Ich gebe es zu: Vampire und ich, das ist keine gute Kombination. Ich kann mit diesen Wesen wenig bis gar nichts anfangen. Dennoch reizt mich der Klassiker Dracula. Schließlich ist dieser Roman der Grund dafür, weshalb Vampire erst so richtig durch die Literatur flattern können.
In meiner Rezension „Dracula“ von Bram Stoker reist ihr mit mir zwar nicht nach Transsilvanien, aber durch meine Leseeindrücke.

© Cover: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
erschienen bei Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
Veröffentlicht 4. Oktober 2022
Originaltitel Dracula
Übersetzt von Martin Engelmann
Ausstattung: mit 10 aufwendig gestalteten Extras / Follienschnitt
ca. 448 Seiten
erhältlich als Hardcover
Klappentext
Während Harker beginnt, an seinem Verstand zu zweifeln, erreicht den renommierten Wissenschaftler Abraham van Helsing eine beunruhigende Nachricht, die ihn unverzüglich nach England aufbrechen lässt. Zwischen Albtraum und Wirklichkeit beginnt eine atemlose Verfolgungsjagd auf Leben und Tod.
© Klappentext: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
Die Schmuckausgaben aus dem Hause Coppenrath sind wirklich eine Empfehlung wert. Die Gestaltung von Dracula ist wunderschön geworden. Das Cover mit der eindrucksvollen Burg mit seinen blutroten Fenstern und Wurzeln eines Baumes in Kombination mit den Fledermäusen vor diesem düster grau-schwarzen Hintergrund ist faszinierend und macht mir direkt Lust auf die Geschichte.
Ebenso großartig wie die Umschlaggestaltung ist das Innenlayout. Neben zehn aufwendig und superpassend zum Inhalt gestalteten Extras erwarten mich auch jede Menge farbiger Hintergründe, verschnörkelte Buchstaben, Scherenschnittmotive, Illustrationen und noch einiges mehr. Allein schon diese durchdachte Gestaltung sorgt für eine packende Atmosphäre.
Bram Stocker erzählt in Dracula die Geschichte nur in Tagebuchform. Zu Beginn folge ich dabei nur Jonathan Harkers Erlebnissen. Noch erfahre ich recht wenig über ihn und sein Ziel. Es wird jedoch deutlich, dass Jonathan geschäftlich nach Transsilvanien reist, um zu seinem Auftraggeber Dracula zu kommen. Sein Reisebericht ist durchweg interessant und mit jeder Meile, die Jonathan zurücklegt, werden seine Schilderungen düsterer und unheimlicher. Er greift dabei auch den Aberglauben und die Ängste der Menschen auf, die ihm begegnen. Doch alles bleibt mysteriös, da Jonathan die Sprache der Menschen nur unzureichend versteht und uns so verborgen bleibt, wovor sich die Menschen so fürchten.
Stück für Stück erfahre ich mehr über Jonathan, seinen Auftrag und die Situation vor Ort auf Burg Dracula.
Später kommen weitere Tagebucheinträge von unterschiedlichen Figuren hinzu, sodass es komplexer und vielschichtiger wird. Obwohl die Wahrnehmungen der Charaktere subjektiv sind, kann ich mir durch ihre Eindrücke ein umfassenderes Bild machen.
Der Schreibstil ist eingängig und an den richtigen Stellen herrlich düster-schaurig. Die Atmosphäre ist packend und macht die Geschichte äußerst stimmungsvoll. Anfänglich mag ich es, dass unbekannte Begriffe durch Fußnoten erklärt werden. Im späteren Verlauf jedoch bringen sie mich öfter aus dem Lesefluss, was ich als störend empfinde. Da wäre mir ein Glossar am Ende lieber gewesen.
Richtig gut gefällt mir der Blick in die damaligen Lebensverhältnisse und so manches Mal bin ich sehr erstaunt, welche fortschrittlichen technologischen Möglichkeiten die Menschen damals schon hatten. Auch die beginnende Frauenbewegung hält hier ihren Einzug und ich finde es großartig, wie modern Bram Stocker die Figur der Mina darstellt. Sie ist eine weltoffene Frau. Ihr Gegenstück ist ihre Freundin Lucy, die wesentlich traditioneller in ihren Ansichten und Handlungen ist.
Richtig begeistert bin ich zuerst von Van Helsing. Ein interessanter und äußerst kluger Kopf. Doch im weiteren Verlauf, besonders im letzten Drittel, verlagert sich der am Anfang doch eher sehr verschwiegene ältere Herr zu einem wahren Schwafelkopf. Er kann so langatmig schwadronieren, dass mir die Augen beim Lesen zufallen. Generell büßt im Verlauf der Handlungen mit dem Blick auf das große Finale die Geschichte an Spannung ein. Ich kann mir das gar nicht richtig erklären. Nur der Showdown selbst wird noch einmal richtig spannungsvoll und kann mit seiner gefährlichen Atmosphäre punkten.

© Foto: Monique Meier
Kurz gesagt:
Was dich erwartet:
Eine spannende und düstere Geschichte über den Kampf zwischen Gut und Böse erzählt in Tagebuchform.
Lesen:
Ihr habt Lust auf eine klassische Horrorgeschichte und psychologische Einblicke in die Charaktere? Dann solltet ihr unbedingt Dracula lesen.
Weglegen:
Wenn ihr eine durchgehend spannende Handlung ohne Unterbrechungen und langatmige Passagen hofft, könnte euch das Buch enttäuschen. Aber gebt Dracula einfach eine Chance.
Mal ehrlich:
Bram Stokers Dracula ist ein zeitloser Klassiker, der das Thema Gut gegen Böse eindrucksvoll behandelt. Die Geschichte wird in Tagebuchform erzählt, was mir einen persönlichen Einblick in die Gedanken und Ängste der Charaktere ermöglicht.
Es beginnt mit Jonathan Harker. Ein junger und intelligenter Mann, der nach Transsilvanien reist, um Dracula zu treffen. Mit jeder Meile wird seine Erzählung düsterer, und die mysteriösen Ängste der Menschen um ihn herum werden spürbar. Alles bleibt schwammig und diffus, was eine unheimliche Atmosphäre erzeugt.
Mit dem Schauplatzwechsel von Transsilvanien nach England werden weitere Charaktere und Tagebuchschreibende eingeführt. So entsteht trotz der subtilen Wahrnehmungen ein interessantes Gesamtbild der Ereignisse. Die Darstellung der Frauenfiguren ist meiner Meinung nach gelungen. Stoker vereint durch Lucy und Mina traditionelle und moderne Ansichten, was spannende Kontraste schafft.
Die Charaktere entwickeln sich konsequent weiter, besonders Mina und Jonathan, die über sich hinauswachsen. Van Helsing beeindruckt mich zunächst sehr, jedoch wird er im Verlauf der Geschichte für mich zu einem langatmigen Schwafler, was die Spannung mindert.
Die Atmosphäre bleibt überwiegend packend und an den richtigen Stellen düster, während der Schreibstil die Eigenheiten der Charaktere widerspiegelt. Außerdem sind manche Szenen sehr blutig und detailreich.
Die Spannungskurve ist wellenartig, erreicht im letzten Drittel jedoch einen Tiefpunkt, bevor sie sich zum Schluss wieder erholt. Das Ende ist stimmig, auch wenn nicht alle offenen Fragen geklärt werden.
Die wunderschön gestaltete Schmuckausgabe erhöht den Reiz des Leseerlebnisses sehr und untermalt die jeweilige Stimmung gekonnt. Zudem ergänzt eine Vielzahl an Illustrationen die Geschichte optisch.
Fazit:
Dracula ist zurecht ein Klassiker. Es hat mich erstaunt, wie wenig detailgetreu nachfolgende Filme und Bücher sind. Den Stammvater aller Vampire sollte jeder mal gelesen haben.
*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*
Lesetipp:
Lust auf einen weiteren Klassiker?
Dann empfehle ich euch:
Frankenstein von Mary Shelley
Liebe Mo,
wie schön, dass du Dracula eine Chance gegeben hast – und das, obwohl Vampirgeschichten eigentlich nicht dein Fall sind! Ich finde es immer spannend zu sehen, wenn ein Klassiker doch überraschen kann. Deine Begeisterung für die besondere Ausgabe ist richtig ansteckend. Danke für deinen ehrlichen Eindruck – jetzt habe ich richtig Lust bekommen, selbst mal wieder in die Geschichte einzutauchen!
Herzliche Grüße, Cornelia
Liebe Cornelia,
da ich ja wusste, dass Dracula nicht viele Gemeinsamkeiten zu den heutigen Vampiren hat, war es nicht so schwer mich zu überwinden. Dazu noch diese herrliche Schmuckausgabe und ich war voller Vorfreude.
Es freut mich, dass ich dich mit meiner Begeisterung anstecken konnte.
Liebe Grüße
Mo
Schönen guten Morgen!
Ich hab ja schon immer ein Faible für Vampire und ich freu mich, dass du trotz deiner Vorbehalte den Klassiker gelesen hast! Ich finde das Buch einfach großartig – zum einen durch den besonderen Stil der Tagebücher und Schriften – zum anderen durch die passende Atmosphäre und den Charme der damaligen Zeit, die hier natürlich perfekt wiedergegeben ist.
Dass Van Helsing schwafelt ist mir gar nicht mehr so in Erinnerung *lach* Ich mag den Charakter sehr, wie auch die anderen Figuren und hab das Buch im Laufe der Jahre schon ein paar mal gelesen 🙂
Liebste Grüße, Aleshanee
Liebe Aleshanee,
Van Helsing fand ich am Anfang auch richtig toll. Nur zum Ende hin waren mir dann seine Monologe echt zu viel. Aber das ist okay, der Gute hat ja viel Wissen und dementsprechend etliche Sorgen. Ich finde es cool, dass du das Buch schon mehrfach gelesen hast.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr, dann greife ich zum nächsten Klassiker.
Liebe Grüße
Mo
Liebe Mo,
was für eine tolle Rezension zu einem echten Klassiker! Du hast den Spannungsbogen und die Besonderheiten von Stokers Schreibstil wunderbar eingefangen. Ich finde es spannend, wie aktuell das Buch trotz seines Alters wirkt – danke für deine Einblicke, die mir richtig Lust auf eine (Wieder-)Lektüre gemacht haben.
Ich wünsche dir einen schaurig-schönen Tag und sende dir liebe Grüße,
Saskia Katharina
Liebe Saskia Katharina,
ich selbst war auch sehr erstaunt, wie gut sich das Buch lesen ließ. Immerhin liegt ja schon eine Menge Zeit und sprachlicher Entwicklung zwischen Dracula und mir.
Liebe Grüße
Mo
Hallo liebe Mo,
ich habe den Klassiker nie gelesen. Umso interessanter fand ich es, deine Rezension zu lesen. Du hast mich in vielerlei Hinsicht neugierig machen können. Van Helsing wäre mir aber vermutlich mit seinen langen Gesprächsausführungen irgendwann auch auf die Nerven gegangen. Vielleicht sollte das aber auch so sein (?)
Was die Fußnoten angeht: Ich kenne solche Stilmittel von Terry Pratchett (da fand ich sie genial) und von Jay Kristoff (mein Mann fand sie genial, ich eher störend, weil ich ständig aus der Handlung rausgerissen wurde). Ich kann deine Kritik hier also gut verstehen ;o)
Ich finde es klasse, dass du dich an den Klassiker herangewagt hast. Ich denke auch, dass man dann alle Verfilmungen mit anderen Augen betrachtet. Finde ich richtig spannend.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Liebe Tanja,
tatsächlich denke ich, dass Van Helsing perfekt den damaligen Zeitgeist einfängt und ja, das sollte mit Sicherheit so sein. Damals war ja alles ein bisschen ausschweifender erzählt, das ist mir schon bei Frankenstein von Mary Shelley aufgefallen.
Nächstes Jahr steht schon der nächste Klassiker auf meiner Leseliste ;).
Liebe Grüße
Mo