Auf das Buch wurde ich aufmerksam, weil die Autorin Unterstützung für die Neuveröffentlichung ihres Debütromans suchte. Da mich die kurze Zusammenfassung des Buchinhaltes neugierig gemacht hatte, wollte ich nun auch die Geschichte dazu lesen.

In meiner Rezension zu
„Asklepios“ von Charlotte Charonne
gehe ich darauf ein, ob sich der Thriller meiner Meinung nachzulesen lohnt.

Leseexemplar
❧ Dieses Buch habe ich als Freiexemplar von Charlotte Charonne erhalten
❧ Meine Meinung ist davon unbeeinflusst

 

Asklepios von Charlotte Charonne
© Cover: Anastasia Braun, BOD

Infos zum Buch
erschienen bei edition krimi
Veröffentlicht 24. Februar 2020 >
ca. 299 Seiten
erhältlich als Taschenbuch und eBook

Klappentext

Ein grausamer Mörder. Ein Gott der Heilkunst. Eine perfide Therapie.

Als die fünfjährige Emma entführt und ermordet wird, zerbricht das Leben ihrer Familie. Nur schwer finden sich die Angehörigen mit Emmas Tod ab. Jahre später wird ihr Mörder aus dem Gefängnis entlassen, kurz danach verschwindet er spurlos. Wurde er entführt? Hat er wieder ein Mädchen in seiner Gewalt?

Die Kommissare Ruby und Spike versuchen, die Lügen und Geheimnisse rund um den Fall zu durchschauen. Doch während das Ermittlerduo noch die Fäden entwirrt, befindet sich Emmas Mörder in der Hand von Asklepios, dem Gott der Heilkunst …

© Klappentext: Charlotte Charonne

Ein unheimlich spannungsintensiver Start in die Geschichte erwartete mich als Erstes. Dem Prolog gelang es sofort meine Neugierde anzufachen ohne das auch nur ein Tropfen Blut vergossen wurde. Ich durfte schon jetzt einen Blick auf Asklepios erhaschen und bekam einen Vorgeschmack dessen, was wohl sein Opfer erwarten würde.

Unterteilt wurde die Geschichte in drei Teile. Dies war schön durchdacht worden, denn es grenzte die unterschiedlichen Handlungsgerüste voneinander ab, ohne sie jedoch zu trennen. Sie bauten eher ineinander auf und ermöglichten es mir den Geschehnissen einfacher folgen zu können. Unterstützt wurden die einzelnen Teile durch Kapitel und an deren Anfang eine Zeit- oder Datumsangabe stand. Diese Hinweisart empfand ich als nützlich, da mir so im Zeitgeschehen nichts verloren ging.
Die Kapitel hatten eine angenehme Länge und der personale Erzähler gewährte mir Einblicke auf die Handlungen unterschiedlichster Figuren. Dies belebte die Geschichte und sorgte dafür, dass ich einen größeren Überblick über die Ereignisse bekam. Auch konnte ich beide Seiten der sprichwörtlichen Medaille betrachten und konnte mir selbst Gedanken zum Thema Selbstjustiz machen.

Die Spannung innerhalb des Buches war durchgängig gegeben, und ich fand es sehr faszinierend, wie komplex Charlotte Charonne das Thema Selbstjustiz überwiegend vorurteilsfrei verarbeitet hatte. Sie überließ es mir als Leser die Handlungen von Asklepios zu betrachten und zu beurteilen. Sollte ich diese „Therapie“ gutheißen oder doch nicht?
Dies gelang der Autorin vor allem damit, dass ich zu Beginn eine unschuldige süße kleine Emma kennenlernen dufte. Mit ihren fünf Jahren wickelte sie nicht nur ihre Eltern und ihre Oma um den kleinen Finger. Das fröhliche Mädchen durfte ich ein Stückchen begleiten, bis sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt war.
Die Panik der Großmutter um ihr verschwundenes Enkelkind war so packend beschrieben worden, dass auch mir die Angst den Rücken hinunterkroch. Was danach geschah, war wirklich schwere Kost, obwohl es keine grausamen Details gab, die ausgeschlachtet wurden. Aber allein der Gedanke genügte schon, um mit den Eltern und vor allem Emmas Mutter mitleiden zu können.

Anschließend gab es einen großen Schnitt. Erst fünfzehn Jahre nach der Tragödie spann sich die Geschichte weiter fort und nun kam Asklepios zum Zug. Der Gott der Heilkunst hatte einen ganz besonderen Therapieplan ersonnen, um einen ganz speziellen Patienten von seiner Krankheit zu befreien.
Die Idee dahinter war interessant und regte zum Nachdenken an. Hier ging es ganz klar um Selbstjustiz unter dem Mäntelchen der Humanität. Es war perfide auf der einen Seite, aber sehr verständlich auf der anderen Seite. Dieses Spiel mit der Psychologie des Menschen fand ich faszinierend, hätte aber für mein Empfinden noch ein bisschen mehr Würze haben können.

Es lag vielleicht auch an diesem besonderen Schreibstil. Er war bisweilen recht pittoresk, was am Anfang wirklich ein spannender Kontrast zu den Ereignissen gewesen ist. Doch als sich so langsam das Finale andeutete und das Katz-und-Maus-Spiel volle Fahrt aufnahm, empfand ich diese lautmalerischen Beschreibungen nervig. Sie drosselten die Spannung und nahm den Ereignissen den Biss. Das fand ich extrem schade, denn diese Geschichte hatte so unglaubliches Potenzial. Wäre hier der Schreibstil ein bisschen mehr kantiger und dynamischer geworden, wäre dies ein absolut fesselnder Showdown geworden.

Asklepios von Charlotte Charonne
© Foto: Monique Meier

Kurz gesagt:

Was dich erwartet:

Ein Thriller, der sich mit dem Thema Kindesmissbrauch sowie -mord und deren Folgen auseinandersetzt. Dabei wird ein Gedankenspiel entrollt, dass den Leser vor die quälende Frage stellt, ob Selbstjustiz nicht doch die richtige Lösung sein kann.

Lesen:

Wenn ihr psychologisch ausgeklügelte Thriller mögt und ihr interessiert an einem komplexen Thema seid.

Weglegen:

Wem ernste Themen wie Kindesmissbrauch und -mord nicht mehr loslassen, auch wenn sie in diesem Fall Fiktion sind, sollte diesen Thriller besser nicht lesen.

Mal ehrlich:

„Asklepios“ von Charlotte Charonne war definitiv ein Thriller, der mir unter die Haut gekrochen war. Besonders gut gefiel mir, wie die Autorin mit der Thematik umging. Hier gab es zum einen das Verbrechen an einem unschuldigen kleinen Mädchen, was emotional auch ohne grausige Details eine Herausforderung für mich gewesen ist. Doch hier hörte die Geschichte nicht einfach auf, nein, sie ging erst richtig los.
In düsteren und bedrückenden Farben ließ mich Charlotte Charonne an dem Leid der Familie teilhaben, die den Verlust ihres kleinen Sonnenscheins verarbeiten mussten. Jeder tat es auf seine Art und jeder kam unterschiedlich damit klar. Es war eindrücklich erzählt.
Und dann lernte ich Asklepios kennen, den Gott der Heilkunst. Dieser ersann eine ganz exklusive „Therapie“ für einen besonders kranken Patienten. Hier setzte ein ausgeklügelter psychologischer Anteil an, den ich toll durchdacht fand. Beim Lesen wurde ich nämlich unweigerlich zum Nachdenken bewegt. Kann Selbstjustiz vielleicht doch gerecht sein?
Da ich in diesem Buch recht viele Figuren begleiten durfte, hatte ich einen sehr großflächigen Überblick über die Ereignisse unterschiedlichster Meinungen und Emotionen. Gleichzeitig rätselte ich, wer wohl Asklepios sei.
Der Schreibstil hatte mich zu Beginn des Buches begeistert. Er war ungewöhnlich lauschig für so eine ernste Thematik. Aber er sorgte für einen Kontrast, der die Ereignisse schärfer hervortreten ließ und die Abscheulichkeiten der Tat verstärkten. Doch als es um das Finale ging, der Showdown losbrechen wollte, da wurde es mir zu malerisch. Der Schreibstil selbst hatte sich nicht verändert, aber die Entwicklung der Geschichte. Hier hätte ich mir wirklich gewünscht, dass sich auch der Schreibstil mit verändert hätte. Denn so bekam dieses spannungsintensive Ende einen unschönen Dämpfer und ich konnte der Lösung des Falls nicht so sehr entgegenfiebern, wie ich es mir zu Beginn erhofft hatte.

Fazit:

Ein solider und sorgfältig durchdachter Thriller, der mit sehr ernsten Themen zum Nachdenken anregte. Für meinen Geschmack wäre spannungstechnisch noch Luft nach oben gewesen. Dennoch wusste mich die Geschichte zu überzeugen.

*Das Buch ist überall im Handel erhältlich*

Lesetipp:

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Der Kinderflüsterer von Alex North