Als „Schere, Stein, Papier“ von Alice Feeney im Februar auf Deutsch erschien, kam ich bei Social Media fast gar nicht an dem Werk vorbei. Dank einer Buddy-Read-Anfrage zog das Buch deshalb zeitnah bei mir ein, obwohl es bis zum gemeinsamen Lesen noch ein paar Monate dauern sollte.

In meiner Rezension „Schere, Stein, Papier“ von Alice Feeney zeigt sich, ob der Thriller wirklich so fesselnd für mich war, wie er von den Kritikern hochgelobt wurde.


 

Schere, Stein, Papier von Alice Feeney
© Covergestaltung: Hafen Werbeagentur, Hamburg

Infos zum Buch
erschienen bei Rowohlt Taschenbuch
Veröffentlicht 14. Februar 2023
Originaltitel Rock Paper Scissors
Übersetzt von Alice Jakubeit
ca. 368 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Adam Wright ist Drehbuchautor, ein Workaholic. Und er ist gesichtsblind, kann weder Freunde noch Familie erkennen. Nicht einmal seine eigene Frau. Amelia Wright ist Einzelgängerin. Sie arbeitet mit ausgesetzten Tieren und fühlt sich von ihrem Mann nicht wahrgenommen. Hat ihre Ehe überhaupt noch einen Sinn? Jedes Jahr an ihrem Hochzeitstag schreibt seine Frau Adam einen Brief. Und behält ihn für sich. Bis zu diesem Jahr … Als das Paar einen Wochenendtrip in eine zum Ferienhaus umgebaute Kapelle in den schottischen Highlands gewinnt, ist beiden bewusst, dass es die letzte Chance sein könnte, ihre Ehe zu retten. Doch sie haben die Reise nicht zufällig gewonnen. Einer von ihnen lügt. Und diese Lüge ist tödlich …

© Klappentext: Rowohlt Taschenbuch

Von Alice Feeney habe ich bisher nur ein Buch gelesen. „Glaube mir“ war mein Lesehighlight 2021 und dementsprechend hohe Erwartungen hatte ich nun an „Schere, Stein, Papier“.

Der Einstieg in die Geschichte fällt mir nicht leicht. Ich lerne Amelia in dem Moment kennen, als sie mit ihrem Mann Adam auf dem Weg nach Schottland zu einem Wochenendtrip ist. Ziel soll eine Kapelle sein, welche zu einem Ferienhaus umgebaut wurde. Schnell ist spürbar, dass die Ehe von Adam und Amelia am seidenen Faden hängt und dieses Wochenende den endgültigen Bruch vermeiden soll. Amelias Ausführungen zu folgen ist nicht so einfach, ihre Gedanken springen fröhlich durch aktuelle und vergangene Geschehnisse.
Dann lerne ich Adam kennen, der einen Hang dazu hat, mir lange und unbekannte Wörter zu präsentieren. Jedes Mal muss ich sie nachschlagen, weil ich die Bedeutung nicht kenne. Dies nimmt aber zum Glück recht schnell ab, sodass ich dann nicht ständig aus dem Lesefluss gerissen werde. Die Begeisterung für Wörter liegt ihm im Blut, da er beruflich Drehbuchautor ist.

Beide Charaktere lassen sich nicht richtig greifen und zu Beginn des Buches ist mir Amelia deutlich sympathischer als Adam. Sein neurologischer Defekt Prosopagnosie, besser bekannt als Gesichtsblindheit, finde ich hingegen sehr interessant. Es eröffnet viele Möglichkeiten in welche Richtung sich der Thriller entwickeln könnte.

Unterbrochen von den Ich-Perspektivwechseln von Amelia und Adam wird „Schere, Stein, Papier“ von Briefen aus der Vergangenheit von Adams Ehefrau an ihn unterbrochen. Sie sind chronologisch und jeder Brief steht für ein vergangenes Ehejahr. Dadurch erfahre ich viel, wie sich die Ehe verändert hat, welche Höhen und Tiefen das Paar zu meistern hatte. Zwar mag ich die Idee dahinter, aber der Bruch, welcher erzeugt wird, wenn von der Gegenwart in Vergangenes gewechselt wird, beginnt mich im Verlauf zu stören. Meist kommt dieser Schnitt immer dann, wenn es besonders spannungsvoll wird, sodass die abrupte Ausbremsung meine Lesefreude dämpft.

Das verschneite und leicht gruselig angehauchte Kapellen-Setting schafft eine bedrohliche Atmosphäre, welche die Startschwierigkeiten zu Beginn schnell vergessen lässt. Alice Feeney gelingt es durch leise Untertöne und viele sarkastisch-ironischer Bemerkungen ein verzwicktes Verwirrspiel über die beteiligten Personen und deren Motive hinter den Handlungen aufzubauen.
Der Thriller ist ruhig erzählt und kommt prima ohne große Effekthascherei aus.

Der Schreibstil von Alice Feeney ist unglaublich flüssig und so meisterlich, dass ich einen Plot Twist alleine durch ihre Art zu schreiben noch vor dem entscheidenden Moment durchschaut habe. Eine weitere Wendung erahne ich ebenfalls vor der großen Enthüllung, sodass der Überraschungseffekt leider an mir abperlt.
Zudem gibt es immer mal wieder klitzekleine Unstimmigkeiten in der Geschichte, die zwar oft an mir vorbeirauschen, aber eben auch dafür sorgen, dass es keinen runden Gesamteindruck gibt.

„Schere, Stein, Papier“ ist außerdem eine interessante Hommage an die Schriftsteller und ihre einsame Arbeit. Zudem ist es ein spannender Blick hinter die Kulissen, auch was die Arbeit eines Drehbuchautors und dessen Adaption zu einem Film anbelangt. Zudem geht es um die Entscheidungen, die wir im Leben unweigerlich treffen und wie sie unsere Zukunft beeinflussen. Sowohl die guten als auch die schlechten Entscheidungen.
Das Finale ist packend, wenn auch nicht gänzlich überraschend und ein wenig flott abgehandelt. Ein, zwei offene Fragen bleiben, dafür söhnt mich Alice Feeney mit ihrem Epilog aus.

Schere, Stein, Papier von Alice Feeney
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine Ehe kurz vor dem Ende und der Versuch, sie zu retten. Doch Geheimnisse und schlechte Entscheidungen aus der Vergangenheit fordern ihren Tribut.

Lesen:

Wenn ihr ruhige, aber atmosphärischdicht erzählte Thriller mögt.

Weglegen:

„Schere, Stein, Papier“ ist lesenswert und daher wäre Weglegen nur eine Option, wenn ihr das Genre gar nicht mögt.

Mal ehrlich:

Nach „Glaube mir“ hatte ich ziemlich hohe Erwartungen an „Schere, Stein, Papier“.
Der Titel des Buches ist Programm und ich liebe es, wie Alice Feeney mich einen Blick auf die schreibende Zunft werfen lässt. Egal ob Schriftsteller oder Drehbuchautor, es ist interessant zu lesen, was für ein Haifischbecken die Branche ist. Aber auch was Familienmitglieder für Opfer bringen, wenn sie mit einem Autor liiert sind.
Die Ehe von Adam und Amelia ist kurz vor dem Ende und so soll ein schönes Wochenende in Schottland in einer umgebauten Kapelle vielleicht noch kitten, was schon dicke Risse hat. Das Setting ist toll gezeichnet. Durch den Schnee und die düstere Kapelle entsteht ein Hauch gruseliger Atmosphäre und eine unterschwellige Ahnung von Gefahr. Woher sie kommt, ist nicht gleich klar.
Erzählt wird „Schere, Stein, Papier“ fast ausschließlich aus der Ich-Perspektive. Der Vergangenheitsstrang in Briefform und der Gegenwartsfaden von den Protagonisten selbst.
Der Aufbau gefällt mir, wobei ich mich für die Briefform nicht so erwärmen kann. Jeder Brief steht für ein vergangenes Ehejahr und viel zu oft reißen mich diese Briefe aus einer spannungsvollen Stimmung.
Leider mogeln sich immer mal wieder feine Unstimmigkeiten in die Geschichte, die zwar alleine für sich einfach an mir vorbeirauschen, aber das Gesamtbild leider stören. Auch sind leider nicht alle Plottwists überraschend, zwei wichtige Handlungswenden habe ich schon früh kommen sehen. Jedoch möchte ich in einem Punkt den unglaublich guten Schreibstil von Alice Feeney zugutehalten. Wäre dieser nämlich nicht so meisterlich, wäre ich auf die eine Wendung wahrscheinlich gar nicht gekommen.

Fazit:

Insgesamt ein sehr stimmungsvoller und ruhiger Thriller, der sich überwiegend gut lesen lässt und sich prima zum Mitraten eignet.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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