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In meinem Beitrag zur Post vom Buch „Der Herzgräber“ hatte ich euch ja schon erzählt, wie gruselig ich das Paket empfand und das ich neugierig bin, ob ich die Textpassagen wohl in der Geschichte wiedererkennen würde. So viel kann ich euch schon mal verraten, ich habe sie alle gefunden und sie waren an den Stellen auch schrecklich unheimlich.

In meiner Rezension „Der Herzgräber“ von Jen Williams erzähle ich außerdem, wie mir der Thriller insgesamt gefallen hatte.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von ehrlich&anders erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Der Herzgräber von Jen Williams
© Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign

Infos zum Buch
FISCHER Taschenbuch
Veröffentlicht 29. Dezember 2021
Originaltitel A Dark and Secret Place
Übersetzt von Irene Eisenhut
ca. 384 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
 

Klappentext

Er reißt ihnen das Herz heraus. Er vergräbt es im Wald. Dann pflanzt er Blumen. Eine junge Frau findet nach dem Suizid ihrer Mutter in deren Nachlass unzählige Briefe eines verurteilten Serienkillers. Der erste Thriller der preisgekrönten englischen Autorin Jen Williams.

Als Heather Evans den Nachlass ihrer Mutter ordnet, macht sie eine erstaunliche Entdeckung: Stapelweise findet sie Briefe eines verurteilten Serienkillers. Michael Reave hatte zahlreiche junge Frauen auf bestialische Weise getötet. Seit 20 Jahren verbüßt er nun schon seine Strafe in einem Hochsicherheitsgefängnis. Doch jetzt ist wieder eine junge Frau getötet worden. Man findet sie in einem ausgehöhlten Baumstumpf. Und dort, wo eigentlich ihr Herz schlagen sollte, stecken Blumen. Genauso hatte es seinerzeit Reave zelebriert. Als eine zweite Frauenleiche gefunden wird, entschließen sich Heather und Detective Ben Parker zu einem gefährlichen Schritt. Heather soll mit Michael Reave persönlich sprechen, ihm die Fragen stellen, die nur er beantworten kann. Doch die Wahrheit wird für Heather zu einem Wettlauf um ihr Leben.

Gruselig wie die fantastischen Märchenwelten der Brüder Grimm und Spannung bis zur letzten Seite – der erste Thriller der preisgekrönten Autorin Jen Williams.

© Klappentext: FISCHER

Im Original heißt „Der Herzgräber“ „A dark and secret Place“ und ich muss sagen, dass ich diesen Titel wesentlich passender empfinde. Denn genau darum ging es in dieser psychologisch ziemlich finsteren Geschichte um einen dunklen und geheimen Ort. Und wer sich vom Klappentext locken lässt und meint, dass er hier einen Serienkiller bei seinem schauerlichen Handwerk begleitet, dem sei versichert, dies war eher der kleinste Nebenschauplatz. Im Mittelpunkt standen Vergangenheit und Gegenwart mit ihren eigenen grauenerregenden Geheimnissen.

Jen Williams Schreibstil war unaufgeregt, indem das Hauptaugenmerk nicht auf blutspritzenden und adrenalinpeitschenden Augenblicken lag, sondern auf den psychologisch zwischenmenschlichen Aspekten. Besonders die unterschwelligen Gruselmomente begleiteten mich in „Der Herzgräber“ ziemlich häufig, sodass eine durchgängig schaurige, unheimliche bedrohliche Atmosphäre in der Luft lag.

Die unterschiedlichen Zeitebenen sorgten nicht nur für spannungsvolle Abwechslung, sondern auch dafür, dass sich mir immer mehr Fragen stellten, deren Antworten ich gern gekannt hätte. Besonders der Vergangenheitsstrang mit Michael Reave als Hauptfigur empfand ich besonders interessant. Seine Entwicklung und welche Konsequenzen dies bis in die Gegenwart hatte, waren auf grauenerregende Art und Weise faszinierend. Manchmal schwankte ich zwischen Abscheu und Mitleid hin und her, Jen Williams gelang es perfekt, mir einen Menschen zu präsentieren, der sich zu einem Monster entwickelte.

Schwerpunktmäßig lag der Fokus in der Gegenwart und auf Heather, die der Frage nach dem Warum im Zusammenhang mit dem Selbstmord ihrer Mutter nachging. Anfänglich mochte ich Heather, konnte mit ihr fühlen und spürte ihre Verzweiflung gepaart mit Verunsicherung sowie Angst. Doch im Verlauf der Geschichte wurde mir Heather immer unsympathischer. Besonders durch ihre teilweise rücksichtslose und stellenweise aggressive Art. Aber auch ihr Verhalten in unheimlichen Augenblicken empfand ich als völlig irrational. So hätte ich nie und nimmer reagiert und dadurch wurde mir Heather immer suspekter. Dies hatte leider auch zu Folge, dass ich sie nicht mehr mit Herzblut, sondern mit Abstand begleitete. So wirkten die Schockmomente einfach nicht mehr intensiv genug, um mich dauerhaft in einen Zustand des Fürchtens zu halten.

Dagegen mochte ich, dass sich beide Zeitebenen chronologisch weiterentwickelten und besonders die wohldosierten Beschreibungen der Schauplätze, insbesondere denen in der Natur, ein stimmungsvolles Bild erschufen. Eindrucksvoll waren jene Momente, wenn Jen Williams durch gegensätzliche Szenenbilder das Schaurige intensivierte. Abgerundet wurde das Ganze von ursprünglichen, grausigen Märchen aus dem Hause Grimm, die ein völlig neues Ende bereithielten. Oftmals fragte ich mich, ob mir hier eine versteckte Botschaft zuteilwürde. Generell bot mir „Der Herzgräber“ reichlich Platz für eigene Spekulationen.

Das Ende war irre und genial gelöst. Fast alle meine offenen Fragen wurden restlos und auch stimmig geklärt. Auch wenn mich nicht alles überrascht und ich das ein oder andere Rätsel schon gelöst hatte, fand ich den Gedanken hinter diesem Buch erschreckend lebensnah. Schade war wirklich nur, dass Heather diese Stimmung so massiv durch ihren Charakter drückte. Wäre sie um einiges sympathischer gewesen, „Der Herzgräber“ wäre ein Lesehighlight für mich geworden.

Der Herzgräber von Jen Williams
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein leiser, aber unheimlicher Thriller, welcher der „Warum“-Frage auf düstere Art und Weise auf den Grund geht.

Lesen:

Wenn ihr ruhigere, aber nicht minder spannendende und mit gruseliger Atmosphäre beladene Thriller mögt.

Weglegen:

Wenn ihr von blutspritzenden Metzeleien und vor Angst schlotternden Opfern lesen wollt.

Mal ehrlich:

Zu Beginn war ich skeptisch, da die zuvor gelesenen Rezensionen eher ein mittelmäßiges Bild von diesem Thriller zeichneten. Im Nachhinein betrachtet war dies kein Nachteil, da meine Erwartungshaltung dadurch auf ein Minimum beschränkt wurde und ich offener an die Story ging.
Ja, der Klappentext war zum eigentlichen Inhalt der Story zu reißerisch und auch die Hauptfigur Heather bremste die maximal mögliche schaurige Atmosphäre durch ihre seltsamen Handlungen aus. Dennoch fand ich „Der Herzgräber“ durchaus spannend.
Jennifer Williams verstand es, einen sehr fein gesponnen, psychologisch klug ausgetüftelten Thriller zu erschaffen. Die Story wurde relativ leise, aber mit einer immer schwelenden, düster bedrohlichen Grundstimmung in zwei Zeitebenen erzählt, die für jede Menge Gruselmomente sorgte.
Der Vergangenheitsstrang fand ich ein Ticken spannender, da er mehr unter die Haut ging und in insgesamt einfach schauderhafter war. In der Gegenwart begleitete ich größtenteils Heather, die mir im Verlauf leider immer unsympathischer wurde und dadurch mir die Nähe nahm. So fühlte und litt ich nicht mehr so mit ihr mit, was wiederum dazu führte, dass die unheimlichen Szenen mich nicht mehr so stark mitnahmen.
Auch wenn nicht alles am Ende überraschend war, so gefiel mir das Buch insgesamt aber gut. Besonders den Showdown fand ich packend und unerwartet.

Fazit:

„Der Herzgräber“ ist kein Thriller, der auf bluttriefende Action setzte, sondern mit einem bedrohlichen, gruseligen Unterton erzählt wurde. Für Freunde von psychologisch aufgebauten Thrillern in jedem Fall eine Empfehlung.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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