Das Buch hatte sofort einen magischen Reiz auf mich ausgeübt. Alleine schon der Klappentext war ein starker Trigger für mich und schraubte meine Hoffnung auf eine sehr packende Lektüre in die Höhe.

In meiner Rezension zum Buch
„Jigsaw Man – Im Zeichen des Killers“
von Nadine Matheson erzähle ich euch, ob sich meine hohen Erwartungen erfüllt haben oder in Einzelteile zerfallen sind.


 

Jigsaw Man - Im Zeichen des Killers von Nadine Matheson
© Cover: Massimo Peter-Bille

Infos zum Buch
erschienen bei Lübbe
Veröffentlicht 28. August 2020
Originaltitel The Jigsaw Man
Übersetzt von Rainer Schumacher
ca. 475 Seiten
erhältlich als Taschenbuch, Hörbuch und eBook
 

Klappentext

Der menschliche Körper ist ein wunderbares Puzzle, einzigartig in seiner Präzision und seiner aufeinander abgestimmten Perfektion!

Der Jigsaw Man liebt Puzzles über alles. Doch ein perfektes Puzzle ist nur eines, das in seine Einzelteile zerlegt ist. Nur so kann er die wahre Schönheit erkennen – indem er jedes Teil für sich betrachtet. Hände, Füße, Beine, Arme, Köpfe. Welche Freude! Und wahre Freude muss man teilen, nicht wahr? In der ganzen Stadt …

Wirst du sein nächstes Opfer sein?

© Klappentext: Lübbe

Aus Erfahrung weiß ich, wie gefährlich es für mich ist, wenn meine Erwartungen an ein Buch zu hoch sind. Dies hatte mir wirklich schon Bauchschmerzen bereitet und da war der Einstieg in die Geschichte nicht gerade förderlich gewesen.

Sehr positiv war meiner Meinung nach der Prolog, dessen Umsetzung ich originell und auch angenehm anders empfand. Er war zwar nichts für schwache Mägen, erzeugte aber eine unglaubliche Atmosphäre und Spannung.
Leider hielt diese aber nicht lange vor, weil ich schon bei Kapitel eins mit unglaublich vielen Personen konfrontiert wurde. Es fiel mir so wahnsinnig schwer, sie einzuordnen. Ständig kam ich durcheinander und wusste teilweise nicht, ob das ein Mann oder eine Frau gewesen ist.
Einzig Detective Inspector Anjelica Henley und Trainee Detective Constable Salim Ramouter stachen aus der Menge hervor. Über die beiden konnte ich schon einiges erfahren und hier zeichnete sich etwas ab, was ich an Thrillern eigentlich nicht so gerne mag.

Der Fokus der Ermittlungen rückte oft in den Hintergrund, um Platz für Henleys Privatleben zu machen. Dabei erinnerten mich ihr Charakter und ihr Umfeld stark an eine andere Figur aus einem anderen Buch, was mich gelegentlich irritierte. Das einzig Positive war für mich, dass ich Henley mochte. Sie ließ sich nicht von anderen verbiegen, hatte einen respektvollen Umgang mit den Menschen und vertrat stets ihre Meinung. Manchmal kam sie ein bisschen gleichgültig rüber, vor allem dann, wenn es um ihre Familie ging.

Der mit Abstand spannendste Charakter, und mein heimlicher Favorit war für mich Salim Ramouter. Er war mir durch und durch sympathisch. Von ihm hätte ich zu gern mehr Privates erfahren, doch was bei Henley lang und breit ausgeführt wurde, wurde bei ihm immer nur kurz angeschnitten. Schade.
Ramouter mochte ich vor allem durch seinen Biss und seine Cleverness. Er tat dem Team gut und war fleißig. Sein Ehrgeiz war erfrischend und ich las einfach unheimlich gern die Abschnitte, in denen er vorkam.

Die Struktur der Geschichte war manchmal ein bisschen verwirrend. Durch die kurzen Kapitel ließ sich das Buch wirklich zügig lesen, doch es gab immer mal wieder Zeitsprünge, die im ersten Schritt unübersichtlich waren. Dann dauerte es einen Moment, bis ich mich wieder orientiert hatte. Vielleicht wäre hier eine Zeitangabe oder Ähnliches hilfreich gewesen.

Den Schreibstil las ich gern. Er war durchweg flüssig, an den richtigen Stellen detailliert und einnehmend. Allerdings kam die Spannung nur sehr langsam und zäh auf, was ich aufgrund des Plots anders erwartet hätte. Bisweilen plätscherten die Ereignisse so vor sich hin und mir fehlte der Biss.
Das änderte sich erst, als sich das Personendickicht löste, ich besser durch die ganzen Verstrickungen durchstieg und der Antagonist die Bühne betrat. Er brachte die langersehnte Stimmung ins Buch, mit seiner Aura erschuf er Atmosphäre und so langsam wurde es wirklich spannend. Endlich konnte ich spekulieren, wie alles zusammenhing und ab da wurde auch alles andere reizvoller für mich.

Plötzlich wurde es unheimlich aufregend und ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Einziger Wermutstropfen war, dass in dieser Geschichte so wahnsinnig viele unausgesprochene Vorfälle aus der unmittelbaren Vergangenheit eingeflochten worden sind, die jedoch nie vernünftig aufgeschlüsselt und erklärt wurden. Das hatte mich bisweilen echt frustriert, weil sie mich neugierig gemacht hatten und ich ständig das Gefühl hatte, dass sie wesentlich für die gesamte Geschichte gewesen sind. Doch stattdessen bekam ich immer nur Bröckchen vorgesetzt und musste sehen, was ich mit diesen Puzzleteilen anfangen konnte.

Das Ende war nichts Halbes und nichts Ganzes.
Auf der einen Seite mochte ich die Dynamik, die sich entwickelt hatte und auch den Showdown. Auch wenn manches vorhersehbar war, weil die Hinweise entsprechend platziert gewesen sind, ließ ich mich von der Atmosphäre anstecken.
Doch auf der anderen Seite wurde mir die Auflösung des Falles zu schnell abgehandelt und final auch noch offengelassen. Es gab also keinen richtigen Abschluss, was daran liegen mag, dass dieses Buch der Auftakt zu einer Reihe gewesen ist.

Jigsaw Man - Im Zeichen des Killers von Nadine Matheson
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Plötzlich tauchen über ganz London verteilte Leichenteile auf. Das Vorgehen des Täters entspricht aber dem eines Mörders, der schon längst im Gefängnis sitzt. Die leitende Ermittlerin fasste ihn damals, doch nun scheint es persönlich zu werden.

Lesen:

Wenn ihr gern mehr private Details über Ermittler erfahrt, der Fall an sich für euch nicht das wichtigste ist und ihr zwischenmenschliche Auseinandersetzungen liebt, wird euch das Buch geben, was ihr euch wünscht.

Weglegen:

Wer auf einen ausgefeilten und atmosphärisch aufgeladenen Thriller hofft, wird hier leider enttäuscht werden und sollte das Buch besser nicht lesen.

Mal ehrlich:

Also um ehrlich zu sein, fällt mir die Bewertung des Buches extrem schwer.
Auf der einen Seite hatte es ein wirklich tolles Kernthema, welches nur leider gar nicht wie erwartet umgesetzt worden ist. Vielleicht war das auch schon mein Problem. Ich hatte einfach ganz andere Vorstellungen, was passieren würde.
Beim Start ins Buch war ich noch hoffnungsvoll bis zum Ende des Prologs. Danach versank ich erst einmal in einem Wirrwarr aus vielen Personen, die ich anfänglich einfach nicht auseinanderhalten konnte. Hinzukam, dass der Fokus für meinen Geschmack zu viel auf dem persönlichen Umfeld von Detective Inspector Anjelica Henley lag. Ich wollte mehr über diese Morde wissen, über die Ermittlungen der Polizei und mich nicht mit Eheproblemen und Affären einer Ermittlerin rumschlagen.
Trotzdem mochte ich Henley, weil sie eine gradlinige und respektvolle Person war.
Meine Lieblingsfigur war jedoch Trainee Detective Constable Salim Ramouter. Er war fleißig, ehrgeizig, hatte den Fokus auf dem Fall und auch wenn sein Privatleben nur sehr flüchtig angeschnitten worden ist, war seins umso faszinierender. Über ihn hätte ich stundenlang was lesen können.
Zum Glück lichtete sich irgendwann das Figurenknäul und ich schaffte es mich auf die Geschichte zu konzentrieren, die auch an Spannung nach und nach zulegte.
Gedämpft wurde das Ganze dann nur noch durch die privaten Probleme von Henley und manchen Zeitsprüngen, die mich im ersten Stepp verunsicherten.
Die Auflösung des Falles war zwar keine große Überraschung, doch der Showdown war spannungs- und actiontechnisch schon nicht schlecht. Er hätte noch etwas ausgebaut werden können, ja, aber er riss mich mit. Das offene Ende wirkte leider etwas konstruiert, vermutlich um die Neugier auf die Fortsetzung anzuheizen.

Fazit:

Insgesamt war der Thriller solide, aber eben auch kein Highlight. Das Grundgerüst gab eine Menge Potenzial her, doch der Fokus lag für meinen Geschmack zu viel auf dem persönlichen Umfeld von Henley.
Das Buch habe ich dennoch gern gelesen und bin auch neugierig, wie es wohl in Band zwei weitergehen wird.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

Lust auf einen packenden Thriller? Dann empfehle ich euch:
The Fourth Monkey – Geboren, um zu töten von J.D. Barker