Intrigen, Eifersucht und alten Familiengeheimnissen wieder. Und Irenes Tod war nur der Anfang …
© Klappentext: Second Chances Verlag
Mit einer gewissen Schwermut starte ich in diesen ruhigen Kriminalroman und lerne Evander Mills in einer Bar kennen. Er ist ein ehemaliger Polizist und schließt gerade gedanklich mit seinem Leben ab. Bei einer Razzia wurde er auf der Herrentoilette bei unzüchtigem Verhalten erwischt und in der Konsequenz aus dem Polizeidienst entlassen. Doch das Schlimmste daran ist, dass nun alle Kollegen von seinem strenggehüteten Geheimnis wissen, was das Leben gefährlich macht. Denn in San Francisco des Jahres 1952 sind queere Menschen ständig willkürlicher Gewalt und Diffamierung ausgesetzt. Auch dürfen sie in vielen Jobs nicht arbeiten und müssen bisweilen um ihr Leben fürchten.
Andy, wie Evander auch gern genannt werden möchte, ist der Ich-Erzähler und schon auf den ersten Seiten spüre ich die Ungerechtigkeit. Denn Andy ist ein anständiger Mann, was er gleich zu Anfang beweist, als eine Frau in der Bar von ihrer Begleitung bedrängt wird und Andy einschreitet.
Kurz darauf wird die Begegnung mit Pearl Velez sein Leben eine neue Richtung geben. Denn sie bittet ihn, den Tod der Seifenfabrikantin Irene Lamontaine zu untersuchen. Dazu ist äußerste Diskretion geboten, denn im Lavender House hat Irene eine ganz eigene Familie gegründet.
Damit betrete ich kurz danach Lavender House, den zentralen Schauplatz. Es ist nicht nur eine geschützte Zuflucht für queere Menschen, sondern auch der Wohnsitz einer Wahlfamilie, in der jeder frei und unbefangen leben kann. Um das Haus und seine Bewohner vor Neugierigen zu schützen, liegt es gut abgeschottet außerhalb der Stadt.
Nach und nach lerne ich die Mitglieder dieser besonderen Familie und ihre Beziehungen zu- sowie untereinander kennen. Auch das Hauspersonal wird in den Fokus gerückt.
Damit legt Lev AC Rosen den Grundstein für einen tiefgründigen und sensiblen Kriminalroman, der sich mit der Frage beschäftigt, wer ein Interesse daran gehabt haben könnte, dass Irene Lamontaine stirbt. Oder war es doch nur ein Unfall?
In Lavender House vermittelt Lev AC Rosen authentisch die entstehende Atmosphäre, wenn aus einer versteckten eine offen gelebte Liebe werden kann, auch wenn dies in einem geheimen Leben passieren muss, um alle Mitglieder der Familie vor Repressionen in der realen Welt zu schützen. Denn der Schein nach außen ist alles, um schadlos in dieser homophoben Zeit leben zu können. Doch ist ein geschützter Ort mit der Möglichkeit, so zu sein wie jeder ist, nicht trotzdem ein goldener Käfig, weil alles nur an diesem Platz möglich sein kann?
Mit dieser Frage beschäftigt sich auch Andy, während er seine Ermittlungen zum Tod von Irene aufnimmt.
Andy ist gründlich bei seiner Arbeit und so legt er Stück für Stück die komplexen Charaktere dieser Familie frei und enthüllt diverse Konflikte sowie interessante Geheimnisse.
Der Schreibstil ist angenehm klar und hat den nüchternen Ton eines Kriminalbeamten. Die Handlung ist interessant angelegt und ich rätsle gern ein wenig mit. Immer wieder werden mir Hinweise dargeboten und mit jedem Stückchen Erkenntnis kommen Andy und ich der Wahrheit näher. Andy kann nur als Detektiv ermitteln, sodass seine Mittel beschränkt sind. Das macht seine Ermittlungsarbeit faszinierend, aber auch ruhig. Es gibt keine intensiven Spannungsspitzen und dennoch nimmt mich die bedrückende Atmosphäre über die Ungleichheit und den gesellschaftlichen Druck mit. Lev AC Rosen verzichtet auf Klischees und hält einen bewegenden Appell für Toleranz und Selbstakzeptanz.
Die Auflösung kommt fast ebenso leise daher und offenbart dennoch eine Tragik, die schmerzt. Gut gefällt mir, dass alles seinen Abschluss findet, gleichzeitig aber auch ein Neuanfang ermöglicht wird und der Grundstein für eine faszinierende Reihe gelegt ist.

© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Ein gesellschaftskritischer und atmosphärischer Kriminalroman im Setting der 1950er-Jahre mit queeren Themen und starken Charakteren
Lesen:
Wenn ihr Fans von historischen Kriminalromanen seid und queere Geschichten mögt.
Weglegen:
Wenn ihr auf ein hohes Spannungstempo nicht verzichten könnt, solltet ihr das Buch nicht zur Hand nehmen.
Mal ehrlich:
In Lavender House tauche ich in die Welt der 1950er-Jahre in Amerika ein, als queere Menschen noch weitaus gefährlicher lebten und eine offen gezeigte Liebe völlig undenkbar war.
Im Lavender House leben queere Menschen als Paare in einer generationsübergreifenden Gemeinschaft zusammen, was ihnen Schutz und ein kleines Maß an Freiheit bietet. Weit weg vom Hass der Außenwelt sollte hier ein Ort der Liebe und des Wohlgefühls sein. Doch als Irene unter mysteriösen Umständen stirbt, braucht ihre Frau Pearl Gewissheit. War es Mord oder ein Unfall?
Der ehemalige Polizist Evander „Andy“ Mills soll das für Pearl herausfinden. Er war gut in seinem Job, bis aufflog, dass auch er queer ist und daraufhin seinen Job verlor.
Der Krimi punktet mit seinen starken Charakteren und einer dichten Atmosphäre. Die Ermittlungsarbeit durch Andy finde ich interessant. Er kann nicht so agieren, wie es ein normaler Polizist kann, aber Andi kann zuhören, die richtigen Fragen stellen und entsprechende Schlüsse ziehen. Er nimmt mich selbst durch die Ereignisse mit, was die Sicht zwar einschränkt, gleichzeitig aber das Entdecken und Enthüllen von Geheimnissen faszinierend macht.
Die Spannung ist subtil aufgebaut, was besonders die Gewalttätigkeit gegenüber queeren Menschen schmerzlich herausarbeitet.
Obwohl der Kriminalroman äußerst sensibel und leise ohne Effekthascherei erzählt wird, kann ich ihn kaum weglegen.
Am Ende zieht die Dramatik leicht an, es wird ein bisschen schwungvoller und offenbart eine schlüssige und realistische Auflösung. Gut gefällt mir die Basis, die geschaffen wird, um weitere Bände mit Andy lesen zu können.
Fazit:
Ein emotionaler Kriminalroman mit gesellschaftlichem Tiefgang, starken Charakteren und einem bewegenden historischen Setting.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
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