Auf das Buch wurde ich aufmerksam gemacht, denn sonst wäre es mir in der bunten Welt der Bücher vermutlich gar nicht begegnet. Da der Klappentext mich neugierig gemacht hatte, wollte ich die Geschichte sehr gerne lesen.

In meiner Rezension zu „Das Partyschiff“
von Stefanie Willers verrate ich euch,
ob mir der Inhalt gefallen hatte.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von Literaturprojekte erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Das Partyschiff von Stefanie Willers
© Cover: Simone C. Franzius

Infos zum Buch
erschienen bei Literaturprojekte
Veröffentlicht 28. August 2020
Empfohlenes Lesealter: ab 18 Jahre
ca. 245 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook
 

Klappentext

Tina entflieht ihren Eltern in Deutschland und pilgert nach Amsterdam, wo sie Henk van Mechelen sofort auffällt. Dessen Partyschiff und sein Club direkt an der Gracht sind Publikumsmagnete. Doch in den Hinterzimmern und unter Deck geht es verrucht zu und stellt ‚Shades of grey‘ in den Schatten.
Währenddessen wehren sich Christine und Sergio erfolgreich gegen einen Killer. Doch was haben die beiden mit Tina und Henk zu tun? Und wer wird am Ende auf der Strecke bleiben?

Anmerkung der Verfasserin: Das Buch ist weder ein Porno noch ein simpler Liebesroman. Es beinhaltet neben BDSM-Anteilen auch eine spannende und faszinierende Story aus dem Drogenmilieu in Amsterdam. Ein wenig Verwirrung ist Absicht, denn es gilt das Ratespiel, wer nun wer ist, zu genießen, welches sich ganz langsam auflöst und eine Überraschung bereithält. Das Buch ist also nichts für Liebhaber simpler Abläufe, sondern zeigt sich durchaus kompliziert und herausfordernd für anspruchsvolle Leser.

© Klappentext: Literaturprojekte

Mir persönlich ist der Einstieg in eine Geschichte schon recht wichtig, denn wenn er zu fesseln weiß, ist dem Buch meine Aufmerksamkeit sicher.
Hier jedoch muss ich leider gleich mit der Tür ins Haus fallen, denn persönlich hätte ich mir an dieser Stelle einen eleganteren Einstieg gewünscht. Das hätte auch gern in der Form eines getauschten Kapitels sein dürfen.
Die Geschichte jedoch mit Henk beginnen zu lassen, war für mich anfänglich eher abschreckend. Gleich zu Beginn versprühte dieser seinen machohaften Charme, der mich innerlich die Augen rollen ließ. Solche Dandys wie er sind überhaupt nicht mein Fall und ich hatte sofort eine Abneigung gegenüber der Figur. Mit Sicherheit war dies auch so gewollt, daher möchte ich gar nicht die Figur als solche kritisieren, sondern lediglich darauf hinweisen, dass ich einen anderen Start in die Geschichte bevorzugt hätte.

Erzählt wurde die Geschichte ausschließlich vom personalen Erzähler, der jedoch im Wechsel der betitelten Kapitel zwei Figuren beleuchtete.
Neben dem vulgären Henk, seiner Weltanschauung und seinen erotischen Vorlieben lernte ich noch Christine kennen. Ihre Vergangenheit war ziemlich dunkel, doch sie hatte den Entschluss gefasst, sich dieser psychisch zu stellen und aufzuarbeiten. Obwohl mir Christine nicht unsympathisch war, gelang es mir nicht, eine nähere Bindung zu ihr aufzubauen. Sie hielt mich auf Abstand und das fand ich angesichts ihrer Erlebnisse etwas schade. Hier hätte es mir besser gefallen, wenn die Emotionen intensiver und fühlbarer an mich transportiert worden wären.

Die Erzählungen erschienen mir besonders im Anfangsstadium der Geschichte manchmal zu belanglos und öfters hatte ich das Gefühl, dass sie abgehackt behandelt wurden. So kam es mitunter vor, dass bestimmte Ereignisse angedeutet wurden, nur um im nächsten Moment zu etwas völlig anderem und banalerem zu wechseln. Das empfand ich als irritierend und zerstörte an diesen Stellen auch die aufkommende Spannung. Im Verlauf der Geschichte wurde das aber zum Glück besser und die Szenenbilder wirkten ausgereifter und legten ordentlich an Dramatik zu.

Generell fand ich die Idee zum Grundgerüst der Story super. Der Eintritt in die Welt des Amsterdamer Drogenmilieus war spannend überlegt und zeigte auf, wie leicht es doch ist, dorthinein zu geraten. Vor allem dann, wenn das eigene Leben perspektivlos erscheint.
Die BDSM-Elemente wusste die Autorin geschickt mit in die Geschichte zu integrieren, sodass es nicht konstruiert wirkte. Anfänglich deutete Stefanie Willers die erotischen Szenen nur kurz an, später beschrieb sie diese mitunter sehr detailliert. Dabei empfand ich den gewählten Kontrast sehr gut. Während Henk eher nur an seinen eigenen Vorlieben interessiert war und sie seiner Gespielin eher aufschwatzte, war das Liebesspiel zwischen Christine und ihrem Mann durch die Begegnung auf Augenhöhe viel leidenschaftlicher und genussfreudiger. Hierbei möchte ich noch bemerken, dass nicht alle erotischen Begegnungen auf BDSM beruhten, was ich sehr angenehm empfand.

Der Schreibstil war flüssig und an sinnvollen Stellen sehr bildlich. Gelegentlich wirkte er jedoch sehr sachlich, wo mehr Emotionalität hätte spürbar sein dürfen. Die Szenenbilder wirkten nicht immer zu Ende gedacht, denn es gab bisweilen einige Nebenschauplätze, die nicht zwingend notwendig gewesen wären und der Geschichte damit die Dynamik raubte.

Für mich war das auch kein Thriller im eigentlichen Sinn. Ja, die kriminellen Elemente bis hin zu Morddrohungen und am Ende auch ein eingebautes Katz- und Mausspiel mit den Amsterdamer Behörden brachte Spannung ins Spiel, aber für einen Thriller reichte es mir nicht. Zwar hatte die Autorin ein kleines Verwirrspiel eingebaut, welches ich jedoch relativ schnell durchschaute.
Das war aber nicht weiter schlimm, weil die Erzählungen unterhaltsam blieben.

Das Partyschiff von Stefanie Willers
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Eine Mischung aus erotischen und kriminellen Elementen, in dem BDSM eine größere Rolle spielt.

Lesen:

Wer sich vor einer Geschichte nicht scheut, die im Milieu der Amsterdamer Drogen- und Partyszene spielt, wird hier unterhaltsame Lesestunden finden.

Weglegen:

Wenn ihr empfindlich gegenüber offenen Drogenkonsum sowie Sex und Gewalt seid, solltet ihr das Buch besser nicht zur Hand nehmen.

Mal ehrlich:

Das Buch hatte ganz klar seine Stärken, aber auch seine Schwächen.
Gut gefallen hatten mir die Kontraste, mit denen die Autorin arbeitete. Dies fing schon mit den beiden Hauptfiguren an, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Da wäre der vulgäre Henk zu nennen, der nicht nur in der Amsterdamer Partyszene bekannt ist, sondern sich gerne mal mit Drogen die Frauen gefügig macht. Eine Figur, die ich schon von der ersten Seite an unausstehlich fand und keinerlei Sympathien entgegenbrachte.
Dann gab es noch Christine, die sich mit einer schweren Vergangenheit auseinandersetzten und auch wollte. Stück für Stück wurde mir enthüllt, was ihr widerfahren war. Leider fehlten mir hier an entscheidenden Stellen die Emotionen, was schade war. Auf mich machte Christine immer einen leicht unterkühlten Eindruck und ich wurde nicht richtig warm mit ihr.
Hier jedoch kam aber der Kontrast perfekt ins Spiel. Denn Erotik spielte in diesem Buch eine durchaus größere Rolle. Während Henk also nur auf sein Vergnügen aus war und seine BDSM-Lust auslebte, war die leidenschaftliche Beziehung von Christine und ihrem Mann durch liebevolle Wärme und gegenseitige Rücksichtnahme geprägt. Dies wurde schön dargestellt und so nahm ich die Ereignisse insgesamt intensiver wahr.
Obwohl die beiden Handlungsstränge anfänglich so gar nichts mit einander gemeinsam hatten, wurden sie am Ende doch gut durchdacht miteinander verwoben. An manchen Stellen sprengten Nebenschauplätze das Gerüst der Geschichte, sodass die Spannung hier und da getrübt wurde und sich in Belanglosigkeiten verlor.
Der Schreibstil war angenehm flüssig und lud zum Weiterlesen ein. Die erotischen Szenen wurden bisweilen sehr detailliert, aber nie schmierig beschrieben. Dennoch war der Grat zwischen Einvernehmen und Drogen initiierter Willigkeit bisweilen sehr schmal.

Fazit:

Alles im Allen hatte mich das Buch unterhalten können. Die Thriller Elemente waren mir persönlich ein bisschen zu blass, sodass ich eher mit einem Milieu-Krimi konform gehen würde. Das Spiel mit den Gegensätzen war jedoch gut gelungen und verschaffte mir ein paar interessante Lesestunden.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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