Da soll mal jemand behaupten, dass Buchrezensionen nicht zum Kauf verführen können. Können sie wohl, das musste ich ja schon öfter am eigenen Leib erfahren. Hier erging mir das ganz ähnlich. Eine Freundin hat so von diesem Buch geschwärmt, dass ich mir unbedingt eine eigene Meinung bilden wollte.

In meiner Rezension „Als das Böse kam“ von Ivar Leon Menger gehe ich darauf ein, ob mich hier wirklich ein Thriller erwartete und ob ich ebenfalls ein Loblied darauf singen werde.


 

Als das Böse kam von Ivar Leon Menger
© Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

Infos zum Buch
erschienen bei dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Veröffentlicht 20. Juli 2022
ca. 320 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Das Böse ist näher, als du glaubst

Sie leben in völliger Isolation tief in den Wäldern einer kleinen Insel: Mutter, Vater und zwei heranwachsende Kinder in einer Blockhütte, das Festland ist in der Ferne kaum sichtbar. Die 16-jährige Juno und ihr Bruder verbringen die Zeit mit Fischfang, Kuchenbacken und sonntäglichen Gesellschaftsspielen. Und in ständiger Angst. Denn schon auf der anderen Uferseite lauert das Böse. Fremde können jederzeit auftauchen. Und die wollen Rache nehmen für etwas, das der Vater ihnen vor langer Zeit angetan haben soll. Die Fremden werden kommen, um die ganze Familie auszulöschen. Aus diesem Grund hat der Vater einen geheimen Schutzraum gegraben. Dort können sie sich sicher fühlen. Noch …

© Klappentext: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

Respekt, bei der Umschlaggestaltung hat sich die dtv Verlagsgesellschaft nicht lumpen lassen. Das Cover passt inhaltlich perfekt zur Story und die eingestanzte Schrift sowie die raue Umrahmung werten das Buch optisch total auf. Auch die Innengestaltung kann sich sehen lassen und ist voller kleiner Details, die im Verlauf der Ereignisse eine tragende Rolle spielen. Wie übrigens der Titel, der raffiniert gewählt ist. Warum enthüllt sich final am Schluss. So was liebe ich total.

Der Einstieg in „Als das Böse kam“ ist sofort geheimnisvoll. Ich bin augenblicklich mitten im Geschehen und erfahre von der sechzehnjährigen Juno persönlich wie die Welt, in der sie mit ihrem Bruder und ihren Eltern lebt, funktioniert. Über ihren Erzählungen liegt eine seltsame Atmosphäre, die viel durch Angst geprägt ist. Dennoch ist spürbar, dass sie in einem Alter ist, wo sich die Rebellion nicht mehr unterdrücken lassen will.

Juno wirkt auf den ersten Blick schrecklich naiv und kindlich. Doch Stück für Stück kristallisiert sich heraus, dass ihr wichtige Erfahrungswerte fehlen, die sie aber nicht einfältig machen. Im Gegenteil. Juno ist eine starke Persönlichkeit, sie ist klug und hinterfragt wahnsinnig viel. Es ist absolut spannend, sie zu begleiten, sodass ich selbst wilde Spekulationen anstelle, was die Wahrheit sein könnte. Ihr Faible für Märchen hat sie mir direkt sympathisch gemacht und ich konnte ihre Faszination dafür verstehen. Das macht auch einen Teil ihres Wesens aus und spielt eine elementare Rolle im weiteren Verlauf, was wirklich gut durchdacht ist.

Die Geschichte wird auf das Notwendigste begrenzt, der Autor ist mit seinem Schreibstil unglaublich fokussiert auf die verschiedensten Szenenbilder eingegangen, es gibt keine unnötigen Längen. Dafür viel Spannung und eine Atmosphäre, die im weiteren Verlauf immer dichter, packender, bedrohlicher und beängstigender wird. Das macht die Entwicklung der Handlung so überaus rasant und es gelingt Ivar Leon Menger, einen so gut konzipierten Thriller zu stricken, dass er mit nur einer Handvoll Figuren und nur einem einzigen Schauplatz auskommt. Für ein Debüt eine faszinierende Meisterleistung.
Ab etwa der Hälfte des Buches bricht Ivar Leon Menger mit dem gängigen Thriller Aufbau. Plötzlich ist mir glasklar, wie alles zusammenhängt. Das ist aber so gewollt und nahm mir kein Stück der Spannung. Im Gegenteil, ab diesem Punkt hing ich nur noch gebannt an „Als das Böse kam“ und wollte Juno nicht mehr von der Seite weichen. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie das alles enden würde und war vom Showdown so überwältigt, dass ich beim Lesen eine Gänsehaut bekam.
Der Schock und der Schrecken von Juno übertrugen sich auf mich.

Einziger Wermutstropfen, das Ende. Ich hätte mir ein bisschen mehr Aufklärung bestimmter Momente und Hintergründe gewünscht. Hier lässt mich der Autor etwas im Regen stehen. Es schmälert zwar nicht meine Begeisterung für die Geschichte insgesamt, allerdings muss ich mir nun manche Fragen durch meine eigene Fantasie beantworten. Auf der anderen Seite zeugt diese Offenheit aber auch vom konsequenten Blickwinkel aus der „Als das Böse kam“ erzählt wurde. Ein spannender Kniff, der mich glühend das Buch weiterempfehlen lässt.

Als das Böse kam von Ivar Leon Menger
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein Thriller, dessen Handlung in einem Mikrokosmos spielt und so gekonnt mit überraschenden Wendungen spielt, dass die Spannung immer weiter steigt.

Lesen:

Wenn ihr Lust auf einen ungewöhnlichen Thriller habt, der schon ab der Hälfte verrät, wie es wirklich ist.

Weglegen:

Mir fällt eigentlich kein Grund ein, das Buch aus der Hand zu legen. Es sei denn, ihr lest grundsätzlich keine Thriller.

Mal ehrlich:

Wow, was ist das denn bitteschön für ein packendes Debüt? Dieses Buch lebt von seinem außergewöhnlichen Setting und einer Protagonistin, die mich mit in ihre Welt nimmt. Juno erzählt selbst, was passiert und das so konsequent auf ihren Erfahrungsschatz und ihr Alter angepasst, dass ich völlig gebannt an ihren Worten hing. Der größte Anteil der Spannung zieht dieser Thriller aus der Situation, in der sich Juno befindet. Und die ändert sich in der ersten Hälfte des Buches gefühlt ständig. Nie ist es so, wie es erst den Anschein hatte.
Dann bricht der Autor ab der Hälfte mit dem gängigen Handlungsaufbau, plötzlich wird mir alles glasklar. Jetzt erzeugt die düstere und bedrohliche Atmosphäre die Spannung. Die Entwicklungen der Ereignisse sind superkonsequent und immer nur auf Juno gerichtet. Das macht diesen Thriller so besonders. Der Autor bricht nicht einmal aus dem Konstrukt aus.
Der Showdown hat es in sich. Es war packend bis zum Schluss und ich habe die Auflösung so nicht kommen sehen.
Mein einziger klitzekleiner Kritikpunkt: Mir ist das Ende nicht ausgezählt genug. Ein paar Details schweben ein wenig im Schwerelosen und ich muss selbst entscheiden, wie sie sich auflösen. Auf der anderen Seite passt es wiederum zu diesem raffinierten Handlungsaufbau.

Fazit:

„Als das Böse kam“ sticht aus der Masse der Thriller heraus und ist intensiv mit einer dichten sowie spannenden Atmosphäre erzählt. Volle Leseempfehlung!

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

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